Akute Otitis media: Topisches Gel statt oraler Antibiotika?

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Orale Antibiotika sind bislang der Standard bei einer Mittelohrentzündung. US-amerikanische Forschende berichten von einem neuen Ansatz: Die einmalige Anwendung eines topischen, antibiotischen Gels zeigte in einem Tiermodell bei Otitis media erfolreich.

Bei Mittelohrentzündungen könnte das Auftragen eines Antibiotikums direkt auf den infizierten Bereich anstelle der oralen Einnahme dem Studienteam zufolge dazu beitragen, Nebenwirkungen wie Hefepilzinfektionen und Magenverstimmungen zu verringern. Allerdings stellt das Trommelfell eine Barriere dar, die für die meisten Medikamente unempfindlich ist.

Um dieses Problem zu lösen, verkapselten Rong Yang von der Cornell University in Ithaka, USA und ihr Team das Antibiotikum Ciprofloxacin in Liposomen, die bereits für die Verabreichung anderer Arzneimittel eingesetzt wurden: Sie sind in der Lage, mit der Zellstruktur von Membranen wie Trommelfell und Haut interagieren und so die Aufnahme erleichtern.

Positiv geladene Liposomen gelten allgemein als besser für den Transport von Arzneimitteln durch mehrschichtiges Gewebe wie die Haut als negativ geladene Liposomen. In der aktuellen Studie entdeckten die Forschenden jedoch, dass negativ geladene Liposomen besser in der Lage waren, Medikamente durch infizierte Trommelfelle zu transportieren. Anhand von Mäusezellen stellten sie fest, dass dies auf die Aufnahme der Liposomen durch Immunzellen zurückzuführen ist, die auf die Infektion reagieren.

Das Team um Yang verkapselte das Antibiotikum Ciprofloxacin in daher negativ geladene Liposomen und fügte sie einem temperaturempfindlichen Hydrogel hinzu, um eine antibiotische Salbe zu bilden. Anschließend führten sie Experimente mit Chinchillas durch, da die Ohren der Tiere ähnlich wie die des Menschen auf Mittelohrentzündungen und deren Behandlung reagieren.

Sie trugen eine der drei Formulierungen – Ciprofloxacin in negativ geladenen Liposomen in Gel, Ciprofloxacin in positiv geladenen Liposomen in Gel oder Ciprofloxacin in Gel – auf die Trommelfelle infizierter Chinchillas auf. Nachdem sich das Gel verfestigt hatte, um eine anhaltende Freisetzung zu gewährleisten, wanderte das Antibiotikum über das Trommelfell vom äußeren Ohr zum Mittelohr.

Sie stellten fest, dass alle Chinchillas, die ein Gel mit Ciprofloxacin, das in negativ geladenen Liposomen verkapselt war, erhielten, innerhalb von 24 Stunden infektionsfrei waren. Außerdem zeigten die Tiere während der siebentägigen Behandlung weder eine Entzündung des Trommelfells noch ein Wiederauftreten der Infektion. Im Vergleich dazu war nach sieben Tagen nur ein Teil der Tiere, die Gelformulierungen mit freiem Antibiotikum (25 %) oder mit in positiv geladenen Liposomen eingekapseltem Antibiotikum (50 %) erhalten hatten, infektionsfrei, und ihre Trommelfellentzündung ähnelte der von unbehandelten Tieren.

Yang und ihr Team vermuten, dass eine einmalige Behandlung von Mittelohrentzündungen die Therapietreue der Patienten verbessern und möglicherweise den Einsatz von Antibiotika in der Pädiatrie verringern und damit die Patientenversorgung verbessern könnte.

„Ich bin sehr gespannt auf die nächste Phase der Übertragung dieser Technologie aus dem Labor in die Klinik, da sie das Potenzial hat, die Therapietreue der Patienten zu verbessern, die Antibiotikaresistenz zu verringern und letztlich die Behandlung von Kindern mit Antibiotika zu verändern“, erklärte Yang.