Alzheimer-Forschung: Superspreader-Fasern in Aktion beobachtet29. Oktober 2024 Verdächtige Eiweißbausteine und -fibrillen sammeln sich bei Demenzerkrankungen an Nervenzellen an. (Quelle: Empa) Bei Demenzerkrankungen wie Alzheimer reichern sich falsch gefaltete Eiweiße im Gehirn an. Forscher der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) haben nun eine besonders aktive Spezies von Eiweißfasern in bisher ungekannter Präzision nachgewiesen. Die Behandlung von Demenzerkrankungen wie Alzheimer ist noch immer eine der großen Herausforderungen der modernen Medizin. Im Verlauf der neurodegenerativen Erkrankungen häufen sich Eiweiße wie das Amyloid β-Protein im Gehirn an. Sie werden verdächtigt, mit der Krankheitsentstehung zusammenzuhängen, weswegen sie als vielversprechendes Ziel für neue Therapieansätze gelten. Bekannt ist bereits, dass die falsch gefalteten Proteine sich zu faserartigen Strukturen verklumpen. Wie diese Fibrillen entstehen, ist allerdings noch nicht gänzlich geklärt. Jetzt konnte ein Team um Empa-Forscher Peter Nirmalraj vom „Transport at Nanoscale Interfaces“-Labor in Dübendorf, Schweiz, gemeinsam mit Wissenschaftlern der irischen University of Limerick mit einer besonders leistungsfähigen Bildgebungstechnik zeigen, wie der Vorgang abläuft. Das Besondere daran: Einige der Nanometer-dünnen Fibrillen sorgen offenbar für die Verbreitung der Krankheit im Gehirngewebe und werden daher als „Superspreader“ bezeichnet. Toxische Subspezies Die besondere Subspezies der Eiweißfibrillen fiel den Forschenden wegen ihrer ungewöhnlichen Eigenschaften auf: Die Kanten und die Oberfläche der sogenannten Superspreader-Fibrillen zeigen eine besonders hohe katalytische Aktivität. An diesen hochaktiven Stellen lagern sich neue Eiweißbausteine an. In der Folge bilden sich von diesen Keimstellen aus neue, langkettige Fibrillen. Die Forschenden gehen davon aus, dass sich diese Fibrillen der zweiten Generation schließlich ausbreiten und neue Aggregate im Gehirn bilden. Hochaktive Eiweißstrukturen unter dem Rasterkraftmikroskop: Helle Bereiche zeigen die besonders hohe Aktivität der Nanometer-dünnen Fibrillen an. (Quelle: Empa) Zwar ist die chemische Zusammensetzung des falsch gefalteten Amyloid β-Proteins bekannt. Der Mechanismus, wie sich Eiweißbausteine zu Fibrillen der zweiten Generation zusammenfinden, sowie ihre Form und Struktur waren bisher indes unklar. „Mit herkömmlichen Methoden, die beispielsweise auf Färbetechniken beruhen, werden die Form und weitere Eigenschaften von Proteinen möglicherweise verändert, sodass sie sich nicht in ihrer natürlichen Form analysieren lassen“, erklärt Nirmalraj. Bislang ungekannte Präzision Die Technik, die von den Forschenden in der neuen Studie eingesetzt wurde, unterscheidet sich in diesem Punkt von herkömmlichen Methoden: Die Proteine werden dabei unverändert in einer Salzlösung bei Raumtemperatur analysiert, was den physiologischen Bedingungen im menschlichen Körper sehr viel näherkommt. Mit dem hochauflösenden Rasterkraftmikroskop können die weniger als zehn Nanometer dünnen Fibrillen in bisher ungekannter Präzision abgelichtet werden. Die Forschenden konnten den Prozess der Fibrillenbildung in Echtzeit verfolgen, und zwar von den ersten Augenblicken bis über die folgenden 250 Stunden. Im Anschluss wurden die Analysen mit molekularen Modellrechnungen abgeglichen und ergänzt. So konnten die Fibrillen aufgrund ihrer Oberflächenstrukturen in Subpopulationen wie beispielsweise „Superspreader“ klassifiziert werden. „Damit sind wir einen weiteren Schritt näher daran, zu verstehen, wie sich diese Eiweiße bei Demenzerkrankungen im Gehirn verbreiten“, erklärt Empa-Forscher Nirmalraj. Er hofft, dass sich hieraus schließlich neue Verfahren ableiten lassen, mit denen Demenzerkrankungen besser erkannt und überwacht werden können.
Mehr erfahren zu: "MS-Hirnläsionen lassen sich auch mit PET nachweisen" MS-Hirnläsionen lassen sich auch mit PET nachweisen Forschende des LMU Klinikums haben erstmals gezeigt, dass sich bei Multipler Sklerose (MS) der Synapsenverlust in MS-Läsionen der Großhirnrinde mit der Positronen-Emissionstomographie (PET) abbilden lässt.
Mehr erfahren zu: "Hirnscan als BMI-Orakel für psychisch kranke Menschen" Hirnscan als BMI-Orakel für psychisch kranke Menschen Eine Standard-MRT des Gehirns könnte künftig vorhersagen, welche psychisch kranken Menschen nach der Erstdiagnose an Gewicht zunehmen. Dies zeigen Ergebnisse einer neuen Studie, die in „Nature Mental Health“ veröffentlicht wurde.
Mehr erfahren zu: "Leuchtende Sensoren für die personalisierte Medizin" Leuchtende Sensoren für die personalisierte Medizin Nanoröhren aus Kohlenstoff können den Nachweis von bestimmten Molekülen ermöglichen. Forschende der Ruhr-Universität Bochum zeigen den Nutzen der Sensoren am Beispiel von Dopamin und der Parkinson-Krankheit.