Ärztetag für ePA und Datenverwendung – wenn Nutzen und Regeln stimmen

Abstimmung beim 126. Deutschen Ärztetag. Foto: Jürgen Gebhardt/BÄK

Der 126. Deutsche Ärztetag in Bremen hat beim Thema Digitalisierung den konkreten Nutzen für die Versorgung in den Vordergrund gestellt. Er sprach sich für die Verwendung von Patientendaten für die Forschung aus, aber nur unter klaren Voraussetzungen.

Die Ärzteschaft unterstützt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) darin, bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens mehr auf den Bedarf der Patientenversorgung zu achten. In den Fokus müssten digitale Anwendungen rücken, die einen konkreten, messbaren Nutzen in der medizinischen Versorgung haben, betone das Ärzteparlament.

Aus Sicht der Abgeordneten des 126. Deutschen Ärztetages zähle dazu vor allem der Notfalldatensatz auf der elektronischen Gesundheitskarte. Dieser übermittle “wichtige, gut strukturierte und qualitätsgesicherte Informationen des Patienten in die zeitkritische Behandlung”. Zugleich erfülle der Notfalldatensatz die Funktion einer klinischen Basisinformation.

Ärztetag fordert Investitionen für Praxen zur digitalen Vernetzung

Der Ärztetag hat ein Praxiszukunftsgesetz gefordert, um den interoperablen Ausbau des ambulanten Sektors im Sinne der digitalen Vernetzung und Kommunikation mit anderen Versorgungsbereichen und zwischen den Praxen zu gewährleisten. Dafür seien enorme Investitionen notwendig. Diese könnten nicht den Praxisinhabern allein aufgebürdet werden. “Hierfür – und nur hierfür – halten wir Finanzhilfen von Bund und Ländern nicht nur für gerechtfertigt, sondern auch für dringend geboten”, betonte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt.

Bezüglich der elektronischen Patientenakte (ePA) hat sich der 126. Deutsche Ärztetag für das sogenannte Opt-Out-Verfahren ausgesprochen. Ziel müsse es sein, den Verbreitungsgrad der Akte zu erhöhen. Mit der Opt-Out-Lösung würden die Krankenkassen ihren Patienten eine ePA ohne ihr Zutun einrichten – es sei denn, diese widersprechen der Aktenanlage.

Perspektivisch könnten Ärztinnen und Ärzte mit dem Opt-Out-Verfahren davon ausgehen, dass die allermeisten ihrer Patientinnen und Patienten im Besitz einer ePA seien. Aufwendige Nachfragen und Aufklärungen über den Sinn der ePA würden hinfällig, so die Abgeordneten. Sie sprachen sich weiterhin dafür aus, dass statt der bisher vorgesehenen expliziten Datenfreigabe für jeden Arzt alle an der Behandlung beteiligten Ärztinnen und Ärzte zunächst vollen Zugriff auf die Daten in der ePA erhalten sollten – es sei denn, der Patient schränkt die Zugriffsrechte explizit ein.

Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll Datenverwendung für die Forschung regeln

Darüber hinaus sollten alle Daten eines Patienten für medizinische Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Dafür forderte der Ärztetag klare Regeln. Mit einem Gesundheitsdatennutzungsgesetz müssten die rechtlichen, organisatorischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen eindeutig festgelegt sein.

So seien adäquate benutzerfreundliche Einwilligungsmodelle und Aufsichtsstrukturen in den gesetzlichen Regelungen für die Freigabe von Daten zu verankern. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass zum Zeitpunkt der Einwilligung der Forschungszweck noch unbekannt sei. Der Datengeber müsse dabei auf informierter Basis die Wahl zwischen einer breiten und einer anlassbezogenen Einwilligung haben.

Aus Sicht der Abgeordneten müsse das Gesetz zudem das Risiko einer Re-Identifizierung bei aktuell anonymisierten Daten sowie einer unrechtmäßigen Re-Identifizierung bei pseudonymisierten Daten weitestgehend minimieren. Neben technischen Vorkehrungen seien organisatorische und rechtliche Maßnahmen zu treffen, um eine unrechtmäßige Rückverfolgung weitestgehend zu erschweren bzw. zu verbieten.

Der Zugriff auf die Gesundheitsdaten sollte ausgewählten forschenden Institutionen vorbehalten sein und auf jeweilige wissenschaftliche Fragestellung beschränkt werden, für die Daten zusammengeführt wurden. Die Kriterien für die Auswahl zugriffsberechtigter Institutionen müssten klar definiert und eine zuständige entscheidende Stelle seitens des Gesetzgebers festgelegt werden, so die Abgeordneten.

(BÄK/ms)