Aktueller Warnhinweis vor Antibiotikaeinsatz: Fluorchinolone können starke Nebenwirkungen verursachen1. August 2019 Foto: © analysis121980 – Adobe Stock Die Zulassungsbehörde für Fertigarzneimittel (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) macht sich dafür stark, dass die zu den sogenannten Reserveantibiotika gehörenden Fluorchinolone nur noch in Ausnahmefällen verordnet werden. Es kommt immer häufiger vor, dass selbst Reserveantibiotika gegen bakterielle Erreger wie zum Beispiel E. coli – der häufigste Auslöser von Blasenentzündungen – nichts mehr ausrichten können. Daneben gibt es noch einen weiteren Grund für die vom BfArM propagierte Zurückhaltung bei der Verordnung von Fluorchinolonen: Diese Antibiotika-Substanzklasse kann in seltenen Fällen Nebenwirkungen am Bewegungsapparat und Nervensystem verursachen, die die Lebensqualität einschränken, und zwar möglicherweise langanhaltend und unwiderruflich. “Obwohl die Leitlinie für Ärzte zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen bereits eine kritische Verordnung von Antibiotika nahelegt, wird dieser Empfehlung noch zu wenig Beachtung geschenkt”, meint Dr. Wolfgang Bühmann, Facharzt für Urologie, Andrologie und medizinische Tumortherapie aus Sylt OT Morsum. Eine arzneilich wirksame Therapieoption bei Blasenentzündungen, die zudem zur passiven Reduktion der Antibiotikaresistenz beiträgt, sieht der Experte in den umfangreich untersuchten und gut verträglichen Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich. Fluorchinolone sind hochwirksame Arzneimittel, die nur dann eingesetzt werden sollten, wenn alle anderen Antibiotika nicht mehr wirken, zum Beispiel bei lebensbedrohlichen Erkrankungen durch multiresistente Erreger. Damit diese Reserveantibiotika weiterhin ein “scharfes Schwert” bei der Behandlung von Infektionen bleiben, muss die Anwendung mit Bedacht erfolgen. Gegen zahlreiche bakterielle Erreger zeigen herkömmliche Antibiotika jedoch immer häufiger keine Wirkung mehr. So erhalten zum Beispiel bundesweit durchschnittlich 50 Prozent aller Frauen zur Behandlung einer unkomplizierten Infektion der Harnwege ein Fluorchinolon. Nebenwirkungen an Bewegungsapparat und Nervensystem Fluorchinolone können in seltenen Fällen schwerste Nebenwirkungen hervorrufen, die sich auf den Bewegungsapparat oder das Nervensystem auswirken. Es kann zu Schlaflosigkeit, Depressionen und Ermüdung (Fatigue) kommen. Es wurden auch ein eingeschränktes Erinnerungsvermögen sowie Seh-, Hör-, Geruchs- und Geschmacksstörungen beobachtet. Laut BfArM seien zwar nur wenige Fälle dieser Nebenwirkungen gemeldet worden. Es sei aber anzunehmen, dass nicht alle Patienten entsprechende Beschwerden und Begleiterscheinungen beim Arzt angeben. Aufgrund der Schwere dieser Nebenwirkungen rät das BfArM Ärzten deshalb, jede Fluorchinolon-Verordnung sorgfältig zu überdenken. In Zukunft sollten gemäß BfArM-Empfehlung nur noch diejenigen Patienten ein Antibiotikum aus dieser Gruppe erhalten, die es wirklich benötigen. Senföle sind wirksam und gut verträglichandeln Bei der Therapie von Blasenentzündungen sollte die antibakterielle Wirkung im Fokus stehen. Denn bei einer rein symptomorientierten Therapie mit schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten oder Arzneipflanzen ohne antibakterielle Wirkung besteht durch aufsteigende Bakterien die Gefahr, eine Nierenbeckenentzündung zu entwickeln. Demzufolge empfehlen Experten bei unkomplizierten Infektionen der Harnwege die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich als First-Line-Therapie einzusetzen. Senföle zählen heute zu den am besten untersuchten arzneilich wirksamen Pflanzensubstanzen. Sie bekämpfen nicht nur Bakterien und Viren, sondern wirken zusätzlich entzündungshemmend. In Laboruntersuchungen zeigten Senföle selbst gegen antibiotikaresistente Keime, darunter häufige Erreger von Blasenentzündungen wie E. coli oder Klebsiellen, eine ausgeprägte, das Wachstum von Bakterien hemmende oder abtötende Wirkung. Eine Studie mit insgesamt 1.649 Patienten, die an akuter Blasenentzündung, akuter Nasennebenhöhlen-entzündung oder akuter Bronchitis litten, bestätigt zudem die Nichtunterlegenheit der Senföl-Kombination gegenüber Standard-Antibiotika, bei gleichzeitig deutlich besserer Verträglichkeit des pflanzlichen Arzneimittels. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte eine mit gleicher Methodik angelegte Studie mit 858 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 4 und 18 Jahren. Auch in dieser Studie erwies sich das pflanzliche Arzneimittel hinsichtlich seiner Wirkung den Standardantibiotika als ebenbürtig, war aber signifikant besser verträglich. Ärzte-Leitlinie enthält Empfehlung für Kapuzinerkresse & Meerrettichwurzel In der 2017 aktualisierten ärztlichen Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird nun auch der Einsatz von Kapuzinerkresse und Meerrettich als pflanzliche Behandlungsoption bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen empfohlen. “Die Leitlinie gibt damit den richtigen Kurs vor: Antibiotika bei Blasenentzündungen nur dann einsetzen, wenn unbedingt erforderlich und bei unkomplizierten Fällen besser auf bewährte und gut untersuchte pflanzliche Arzneimittel wie die Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich zurückgreifen”, sagt Bühmann. Der Einsatz des pflanzlichen Arzneimittels mindere den häufig unnötigen Antibiotika-Verbrauch, die Resistenzentwicklung und das Risiko von Nebenwirkungen, ergänzt der wissenschaftliche Schriftleiter des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e. V., Schriftleiter/Editor “Der Urologe”.
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