3D-Modell soll schnellere Entwicklung von Fibrose-Therapien ermöglichen

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Im Labor kultivierte Haut bildet die Komplexität realer Krankheitsprozesse ab und könnte die Entwicklung zielgerichteterer Therapien bei systemischer Sklerose sowie anderen potenziell lebensbedrohlichen fibrosierenden Erkrankungen ermöglichen.

Für die Menschen, die an systemischer Sklerose leiden, ist der Bedarf an besseren Therapien besonders dringend. Die seltene, zum Teil lebensbedrohliche Erkrankung führt zu einer Verhärtung und Vernarbung von Geweben in Organen wie Lunge, Leber, Nieren sowie der Haut. Sie kann jahrelang nur ein Hautareal betreffen oder – abhängig von Ausdehnung und Schweregrad – rasch lebensbedrohliche Organbeteiligungen entwickeln.

Klassische Zell- und Tiermodelle können die Komplexität der Erkrankung nicht adäquat erfassen. Forschende der Tufts University und der Geisel School of Medicine at Dartmouth in den USA haben nun ein 3D-Gewebemodell entwickelt, das detailliert aufzeigt, wie Zellen im Rahmen der Fibrosierung aus der Kontrolle geraten. Das Modell eröffnet nicht nur neue Einblicke in pathobiologische Vorgänge, sondern könnte auch evidenzbasierte Prognosen ermöglichen, welche therapeutischen Ansätze für bestimmte Patientengruppen am erfolgversprechendsten sind.

Entwicklung personalisierter Therapien

Auf Basis von Haut- und Blutproben von Betroffenen wurden im Labor Gewebestrukturen gezüchtet, die den Krankheitsprozess im Organismus realitätsnah abbilden. „Unter dem Mikroskop sind die entscheidenden Merkmale unserer rekonstruierten Hautgewebe von echter Haut kaum zu unterscheiden“, erklärt Jonathan Garlick von der Tufts University und Seniorautor der Studie.

Durch die Abbildung der Entstehung und individuellen Ausprägung der systemischen Sklerose im 3D-Gewebemodell können Forschende personalisierte Therapieansätze entwickeln. Darüber hinaus lässt sich das Modell auch auf sonstige fibrosierende Erkrankungen anwenden, wie etwa die Herz- oder Lungenfibrose.

Im Labor gezüchtete Haut bildet die Komplexität realer Krankheitsprozesse ab und unterstützt die Entwicklung wirksamerer Therapien. (© Alonso Nichols/Tufts University)

Die in „Tissue Engineering: Part C: Methods“ publizierte Studie beschreibt ein Gewebemodell, das neben patienteneigenen Haut- und Bindegewebszellen auch zwei entscheidende Immunzelltypen – T-Lymphozyten und Makrophagen – integrativ erfasst. Gerade diese Zellen sind zentral an der überschießenden Kollagensynthese und damit der gestörten Gewebefunktion beteiligt.

Nachbildung komplexer Gewebeveränderungen

Das 3D-Modell bewahrt zudem die natürliche Zellheterogenität, die den Krankheitsprozess wesentlich bestimmt. Garlick betont: „Wenn man Patienten-Zellen auf zweidimensionalen Kunststoffsubstraten kultiviert, verhalten sich diese sehr rasch einheitlich. Im Organismus jedoch wachsen sie in komplexen Gewebeverbänden, wo vielfältige Zelltypen und deren Umgebung ihre Funktion maßgeblich beeinflussen.“

Dieses neue Modell bildet sowohl morphologische als auch funktionelle Eigenschaften nativer Gewebe realitätsnah ab. Zudem können daraus einzelne Zellen isoliert und im Hinblick auf die Genexpression analysiert werden. „Durch die gezielte Analyse der aktiven Gene in den jeweiligen Einzelzellen lassen sich pathologische Mechanismen besser verstehen. So kann eventuell früher abgeschätzt werden, bei welchen Patientengruppen bestimmte Therapien wirken könnten – unabhängig davon, ob mehrere Organe von Fibrose betroffen sind oder nur ein umschriebener Hautbereich“, so Garlick.

Von der Forschung in die Praxis

Die enge Einbindung von Patientengruppen und Selbsthilfeorganisationen stellt sicher, dass die Laborforschung die Lebensrealität und Bedürfnisse der Erkrankten berücksichtigt. Langfristig erhofft sich das Forschungsteam, dass das 3D-Gewebemodell eine prädiktive, effiziente und sichere Testung neuer Substanzen ermöglicht und dadurch die Translation potenzieller Therapieansätze vom Labor in die Klinik spürbar beschleunigt.