Aktuelle Präventionsmaßnahmen und innovative Therapieansätze bei implantatassoziierten Infektionen

Joachim Windolf (Foto: Biermann Medizin, hr)

Implantatassoziierte Infektionen sind ein Schwerpunktthema auf dem diesjährigen DKOU. In 17 Sitzungen mit über 100 Vorträgen diskutieren Experten unter anderem neue Ansätze zu Vorbeugung und Therapie.

Wundinfektionen nach einer Operation gehören zu den gefürchtetsten Komplikationen in allen chirurgischen Fächern. Auf Implantaten bilden Bakterien einen Biofilm, der sie vor Angriffen des Immunsystems oder Antibiotika schützt. Die operierte Körperstelle schwillt an, schmerzt und kann unter Umständen nicht mehr bewegt werden. Ohne Behandlung droht eine Sepsis.

Meist sind mehrere Operationen notwendig, bei denen der Chirurg das Implantat entfernen und die Eingriffsstelle von Keimen befreien muss. Bei den besonders schwerwiegenden Formen der Osteomyelitis ist ein interdisziplinärer Therapieansatz erforderlich. „Der Operateur sollte dazu einen Infektiologen, Mikrobiologen und gegebenenfalls einen plastischen Chirurgen mit in die Behandlung einbeziehen“, sagte Prof. Joachim Windolf anlässlich des DKOU. Dies empfiehlt auch die aktuelle Leitlinie der DGU.

Risiken – so gering wie möglich
Für den Patienten sind Infektionen eine enorme Belastung. „Deshalb versuchen wir, das Risiko einer solchen so gering wie möglich zu halten“, betonte Windolf. Folgende Maßnahmen werden ergriffen: das Vorab-Screening auf multiresistente Erreger (z. B. MRSA), strenge Hygiene im OP und im gesamten Krankenhaus, möglichst gewebeschonende OP-Techniken sowie den Erhalt einer bestmöglichen ­Homöostase.

Darüber hinaus gebe es neue, lokal wirksame Ansätze zur Prävention und Therapie implantatassoziierter Infektionen. So werden verschiedene Maßnahmen, wie antimikrobiell beschichtetes Fadenmaterial oder spezieller, antibiotikahaltiger Knochenzement, angewendet. Studien zeigen, dass dieser das Infektionsrisiko deutlich verringert, vor allem bei den besonders risikoreichen Korrektur- oder Wechseloperationen.

Außerdem bestehe die Möglichkeit, mithilfe von Knochenersatzstoffen, die zukünftig durch 3-D-Druck passgenau angefertigt werden könnten, Knochendefekte aufzufüllen und durch die Beimengung von erregerspezifischen Antibiotika eine hohe Wirkstoffkombination am Ort der Infektion zu erzielen. „Ein zusätzlicher Nutzen besteht dabei in geringeren Nebenwirkungen und vor allem weniger Resistenzentwicklungen im Vergleich zu systemisch verabreichten Antibiotika“, so Windolf. Für Platten und Nägel, die bei offenen und somit stark infektionsgefährdeten Knochenbrüchen eingesetzt werden, gibt es Beschichtungen, die die Ansiedlung von Keimen verhindern sollen.

Innovativ: Phagen und Enzyme
In Laborversuchen wird zudem die gezielte Anwendung von Bakteriophagen untersucht. Diese sind in der Lage, in den bakteriellen Biofilm auf einem infizierten Implantat einzudringen und diesen zu zerstören. „Wenn dieser Ansatz sich in klinischen Studien als wirksam erweist, könnte man Mikroorganismen quasi mit ihren eigenen Waffen schlagen“, sagte Windolf. Er verwies außerdem auf einen weiteren innovativen Ansatz im Versuchsstadium: die Beschichtung von Implantaten mit antimikrobiellen Peptidasen (z. B. Lysostaphin), die in der Lage sind, den bakteriellen Biofilm zu penetrieren und aufzulösen.
(ja)