Altersbedinger Hörverlust: Neue Studie visualisiert beteiligte Gene

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Schwedischen Forschenden ist es gelungen, mit Hörverlust assoziierte Gene zu dokumentieren und im menschlichen Innenohr sichtbar zu machen. Die Studie zeigt, dass bestimmte subzelluläre Strukturen in der Cochlea bei den Populations-Unterschieden beim altersbedingten Hörverlust eine Rolle spielen.

Von Hörverlust sind weltweit 1,23 Milliarden Menschen betroffen, 90 Prozent davon von altersbedingtem Hörverlust. Allerdings ist wenig bekannt über die diesem zugrunde liegenden molekularen Mechanismen und die individuellen Unterschiede des Risikos für einen altersbedingten Hörverlust.

Die vorliegende Studie, durchgeführt von HNO-Ärzten und Genetikern der Uppsala University (Uppsala, Schweden), erlaubte funktionelle Follow-up-Studien mittels Immunohistochemie der Kandidaten-Gene, die durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) identifiziert werden konnten.

„Die Cochlea und insbesondere das Corti-Organ ist eine sehr vulnerable Struktur, die sich nur schwer analysieren lässt, da sie vom härtesten Knochen im menschlichen Körper umgeben ist“, erklärt Helge Rask-Anderson, MD und Seniorprofessor am Department of Surgical Sciences. „Wir konnten einige der molekularen Komponenten des menschlichen Gehörs analysieren, die wichtig für die Umwandlund von Schall in elektrische Impulse sind.“

Die Studie konnte genetischen Varianten in 67 genomischen Regionen identifizieren, die zu einem erhöhten Risiko für altersbedingten Hörverlust beitragen. GWAS mit dem Gehör assoziierter Eigenschaften wurden in der UK Biobank durchgeführt, die eine halbe Million Teilnehmer aus Großbritannien umfasst. Genetische Assoziation sind isoliert nur schwer zu interpretieren. In der Regel braucht es nachfolgende Experimente, um bestimmte Gene als ursächlich zu identifzieren.

Den Studienergebnisse in menschlichen Gewebeproben aus der Cochlea nachzugehen sei eine „großartige Gelegenheit“ gewesen, denn es gebe molekulare Unterschiede zwischem dem menschlichen Gehör und dem anderer Säugetiere, wie Mathias Rask-Anderesen, Associate Professor at the Department of Immunology, Genetics and Pathology, betont.

Die Kandidaten-Proteine aus den GWAS wurden mit immunonfluoreszenten Antikörpern und hochauflösende Mikroskopie (super-resolution structured illumination microscopy [SR-SIM]) sichtbar gemacht. So konnten verschiedene Proteine im Spiralganglion dargestellt werden. Den Forschern gelang es außerdem erstmals mit Hörverlust assoziierte Proteine in bestimmten subzellularen Domänen in den Haarsinneszellen beim Menschen zu visualieren: so etwa TRIO und das F-actin-binding protein (TRIOB) in den Stereozilien und das LIM-domain-only-protein 7 (LMO7) in der Kutikularplatte.

Insgesamt zeigen die Studienergebnisse, dass häufige genetische Variationen, die mit altersbedingtem Hörverlust einhergehen, Strukturen in der Cochlea beeinflussen, insbesondere neuronale Prozesse im Spiralganglion – aber auch Strukturen, die direkt an der Umwandlung mechanischer Stimuli in Nervenimpulse beteiligt sind. Nach Ansicht der Autoren könnte dieses Wissen dazu beitragen, die biologischen Mechanismen, die zu altersbedingten Hörverlust führen, besser zu verstehen oder Präventionsstrategien zu entwickeln, beispielsweise medikamentöse Therapien. (ja)