Alzheimer-Demenz: Behandlung von Astrozyten als neue Therapieoption?15. Mai 2018 Unter dem Mikroskop: Sternförmige Astrozyten (grün) haben sich rund um krankhafte Eiweißablagerungen angesammelt (lila). Solche „Plaques“ sind ein Merkmal der Alzheimer-Erkrankung. (Quelle: DZNE/Nicole Reichenbach) In Studien an Mäusen mit Alzheimer-Symptomen haben Forscher des DZNE entdeckt, dass die Blockade eines bestimmten Rezeptors auf Astrozyten die Funktion des Gehirns normalisiert und die Gedächtnisleistung verbessert. „Das Gehirn enthält verschiedene Zelltypen wie etwa Neuronen und Astrozyten“, erklärte Dr. Nicole Reichenbach, Forscherin am DZNE und Erstautorin der Studie. „Astrozyten unterstützen die Hirnfunktion und beeinflussen die synaptische Übertragung, indem sie eine Vielzahl von Botenstoffen freisetzen. Überdies regulieren sie den Hirnstoffwechsel und tragen zur Regulierung des Blutflusses im Gehirn bei.“ Störungen der Netzwerkaktivität Astrozyten sind – ähnlich wie Neuronen – in Netzwerken organisiert, die Tausende von Zellen umfassen können. „Für die Funktion des Gehirns ist es wichtig, dass solche Netzwerke ihre Aktivitäten koordinieren. Es ist wie bei einem Symphonieorchester. Die Instrumente müssen richtig gestimmt sein und die Musiker im Takt bleiben, um die korrekte Melodie zu spielen“, sagte Prof. Gabor Petzold, Forschungsgruppenleiter am DZNE und Leiter der aktuellen Studie. „Doch bei der Alzheimer-Krankheit ist die Aktivität dieser Netzwerke gestört. Viele Zellen sind hyperaktiv, so auch Neuronen und Astrozyten. Erkenntnisse über die Funktion der Astrozyten sowie ein gezieltes Einwirken auf solche Netzwerkstörungen bergen daher großes Potenzial für die Behandlung von Alzheimer.“ Behandlung von Astrozyten linderte Gedächtnisprobleme Im Rahmen einer Laborstudie erprobten Petzold und Kollegen diesen Ansatz an Mäusen. Die Tiere entwickelten aufgrund einer genetischen Veranlagung krankhafte Ablagerungen von Amyloid-beta-Plaques und abnorme Netzwerkaktivitäten. Außerdem waren die Lernfähigkeit und das Erinnerungsvermögen der Tiere beeinträchtigt. Die Wissenschaftler nahmen in ihrer Studie einen Rezeptor der Zellmembran namens P2Y1R ins Visier, der überwiegend auf Astrozyten vorkommt. In vorherigen Untersuchungen an Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit hatten Petzold und Kollegen festgestellt, dass die Aktivierung dieses Rezeptors Astrozyten in Hyperaktivität versetzt. Die Forscher gingen nun den umgekehrten Weg: Sie behandelten die Mäuse über mehrere Wochen mit verschiedenen P2Y1R-Antagonisten. „Wir haben festgestellt, dass die Langzeit-Behandlung mit diesen Wirkstoffen die Netzwerkaktivität des Gehirns normalisierte. Die Lernfähigkeit und das Gedächtnis der Mäuse wurden zudem deutlich besser“, sagte Petzold. Behandelt wurde auch eine Kontrollgruppe, die aus gesunden Tieren bestand. Bei ihnen hatte die Behandlung keine deutliche Wirkung auf die Aktivität der Astrozyten. „Dies deutet darauf hin, dass die Hemmung des P2Y1R-Rezeptors sehr spezifisch geschieht. Wenn es keine krankhafte Hyperaktivität gibt, wird die Netzwerkaktivität nicht gedämpft.“ Neue Ansätze für Forschung und Therapie? „Dies ist eine experimentelle Studie und derzeit nicht direkt auf menschliche Patienten übertragbar. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass Astrozyten das Potenzial haben könnten, neue Behandlungsmöglichkeiten für die Alzheimer-Krankheit zu erschließen. Denn sie sind wichtige Garanten der neuronalen Gesundheit und normalen Netzwerkfunktion“, fasste Petzold die Befunde zusammen. In künftigen Untersuchungen wollen die Wissenschaftler in Astrozyten und anderen Zellen nun weitere etwaige Angriffspunkte für Medikamente identifizieren. Originalveröffentlichung: Reichenbach N et al.: P2Y1 receptor blockade normalizes network dy. sfunction and cognition in an Alzheimer’s disease model. Journal of Experimental Medicine, 3. Mai 2018
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