Alteplase: Lieferengpass? Ja. Versorgungsengpass? Nein!

Trotz des Lieferengpasses für Alteplase ist die Versorgung von Schlaganfall-Patienten nicht gefährdet. (Foto: © meeboonstudio – stock.adobe.com)

Die Nachricht über einen Lieferengpass von Alteplase verbreitete sich im Frühjahr 2022 dieses Jahres rasch – denn ein Mangel an diesem Medikament kann für viele Schlaganfall-Patienten lebensbedrohlich werden. Auf einer Pressekonferenz berichteten Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) über die Maßnahmen, mit denen deutsche Schlaganfalleinrichtungen einem drohenden Versorgungsengpass entgegenwirken.

Im April dieses Jahres wurde durch das Unternehmen Boehringer Ingelheim ein Lieferengpass von
Alteplase – Handelsnamen Actilyse® – bekannt gegeben. „Alteplase ist seit über 20 Jahren das einzige
zugelassene Präparat zur Lysetherapie beim akuten Hirninfarkt“, erklärte Prof. Darius Günther Nabavi, 1. Vorsitzender der DSG. Ein Versorgungsengpass des Medikaments Alteplase könnte also für Schlaganfall-Patienten bedrohlich werden.

Um diesem entgegenzuwirken, hat Boehringer Ingelheim seit Beginn des Lieferengpasses im April
dieses Jahres erste Maßnahmen in die Wege geleitet: Die Lieferungen wurden kontingentiert, die Stroke Units erhalten seitdem etwa nur 90 Prozent der ursprünglichen Liefermenge von Alteplase. „Das
ist ein klarer Einschnitt“, sagte Nabavi, „aber gleichzeitig hat dies für Transparenz und Gleichbehandlung gesorgt und hat Vorratskäufe der Kliniken verhindert.“ Zudem wurden über eine Außendienst-Hotline des Unternehmens kurzfristige Nachlieferungen eingeräumt, um regionale Unwuchten sofort auszugleichen.

Auch die DSG hat unverzüglich reagiert: „Wir haben einen regelmäßigen Austausch mit dem Unternehmen etabliert und ein monatliches Reporting mit den Stroke Units aufgenommen“, schilderte Nabavi die Maßnahmen. „Wir haben uns außerdem für ein strukturiertes Bestandsmonitoring von Alteplase in den Kliniken eingesetzt, um zu erfassen, für wie viele Wochen die Lysetherapie sichergestellt ist.“ Die Stroke Units überwachen seitdem regelmäßig, welche Mengen an Alteplase wöchentlich im Durchschnitt benötigt werden und gleichen dies mit der vorrätigen Menge in Klinik und Krankenhausapotheke ab. Die DSG hat dafür ein Ampelsystem angeregt, das von zahlreichen Stroke Units aufgegriffen wurde: Grün steht für einen Bestand von mehr als vier Wochen, gelb für die erste Warnstufe mit einem Bestand von zwei bis vier Wochen und rot für den kritischen Bereich mit einem Bestand von weniger als zwei Wochen.

Zudem habe die DSG auch Maßnahmen für einen achtsamen Umgang mit dem Medikament erarbeitet, wie eine korrekte Indikationsstellung und eine präzise Dosisermittlung. „Wir haben zudem die Produktion
kleinerer Dosiereinheiten beim Hersteller befürwortet, was vom Unternehmen bereits umgesetzt wurde“, erklärte Nabavi. Nun sind mehr kleine Dosiereinheiten verfügbar, die je nach Bedarf miteinander kombiniert werden können, was der DSG zufolge den Materialverwurf landesweit weiter vermindert haben sollte.

Entsprechend zog Nabavi nach fast sechs Monaten ein Zwischenfazit: „Aufgrund der ergriffenen
Maßnahmen und der besonnenen Reaktion der Stroke Units hat der Lieferengpass von Alteplase
bislang nicht zu einem Versorgungsengpass geführt. Dadurch konnte die Schlaganfallbehandlung in
Deutschland auf einem unverändert hohen Niveau weitergeführt werden.“