3D-Karte zeigt die DNA-Organisation in menschlichen Netzhautzellen

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Forscher des National Eye Institute (NEI) haben die Organisation des menschlichen Chromatins in Netzhautzellen kartiert.

Die NEI-Wissenschaftler beleuchten, wie die genetische Architektur die Genexpression, die gewebespezifische Funktion und den Krankheitsphänotyp bei Erblindungskrankheiten bestimmt. Sie kartierten die Organisation des Chromatins menschlicher Netzhautzellen, der Fasern, die DNA-Moleküle in kompakte Strukturen verpacken, die in die Chromosomen im Zellkern jeder Zelle passen. Das daraus resultierende umfassende genregulatorische Netzwerk bietet Einblicke in die Regulation der Genexpression im Allgemeinen und in die Netzhautfunktion, sowohl bei seltenen als auch bei häufigen Augenerkrankungen. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

„Dies ist die erste detaillierte Integration der retinalen regulatorischen Genomtopologie mit genetischen Varianten, die mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD) und Glaukom assoziiert sind, zwei Hauptursachen für Sehverlust und Erblindung“, sagte Anand Swaroop, leitender Forscher der Studie und Leiter des Neurobiology Neurodegeneration and Repair Laboratory am NEI.

Erwachsene menschliche Netzhautzellen sind hochspezialisierte sensorische Neuronen, die sich nicht teilen und daher relativ stabil sind, um zu untersuchen, wie die dreidimensionale Struktur des Chromatins zur Expression genetischer Informationen beiträgt.

Chromatinfasern verpacken lange DNA-Stränge, die um Histonproteine ​​gewickelt und dann wiederholt zu hochkompakten Strukturen geschlungen werden. All diese Schleifen schaffen mehrere Kontaktpunkte, an denen genetische Sequenzen, die für Proteine ​​kodieren, mit genregulatorischen Sequenzen wie Super-Enhancern, Promotoren und Transkriptionsfaktoren interagieren.

Solche nicht codierenden Sequenzen galten lange als „Müll-DNA“. Fortgeschrittenere Studien zeigen jedoch, wie diese Sequenzen kontrollieren, welche Gene wann transkribiert werden, und beleuchten die spezifischen Mechanismen, durch die nichtkodierende regulatorische Elemente die Kontrolle ausüben, selbst wenn ihre Position auf einem DNA-Strang von den Genen weit entfernt ist, die sie regulieren.

Mithilfe der Hi-C-Tiefensequenzierung, einem Werkzeug zur Untersuchung der 3D-Genomorganisation, erstellten die Forscher eine hochauflösende Karte, die 704 Millionen Kontaktpunkte im Chromatin der Netzhautzellen umfasste. Diese Karten wurden unter Verwendung von postmortalen Netzhautproben von vier menschlichen Spendern erstellt.

Die Forscher integrierten diese Chromatin-Topologiekarte mit den Datensätzen zu retinalen Genen und regulatorischen Elementen. Im Laufe der Zeit entstand so ein dynamisches Bild der Wechselwirkungen innerhalb des Chromatins, einschließlich der Genaktivitäts-Hotspots und Bereiche mit unterschiedlichen Isolierungsgraden anderer DNA-Regionen.

Sie fanden unterschiedliche Interaktionsmuster an retinalen Genen, die darauf hindeuten, dass die 3D-Organisation von Chromatin eine wichtige Rolle bei der gewebespezifischen Genregulation spielt.

„Ein solch hochauflösendes Bild der genomischen Architektur wird weiterhin Einblicke in die genetische Kontrolle gewebespezifischer Funktionen geben“, sagte Swaroop.

Zudem deuten die Ähnlichkeiten zwischen der Chromatinorganisation von Mäusen und Menschen auf eine Erhaltung über die Art hinweg an, was die Relevanz der Chromatinorganisationsmuster für die retinale Genregulation unterstreicht. Mehr als ein Drittel (35,7%) der Genpaare, die bei Mäusen über eine Chromatinschleife interagieren, interagieren auch in der menschlichen Netzhaut.

Die Forscher integrierten die Chromatin-Topologiekarte mit Daten zu genetischen Varianten, welche aus genomweiten Assoziationsstudien für ihre Beteiligung an AMD und Glaukom identifiziert wurden. Die Ergebnisse weisen auf spezifische kausale Kandidatengene hin, die an diesen Krankheiten beteiligt sind.

Die integrierte genomregulatorische Karte kann auch bei der Bewertung von Genen helfen, die mit anderen häufigen retinaassoziierten Erkrankungen wie diabetischer Retinopathie in Verbindung stehen. Zudem kann sie bei der Bestimmung fehlender Erblichkeit und dem Verständnis von Genotyp-Phänotyp-Korrelationen bei erblichen Netzhaut- und Makulaerkrankungen unterstützen.

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Quellen Marchal C et al. High-resolution genome topology of human retina uncovers super enhancer-promoter interactions at tissue-specific and multifactorial disease loci. Nature Communications (2022) DOI10.1038/s41467-022-33427-1National Eye Institut