Blutplättchen im Visier

Entstehende Thrombozyten (weiße Pfeile) werden von ihren Vorläuferzellen, den Megakaryozyten, abgeschnürt. Bild: Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg

Unter der Federführung des Würzburger Instituts für Experimentelle Biomedizin startet im Juli ein neuer Sonderforschungsbereich mit der Fördersumme von fast 14 Millionen Euro. Ziel ist es, die komplexen und unzureichend verstandenen Funktionen von Thrombozyten zu entschlüsseln. Die Wissenschaftler hoffen auf neue Erkenntnisse, die eine bessere Behandlung von Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, akutes Lungenversagen und Krebs ermöglichen.

„Thrombozyten leisten sehr viel mehr, als Blutungen zu stillen und Herzinfarkte auszulösen“, erläutert Prof. Bernhard Nieswandt, Direktor des Instituts für Experimentelle Biomedizin, getragen vom Uniklinikum Würzburg (UKW) und dem Rudolf-Virchow-Zentrum für Experimentelle Biomedizin der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). „Jüngere Studien gaben uns den Hinweis, dass es sehr komplexe Zusammenhänge gibt zwischen diesen kleinsten Zellen des Blutes und diversen entzündlichen Prozessen, zellulären Abwehrmechanismen, der angeborenen Immunität, der Aufrechterhaltung von Gefäß- und Organfunktionen sowie der Entstehung von Tumoren.“

Ein detaillierteres Wissen über die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen ist laut Nieswandt die zentrale Voraussetzung für ein besseres Verständnis von Krankheiten wie Schlaganfall und akutem Lungenversagen.

Im Verbund mit der Universität Tübingen

Diese herausragende Bedeutung der Thrombozyten-Forschung bestätigte auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Sie bewilligte kürzlich den Sonderforschungsbereich Transregio (SFB/TR 240) „Thrombozyten – molekulare, zelluläre und systemische Funktionen unter physiologischen und pathologischen Bedingungen“. Der mit 13,7 Millionen Euro ausgestattete SFB TR 240 hat eine Laufzeit von zunächst vier Jahren und beginnt zum 1. Juli 2018.

Bei der Antragstellung war das Würzburger Institut für Experimentelle Biomedizin federführend. Mitantragsteller war der Direktor der Medizinischen Klinik III (Kardiologie) der Universität Tübingen, Prof. Meinrad Gawaz. Beide Einrichtungen haben langjährige Forschungsprogramme zu Thrombozyten.

Grundlagenforschung, aber nahe an der klinischen Umsetzung

„Gerade der sehr ausgeprägte translationale Charakter, der Grundlagenforscher mit Klinikern zusammenbringt, ist eine besondere Stärke unseres Verbundes“, unterstreicht Nieswandt und präzisiert: „Wir gehen davon aus, dass unser neu gewonnenes Grundlagenwissen schnell zu gänzlich neuartigen Behandlungskonzepten für eine ganze Reihe von Erkrankungen führen kann, die bisher nicht in Zusammenhang mit Thrombozyten gesehen wurden.“

Mit Blick auf die Reputation des Standorts stolz zeigte sich Prof. Georg Ertl, der Ärztliche Direktor des UKW: „Die DFG-Gutachter bestätigten im Rahmen der Bewilligung, dass Prof. Nieswandt und sein Team in der Thrombozyten-Grundlagenforschung zur Weltelite gehören. Forschung für unsere Patienten ist eine unserer hervorragenden Aufgaben.“

Am neuen Sonderforschungsbereich sind auch Wissenschaftler der Universitätsmedizin Greifswald und des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften (ISAS) in Dortmund beteiligt. Der interdisziplinäre Forschungsverbund vereint Molekulargenetik, in-vivo-Krankheitsmodelle, hochauflösende Mikroskopie, in-vivo-Bildgebungsverfahren, Systembiologie, translationale Ansätze und klinische Forschungsergebnisse.

Weitere Informationen zur Arbeitsgruppe Nieswandt:
www.rudolf-virchow-zentrum.de/forschung/arbeitsgruppen/ag-nieswandt/forschung.html