Altersmediziner veröffentlichen erste S3-Leitlinie zum umfassenden geriatrischen Assessment bei hospitalisierten Patienten8. Juli 2024 Leitlinien-Koordinator Michael Denkinger (Foto: AGAPLESION Bethesda-Klinik) Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), unter deren Federführung die Leitlinie entstand, bezeichnet diese als „wegweisend“ und stellt sie am 10. Juli in einem Online-Webinar vor. Die DGG hat die erste S3-Leitlinie zum umfassenden geriatrischen Assessment, kurz CGA, bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten in Deutschland veröffentlicht. „Ein wichtiger Wegweiser für eine personalisierte Altersmedizin wurde damit Realität. Insgesamt 20 evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen sowie Statements hat ein interdisziplinäres Leitlinien-Team aus mehr als 20 Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet und dabei explizit die Gebiete in den Blick genommen, in denen das CGA – das steht für Comprehensive Geriatric Assessment – am effektivsten wirkt: die Notaufnahme, die Onkologie, die Orthogeriatrie, die Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Akutgeriatrie“, erläutert die DGG. Einen Überblick über die neue Leitlinie werde am 10. Juli durch das öffentliche DGG-Webinar „Dauerbrenner Assessment – von der Evidenz endlich zur Umsetzung durch die S3-Leitlinie!“, gegeben. „Einschalten lohnt sich“, verspricht die DGG. „Eine wichtige Empfehlung der neuen Publikation ist: Ein CGA sollte mindestens 15 Minuten dauern, um therapierelevante Aussagen treffen zu können. Dieses Investment trägt dazu bei, die medizinische Versorgung von älteren Menschen zu verbessern und auch die Kosten im Gesundheitssystem zu senken“, sagt Prof. Michael Denkinger, Koordinator der Leitlinie und President-elect der DGG. Zweijähriger Arbeitsprozess führt zu 20 neue Empfehlungen und Statements Das wichtige Werk sei Resultat eines rund zweijährigen intensiven, interdisziplinären Arbeitsprozesses, den die hohe Qualität einer S3-Leitlinie erfordert. Dazu zähtlen zum Beispiel eine systematische Literaturrecherche, die Bewertung der Evidenz, die Formulierung und Graduierung von Empfehlungen, die Konsensfindung und schließlich die externe Begutachtung, erläutert die Fachgesellschaft. Herausgekommen sind neun evidenzbasierte Empfehlungen und drei evidenzbasierte Statements sowie fünf konsensbasierte Empfehlungen und drei konsensbasierte Statements. Empfehlungen können Funktionseinbußen geriatrischer Patienten mindern Eines der wichtigsten konsensbasierten Statements zielt nach Angaben der DGG darauf ab, dass ein CGA im Sinne einer personalisierten Medizin stets bestimmte Dimensionen untersuchen sollte: mindestens die Selbsthilfefähigkeit, die Mobilität, die kognitive Funktion inklusive Delir, den Affekt, die Ernährung und soziale Situation einer Person. Je nach persönlicher Situation könnten auch andere Dimensionen relevant sein, wie zum Beispiel die Sensorik, Kommunikationsfähigkeit oder Schlafsituation der älteren Person – oder aber auch die Polypharmazie. Wichtige evidenzbasierte Empfehlungen gingen zum Beispiel auf die Notwendigkeit eines CGA bei älteren Menschen ein, die vor einer systemischen Krebstherapie stehen, hüftgelenksnahe Frakturen haben oder sich im akutgeriatrischen Setting befinden. Konsequent eingesetzt könne das CGA dazu beitragen, die im Krankenhaus erworbenen physischen und kognitiven Funktionseinbußen zu vermindern – und so auch die Kosten für Therapie und Sozialfürsorge zu senken, betonen die Experten. Internationale Nutzung: Vorstellung bei Kongressen – Dänen prüfen Übersetzung Damit diese Leitlinie noch bekannter wird und Einzug in die medizinische Praxis hält, sind laut DGG in naher Zukunft viele Aktionen vorgesehen: „Wir planen einen Artikel im Ärzteblatt und machen über unsere Social-Media-Kanäle auf die Leitlinie aufmerksam. Auf dem kommenden Gerontologie- und Geriatrie-Kongress in Kassel sowie auf dem europäischen EUGMS-Kongress in Valencia haben wir Symposien zum Thema angemeldet. Und wir haben auch schon Kontakt zu anderen Ländern geknüpft: Kollegen aus Dänemark überlegen bereits, ob sie unsere Leitlinie übersetzen lassen und nutzen können“, erklärt Denkinger. Sie sei außerdem eine von nur vier deutschsprachigen Leitlinien, die in der neuartigen MAGIC-App, einem webbasierten Leitlinien-Tool, genutzt werden können. DGG-Leitlinienbeauftragter: Meilenstein in der Altersmedizin Der DGG-Leitlinienbeauftrage Dr. Klaus Friedrich Becher, Chefarzt Allgemeine Rehabilitation und Geriatrische Rehabilitation der Klinik Wartenberg, ist ebenfalls begeistert: „Ein Meilenstein in der Medizingeschichte für die Altersmedizin ist entstanden! Die neue Assessment-Leitlinie wird ihren Platz nicht nur in den Registern der AWMF finden. Durch die hohe Qualität und interprofessionelle sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit werden die Empfehlungen auch im Alltag von Praxis und Klinik sowie in weiteren Publikationen ihre Wirkung entfalten.“ Die S3-Leitlinie „Umfassendes Geriatrisches Assessment (Comprehensive Geriatric Assessment CGA) bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten“ ist abrufbar im AWMF-Leitlinienregister und in der MAGIC-App. Terminhinweis: Webinar-Einladung zur Leitlinien-Vorstellung Dr. Simone Brefka und Barbara Kumlehn stellen die neue Leitlinie im DGG-Webinar „Dauerbrenner Assessment – von der Evidenz endlich zur Umsetzung durch die S3-Leitlinie!“ vor. Das Webinar ist offen für alle Interessierte und findet am Mittwoch, den 10. Juli 2024 um 13.15 bis 14.00 Uhr statt.
Mehr erfahren zu: "Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen" Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen Eine neue internationale Studie konnte nun die Schritte entschlüsseln, die das menschliche Becken im Laufe von Millionen von Jahren so veränderten, dass zweibeiniges Gehen möglich wurde.
Mehr erfahren zu: "Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt" Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz eines kleinen Moleküls als Blocker zur Hemmung des SUMO2-Proteins eine erfolgreiche Strategie gegen Synovialsarkome sein könnte.
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]