Ambulante Notfallversorgung – „Vorschläge mit Störgefühl“11. Februar 2022 Bild: schulzfoto – stock.adobe.com Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) begrüßt, dass das Gesetzesvorhaben zur Neustrukturierung der ambulanten Notfallversorgung erneut angegangen werden soll und mahnt, dabei „die Versorgungsrealität nicht auszublenden“ . Ein unvollendetes, mehrfach verschobenes und auch umstrittenes Gesetzesvorhaben soll wieder in Angriff genommen werden. Die Corona-Pandemie hatte das Gesetz „in Progress“ für die ambulante Notfallversorgung in den Hintergrund rücken lassen, so der VDK. „Wir begrüßen, dass sich eine Gruppe aus Experten verschiedener Bereiche des Gesundheitswesens in einem Panel der Bertelsmann-Stiftung nun mit diesem schwierigen Vorhaben befasst und Vorschläge zur Umsetzung einer Reform gemacht hat. Unser Verband thematisiert seit langem die Notwendigkeit einer Neustrukturierung der Notfallversorgung“, kommentiert VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. In dem jetzt veröffentlichten Papier sieht der VKD einen Teil seiner seit etlichen Jahren vertretenen Positionen und Forderungen sowie auch die vorangestellten Zustandsbeschreibungen teilweise bestätigt. Eine Reihe von Empfehlungen sei aus Sicht der Praxis in den Krankenhäusern allerdings – wie bereits in den vorherigen Reformversuchen – nach wie vor nicht umsetzbar. Hier gingen die Experten von sehr optimistischen Vorstellungen aus, die mit den Anforderungen der Praxis nicht vereinbar seien, so der Verband, der sich überzeugt zeigt, dass “sie am Ende der Macht des Faktischen nicht standhalten werden”. Daher sei es aus Sicht des VKD sinnvoll, die Versorgungsrealität rechtzeitig zur Kenntnis zu nehmen und einzubeziehen. Der Verband konstatiert, dass einerseits über die Jahre die Patientenzahlen in den Notaufnahmen der Kliniken deutlich angewachsenen sind. Auf der anderen Seite sei laut ZI (21.04.2021) die Zahl der behandelten ambulanten Notfälle von 9,1 Mio. im Jahr 2018 auf 8,8 Mio. im Jahr 2019 wieder gesunken. “Die Belastung der Kliniken ist damit nach wie vor hoch. Neben den fehlenden gesetzlichen Regelungen und Zuständigkeiten der Kliniken beruht diese Situation vor allem auf dem Mangel an niedergelassenen Haus- und Fachärzten – eine Lücke, die sich stetig vergrößert hat und weiter vergrößern wird”, erklärt der VKD. Bei der Betrachtung der rein medizinischen Möglichkeit zur Versorgung im KV-System werde diese Lage der Praxis regelmäßig ausgeklammert. Dabei stelle sich die Frage, wie dieser Trend absehbar gedreht werden könne. “Realistischer Weise wird das bei allem Optimismus in den nächsten Jahren nicht möglich sein. Das Ignorieren dieser Tatsache führt die Experten zu einer Reihe von Vorschlägen, die nicht umsetzbar sein werden. Es ist wie mit dem berühmten Zitat Goethes, der formulierte: ‘Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande'”, kommentiert der VKD. Dazu gehöre, dass die Festlegung, ob eine ambulante Behandlung von Vertragsärzten oder im Krankenhaus erfolgt, für alle Patientinnen und Patienten am Krankenhaus stets in der Verantwortung der KVen liegen soll. So heißt es: „An den Standorten von stationären Notfallaufnahmen erfolgt eine vorstationäre vertragsärztliche Einschätzung der Krankheitsschwere, soweit keine vitale Gefährdung erkennbar ist.“ Falls nötig, könnten einfache diagnostische Leistungen vom Krankenhaus angefordert werden. Gegebenenfalls könne die KV auch Klinikpersonal mit dieser Aufgabe betrauen. Der VKD: “Die Klinik als Dienstleister der Kassenärztlichen Vereinigung, die sowohl über die medizinisch-technische Infrastruktur als auch über das Klinikpersonal verfügt? Dies löst bei den Kliniken ein erhebliches Störgefühl aus – und würde umgekehrt von KV-Seite genauso wahrgenommen. Hier Kompetenzen einfach zu ignorieren – die seit Jahren durch faktisches Tun patientenorientiert unter Beweis gestellt wurden – um diese an eine Organisation zu übertragen, die strukturell und personell immer weniger dazu in der Lage ist, diese Aufgaben zu erfüllen, ist nicht der Weisheit letzter Schluss.” Hinzu komme, dass die meisten niedergelassenen Ärzte dies selbst nicht wollen, ist der Verband überzeugt. Auch der Lösungsvorschlag des Panels, die KV könne, wenn Vertragsärzte nicht zur Verfügung ständen, das Krankenhaus zur vertragsärztlichen Behandlung ermächtigen, geht nach Angaben des Verbandes in diese Richtung. “Die Praxis vor allem in ländlichen Regionen zeigt heute bereits, dass die ambulante Notaufnahme fast ausschließlich von Krankenhäusern übernommen wird, da niedergelassene Ärzte dafür nicht mehr bereitstehen – auch ohne spezielle „Ermächtigung“ der KV”, so der Verand. Der VKD fordert, dass die Länder im Rahmen der Landeskrankenhausplanung darüber entscheiden, welche Krankenhäuser die Versorgungsverantwortung für die ambulante Notfallversorgung übernehmen. Zumal die Länder auch die Aufsicht über die KVen in ihrer Verantwortung hätten. Zudem sei endlich eine auskömmliche Vergütung zu regeln. Es könne nicht sein, dass die Kliniken für ihre Patientenorientierung über viele Jahre deswegen auch noch Milliardenbeträge an Defiziten zu akzeptieren haben. “Eine Vereinbarung zwischen Land und Kassenärztlicher Vereinigung ohne Beteiligung der Krankenhausseite, die hier erhebliche Leistungen zu erbringen hätte, kann nicht im Sinne einer flächendeckenden, gut funktionierenden ambulanten Notfallversorgung sein.”, so der VKD. Wissen und Erfahrungen der Praktiker einbeziehen Der VKD begrüßt zudem, dass im Papier der Bertelsmann Stiftung vorgeschlagen wird ein „Fachkundiges Gremium“ (FG) zu bilden, mit Expertise von den Krankenkassen, den KVen, den Krankenhausgesellschaften, der Gesundheitsministerkonferenz, der Innenministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden. „Wir erwarten als Verband der Praktiker im Krankenhausmanagement allerdings, dass in diesem Gremium auch Expertise und Praxiskenntnis aus dem Krankenhausmanagement eine erhebliche Rolle spielen müssen“, so. Düllings und forderte weiter Aspekte im Papier noch genauer zu betrachten. “Wir haben inzwischen genügend Regelungen und Gesetze erlebt, die vom grünen Tisch aus erarbeitet und entschieden wurden. Das sollte hier nicht passieren“, so Düllings.
Mehr erfahren zu: "Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen" Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen Eine neue internationale Studie konnte nun die Schritte entschlüsseln, die das menschliche Becken im Laufe von Millionen von Jahren so veränderten, dass zweibeiniges Gehen möglich wurde.
Mehr erfahren zu: "Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt" Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz eines kleinen Moleküls als Blocker zur Hemmung des SUMO2-Proteins eine erfolgreiche Strategie gegen Synovialsarkome sein könnte.
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]