Alles nur Placebo?

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Australische Forscher haben die Effekte einer achtsamkeitsbasierten Analgesie untersucht.

Die Erwartungshaltung, nicht die Achtsamkeit, sagt Verbesserungen bei akuten Schmerzen nach kurzen Achtsamkeits- oder Scheininterventionen voraus, was darauf hindeutet, dass Placeboeffekte zur achtsamkeits­basierten Analgesie beitragen. So lautet das Fazit einer in „Pain“ publizierten randomisierten Studie mit balanciertem Placebodesign australischer Wissenschaftler.

Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass bei bislang unerfahrenen Personen die Erwartungen an eine Achtsamkeitsintervention eine stärkere Rolle bei der Linderung akuter Schmerzen spielen könnten als die eigentliche Intervention.

Ziel der Studie war es, die konkrete Rolle von Achtsamkeits- und Placebo­prozessen zu charakterisieren, die der achtsamkeitsbasierten Schmerzlinderung zugrunde liegen. Die 153 teilnehmenden gesunden Erwachsenen wurden einer von vier Interventionsgruppen (jeweils rund 30 Teilnehmer) oder einer Kontrollgruppe (n=30) ohne jegliche Intervention zugeordnet.

Teilnehmer der Interventionsgruppen nahmen entweder an echten Achtsamkeitsanweisungen oder einer Scheinbehandlung teil, die den echten Übungen vom Ablauf her ähnelten; eine achtsamkeitsspezifische Anleitung zur ­Entwicklung von Aufmerksamkeitsstabilität und achtsamer Metawahrnehmung fehlte jedoch. Sowohl die Achtsamkeitsübungen als auch die Scheinübungen wurden in sechs Sitzungen á 20 Minuten durchgeführt. Jeweils der Hälfte der beiden Gruppen wurde gesagt, dass sie in der Interventions- oder Kontrollgruppe sei. Dabei wurde ihnen auch mitgeteilt, dass sie eine spezielle Intervention zur besseren Schmerzlinderung erhielten oder nicht (Instruktionsmanipulation). Die Probanden aller fünf Gruppen nahmen zweimal an einem etablierten experimentellen Modell für thermischen Hitzeschmerz teil: einmal vor der Intervention und einmal nach den sechs Einheiten.

Die Teilnehmer der vier Interven­tionsgruppen zeigten im Vergleich zu den Kontrollpersonen ohne Intervention eine Verbesserung der Schmerzergebnisse (unangenehmes Empfinden, Intensität und Toleranz). Die Instruktionsmanipulation erhöhte die Erwartung einer Schmerzlinderung bei denjenigen, die sich in der Achtsamkeitsgruppe verorteten, im Vergleich zu denjenigen, die sich in der Scheinbehandlungsgruppe vermuteten, aber es gab keine Haupt­effekte oder Wechselwirkungen von Behandlung oder In­struktion auf die Schmerzergebnisse.

Unabhängig von der tatsächlich erhaltenen Intervention sagte jedoch die Überzeugung, in der Achtsamkeitsgruppe zu sein, eine erhöhte Schmerzschwelle und -toleranz voraus, wobei die Erwartung den Effekt auf die Schmerztoleranz vollständig vermittelte. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es keine spezifischen Auswirkungen von Achtsamkeit und Anleitung auf akute Schmerzen gibt. Dennoch sagten die Erwartungen der Teilnehmer und ihre Überzeugungen über die Behandlung, die sie erhielten, eine Schmerzlinderung voraus. (ah)