Aderhautmelanom: Neue Erkenntnisse könnten eine Immuntherapie für den seltenen, tödlichen Augenkrebs ermöglichen17. April 2024 Udai Kammula.Foto.© UPMC Neue Forschungsergebnisse der Universität Pittsburgh (Pitt), USA, erklären, warum das metastasierende Aderhautmelanom gegen herkömmliche Immuntherapien resistent ist und wie die adoptive Immuntherapie diese seltene und aggressive Krebsart erfolgreich behandeln könnte. In einem in Nature Communications veröffentlichten Artikel erläutern die Pitt-Forscher auch, wie sie ein neues klinisches Instrument entwickelt haben, mit dem sich den Autoren nach vorhersagen lässt, welche Patienten auf eine adoptive Therapie ansprechen werden. Die von UPMC Enterprises unterstützte Arbeit könnte dazu beitragen, personalisierte Therapien zu verbessern und vergebliche Behandlungen für das metastasierte Aderhautmelanom zu vermeiden. „Das Dogma war, dass das Aderhautmelanom ein „kalter“ Krebs ist, was bedeutet, dass T-Zellen nicht in diese Tumore eindringen können”, erörtert der Hauptautor Dr. Udai Kammula, außerordentlicher Professor für Chirurgie an der Pitt und Direktor des Solid Tumor Cell Therapy Program am UPMC Hillman Cancer Center. „Wir zeigen, dass die T-Zellen tatsächlich in die Metastasen eindringen und aktiviert werden, aber in einem Ruhezustand verharren, weil sie durch irgendetwas im Tumor unterdrückt werden. Mit der adoptiven Therapie können wir diese Zellen aus der unterdrückenden Tumormikroumgebung befreien und einige Patienten erfolgreich behandeln.“ Das Aderhautmelanom hat seinen Ursprung in der Aderhaut des Auges, neigt aber dazu, sich aggressiv im ganzen Körper auszubreiten, häufig auch in die Leber. Wenn Metastasen auftreten, ist dieser Krebs sehr schwer zu behandeln, und die Prognose für die Patienten ist fast immer schlecht. „Das kutane Melanom, das die Haut befällt, ist das Paradebeispiel für die Immuntherapie. Es spricht unglaublich gut auf Immun-Checkpoint-Inhibitoren an“, so Kammula. „Beim Aderhautmelanom funktioniert keine dieser konventionellen Immuntherapien, aber wir wussten nicht, warum – bis jetzt.“ TIL-Therapie zur Tumorbekämpfung In einer früheren Studie haben Kammula und sein Team mit Hilfe der adoptiven Therapie metastatische Tumore von 19 Aderhautmelanom-Patienten operativ entfernt und T-Zellen aus diesen Tumoren im Labor gezüchtet. Als sie die Zellen zurückinfundierten, kam es bei 35 Prozent der Patienten zu einer teilweisen oder vollständigen Rückbildung des Krebses, wie sie berichteten. Das widerlege die Annahme, dass tumorinfiltrierende Lymphozyten (TILs), bei Aderhautmelanomen nicht vorkommen. Aber es war den Wissenschaftlern immer noch ein Rätsel, warum Immun-Checkpoint-Inhibitoren, die die Aktivität dieser T-Zellen ankurbeln, bei der Behandlung dieser Krankheit unwirksam sind. Kammula sah die Möglichkeit, diese Frage zu beantworten, indem er eine Ressource nutzte, die er und sein Team nach eigenen Angaben in den letzten zehn Jahren aufgebaut haben: die größte bekannte Sammlung von Aderhautmelanom-Proben, entsprechenden Geweben und klinischen Informationen. Die Forscher analysierten 100 Metastasen von 84 Patienten und stellten fest, dass mehr als die Hälfte dieser Tumore voll mit T-Zellen waren. Als nächstes führten sie eine Einzelzell-RNA-Sequenzierung durch, um die Genexpression in fast 100.000 Zellen aus sechs Metastasen zu messen. Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass die TILs in einigen dieser Tumore aktiviert und in der Lage waren, Tumorzellen in einer Schale anzugreifen, aber sich nicht in großer Zahl im Tumor vermehrten. „Wir fanden heraus, dass TILs aus metastasierten Aderhautmelanomen das Potenzial haben, den Tumor anzugreifen, aber irgendetwas in der Mikroumgebung des Tumors schaltet sie ab, so dass sie sich in einem ruhenden Zustand befinden“, erklärte Kammula. „Indem wir diese Zellen aus der unterdrückenden Umgebung befreien und sie im Labor züchten, können wir ihre Fähigkeit zur Tumorbekämpfung wiederherstellen, wenn wir sie dem Patienten infundieren.“ UMIS Score: Biomarker zur Vorhersage des Thearpieansprechens Wie die Forscher in ihrer früheren Studie feststellten, funktioniert die TIL-Therapie jedoch nicht bei allen Patienten. Um voraussagen zu können, welche Patienten ansprechen, entwickelten Kammula und Dr. Shravan Leonard-Murali, auch Hauptautor der Studie, ein klinisches Instrument namens Uveal Melanoma Immunogenic Score (UMIS). Das sei ein ganzheitliches Maß für den Tumor, dass die Aktivität von mehr als 2.000 Genen widerspiegelt, die von Tumorzellen, Immunzellen und anderen Zellen, die die Tumormikroumgebung bilden, exprimiert werden. Nach Angaben der Autoren lag der UMIS-Wert bei 100 Metastasen zwischen 0,114 und 0,347, wobei höhere Werte auf Tumore mit stärkeren TILs hinweisen. Als die Forscher Patienten untersuchten, die in der früheren Studie eine adoptive Therapie erhalten hatten, stellten sie fest, dass bei Patienten mit höheren UMIS-Werten eine bessere Rückbildung des Tumors zu verzeichnen war. Das deute darauf hin, dass dieser Biomarker vorhersagen könnte, welche Patienten wahrscheinlich ansprechen würden. Zudem haben die Wissenschaftler beobachtet, dass Patienten mit Metastasen, deren UMIS-Wert über 0,246 lag, ein deutlich besseres progressionsfreies Überleben und eine höhere Gesamtüberlebenszeit hatten als Patienten mit einem UMIS-Wert unter diesem Grenzwert. „Wenn der UMIS-Wert eines Patienten unter diesem Schwellenwert liegt, halten wir eine adoptive Therapie nicht für sinnvoll. Die Verwendung einer Biopsie zur Berechnung des UMIS-Wertes eines Patienten könnte dazu beitragen, sinnlose Therapien und unnötige invasive Eingriffe zu vermeiden“, informierte Kammula und fügte hinzu: „Aber das Immunsystem ist nicht statisch. UMIS bietet einen Einblick in den Tumor, der uns auch helfen könnte, den optimalen Zeitpunkt für die Behandlung eines Patienten mit einer adoptiven Therapie zu finden, so wie man eine Frucht pflückt, wenn sie am reifsten ist.“ Kammula wertet den Score jetzt prospektiv in einer laufenden klinischen TIL-Therapie-Studie an der Pitt für Patienten mit metastasiertem Aderhautmelanom aus. Er und sein Team wollen die Erkenntnisse aus dem Aderhautmelanom auch für andere schwer zu behandelnde Tumore wie Bauchspeicheldrüsenkrebs nutzen und eine krebsübergreifende Version von UMIS entwickeln, die vorhersagen kann, wie gut ein Patient mit einer beliebigen Krebsart auf eine adoptive Therapie ansprechen würde.
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