Aktualisierte Leitlinie: Strahlentherapie bei mit HPV assoziiertem Kopf-Hals-Krebs

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Die American Society for Radiation Oncology (ASTRO) hat eine aktualisierte Leitlinie für die Strahlentherapie bei HPV-bedingten Oropharynx-Plattenepithelkarzinomen (OPSCC) vorgelegt. Empfohlen werden etwa optimale Dosierungsschemata unter Berücksichtigung aktueller Daten.

Die Leitlinie berücksichtig dabei sowohl die Strahlentherapie als alleinige kurative Behandlung oder in Kombination mit einer Operation und/oder Chemotherapie. Inhalte sind auch die Behandlungsplanung und der Beurteilung des Ansprechens von Patienten, bei denen diese immer häufiger auftretende Form von Kopf- und Halskrebs diagnostiziert wird.

HPV-positiver OPSCC ist die häufigste Art von HPV-assoziiertem Krebs bei Männern und die zweithäufigste nach Gebärmutterhalskrebs bei Frauen. Mindestens 70 Prozent der neu diagnostizierten Oropharynxkarzinome sind auf HPV zurückzuführen. Seit der Veröffentlichung der letzten ASTRO-Leitlinie für Oropharynxkarzinom im Jahr 2017 wurde HPV-positives OPSCC als klinisch getrennte Erkrankung von nicht-HPV-positivem OPSCC anerkannt. Die neue Leitlinie konzentriert sich speziell auf die Behandlung von Patienten mit HPV-positiver Erkrankung.

Im Gegensatz zur rückläufigen Inzidenz von tabak- und alkoholbedingtem OPSCC nehmen die Inzidenzraten von HPV-bedingtem OPSCC in den meisten Industrienationen rapide zu. So wird diese Krebsart beispielsweise in den USA jedes Jahr bei etwa 21.000 Erwachsenen diagnostiziert. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Menschen mit HPV-positivem OPSCC in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen wird. Ein Rückgang ist erst zu erwarten, wenn die HPV-Impfstoffe weltweit zugänglicher werden und ihre volle Wirkung entfalten, so die Einschätzung der Autoren der Leitlinie.

Menschen, bei denen ein HPV-positives OPSCC diagnostiziert wird, sind in der Regel jünger, in den USA liegt das Durchschnittsalter bei der Diagnose bei 55 Jahren. Die Behandlungsergebnisse sind oft besser als bei Menschen mit einer HPV-negativen Erkrankung. HPV-bedingte Tumore sind strahlenempfindlicher und sprechen in der Regel besser auf die Behandlung an. Angesichts der zunehmenden Zahl von Langzeitüberlebenden konzentrieren sich moderne klinische Studien in der Regel auf deeskalierende Behandlungen, um die Nebenwirkungen zu verringern und gleichzeitig hohe Heilungsraten zu erzielen.

Für Patienten, die wegen HPV+ OPSCC mit einer definitiven Strahlentherapie behandelt werden, d.h. einer Bestrahlung mit kurativer Absicht ohne Operation, wird eine gleichzeitige systemische Therapie empfohlen, wenn der Patient bestimmte Indikatoren für ein höheres Risiko aufweist. Dies können z. B. ein fortgeschrittenes Tumorstadium oder der Befall mehrerer Lymphknoten sein. In der Leitlinie werden auch Kriterien genannt, bei denen eine alleinige Bestrahlung gegenüber einer Radiochemotherapie empfohlen wird.

Bei Patienten, die mit kurativer Absicht operiert wurden, wird eine postoperative Strahlen- oder Radiochemotherapie gegenüber einer Beobachtung empfohlen, wenn pathologische Risikofaktoren wie ein positiver Operationsrand oder bestimmte Tumoreigenschaften vorliegen. Die Leitlinie geht ausführlich auf die Auswahl der Patienten ein und gibt Hinweise zur Dosierung und Planung der postoperativen Bestrahlung und Radiochemotherapie.

Überlegungen zur systemischen Therapie, einschließlich Empfehlungen für Chemotherapeutika, Dosierung und Abfolge mit der Strahlentherapie, werden in der Leitlinie ebenfalls dargelegt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Ärzten und Patienten.

Die Leitlinie empfiehlt optimale Dosierungs- und Fraktionierungsschemata für die Strahlen- und Radiochemotherapie in der definitiven und postoperativen Phase. Unter Berücksichtigung der Daten aus den jüngsten Studien zur Dosisdeeskalation empfiehlt die Leitlinie, die Dosis für die Bereiche zu minimieren, die die Lebensqualität des Patienten am stärksten beeinträchtigen. Das sind z. B. die für das Schlucken und die Speichelproduktion zuständigen Organe. Die Empfehlungen beziehen sich auch auf bevorzugte Strahlentherapietechniken, einschließlich der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT).

Schließlich werden Empfehlungen für die Bewertung nach der Behandlung gegeben, insbesondere für die anfängliche Neueinstufung des Patienten nach Abschluss der Behandlung und die laufende Überwachung mit Hilfe fortschrittlicher Bildgebung oder anderer Methoden.

„Diese aktualisierte Leitlinie unterstreicht die Bedeutung maßgeschneiderter Bestrahlungsstrategien, die das Überleben der Patienten maximieren und gleichzeitig die Nebenwirkungen minimieren“, betonte Danielle N. Margalit, MD, MPH, stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe für die Leitlinie und Radioonkologin am Brigham & Women’s/Dana-Farber Cancer Center in Boston (USA). „Die Empfehlungen stützen sich auf aktuelle klinische Studiendaten und bieten eine solide Evidenzbasis, die Ärzten und Patienten die Möglichkeit gibt, Behandlungsentscheidungen zu treffen.“

Die Leitlinie unterstreiche die Notwendigkeit eines multidisziplinären Ansatzes, um sicherzustellen, dass jeder Patient einen umfassenden, individuellen Behandlungsplan erhalte, ergänzte David J. Sher, MD, MPH, Vorsitzender der Arbeitsgruppe für die Leitlinie und Radioonkologe am University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas.