Aktionsbündnis Patientensicherheit appelliert: Mehr Patientensicherheit und Kooperation

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Zum zweiten Mal begeht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 17. September den Welttag der Patientensicherheit, der 2020 unter dem Motto „Safe health workers, safe patients“ steht. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) betont die Bedeutung von kluger Digitalisierung und Kooperation – insbesondere über Einrichtungs- und Sektorengrenzen hinweg.

Gerade in der Krise hat sich gezeigt, wie anfällig unser System im Hinblick auf Patientensicherheit ist: Verschobene oder ausgefallene Facharzt- und OP-Termine, Versorgung an der Haustür und Lücken bei der Reha, Vorsorge und Versorgungsmanagement. Die Folge war ein Rückgang der Patientenversorgung um bis zu 40 Prozent – mit noch ungeahnten Folgen, vor allem auch für Menschen mit chronischen Erkrankungen.

Das APS betonte auf der heutigen Online-Pressekonferenz, wie wichtig kluge Digitalisierung und Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren seien, insbesondere über Einrichtungsgrenzen und Versorgungssektoren hinweg. Die Pressekonferenz endete mit einem Appell an die Gesundheitspolitik, sich mit den Problemen und Lücken des Systems, die die Pandemie offen gelegt hat, aktiv zu beschäftigen.

„Mit den Veranstaltungen rund um den 17. September soll das Thema stärker in das Bewusstsein gerückt und alle Kräfte mobilisiert werden“, sagt Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des APS. „Corona hat die Lücken, Sollbruchstellen und Schwachpunkte der Versorgung, die schon lange bekannt waren, wie mit dem Brennglas vergrößert: Trotz der individuellen Anstrengungen vor Ort funktioniert das Gesundheitssystem nicht, ganz besonders nicht für die Schwächsten.“ Corona habe binnen kürzester Zeit eine Umstellung und Neugestaltung der unterschiedlichsten Versorgungsprozesse notwendig gemacht. „Wie bauen wir Telemedizin und digitale Angebote binnen kürzester Zeit in die Versorgung ein, ohne dass dadurch neue Gefahren und Behandlungsabbrüche für Patienten entstehen? Wie klären wir Patienten über Versorgungsangebote und richtiges Verhalten auf, wenn wir selbst keinen Überblick haben?“, so die Kritik der APS-Vorsitzenden. Weil die Ressourcen auf die Versorgung der Corona-Patienten konzentriert wurden, wurden Versorgungsabbrüche und Gefährdungen für andere Patienten hingenommen.

Aus der Sicht eines chronisch Kranken berichtete Constantin Grosch, stellvertretender Vorsitzender des APS und selbst Betroffener. Grosch betonte, dass gerade chronische Erkrankungen häufig in Schüben verlaufen. Kann ein akuter Krankheitsschub wegen einer Krise des Gesundheitssystems nicht behandelt werden, könnte dies lebenslange Folgen für den Erkrankten haben. Oft sei eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und der Krankheitssymptome nicht wieder rückgängig zu machen. „Nun stellen Sie sich die Hilflosigkeit vor, wenn einfach keine ambulante Versorgung vorhanden ist. Und es gibt in dieser Situation niemanden, an den man sich wenden kann. Denn auch der letzte Ausweg, der Gang in ein Krankenhaus, war nicht selten praktisch verwehrt, wie Zahlen belegen. Außerdem sind viele dieser Patienten auf spezialisierte Ärzte angewiesen, zu denen sie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben und denen ihre umfangreiche Krankheitsgeschichte bekannt ist.“ Er appelliert an die Gesundheitspolitik: „Bitte kümmern Sie sich um die erheblichen Probleme und Lücken im System, die die Pandemie offengelegt hat. Denn die Patienten sind abhängig von sicherer und zuverlässiger Versorgung – trotz, während und nach Corona.“

Um Patientensicherheit zu gewährleisten, müssten aber auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen geschützt werden. Nicht umsonst laute das diesjährige Motto des Welttages der Patientensicherheit „Safe health workers, safe patients“, so Prof. Reinhard Strametz, Generalsekretär des APS. Für die Mitarbeitersicherheit bedürfe es neben Mundschutz und Kittel auch einer „psychischen Schutzausrüstung“, so Strametz. Diese bestehe im Wesentlichen aus drei Maßnahmen: Erstens aus einer auf Mitarbeitersicherheit und Resilienz ausgerichteten Führung. Zum Zweiten aus einer psychosozialen proaktiven Unterstützung und drittens einer sach- und lösungsorientierten Aufarbeitung kritischer Ereignisse durch Gespräche oder Fallanalysen. „Wir müssen über Fehler und kritische Ereignisse sprechen und daraus lernen“, betonte Strametz. Das APS hat hierfür Handlungsempfehlungen herausgegeben, speziell auf COVID-19 zugeschnitten. Diese sollen allen Beteiligten helfen, Mitarbeitersicherheit zu stärken und damit auch Patientensicherheit zu ermöglichen.