Ambulante Versorgung im Wandel: ePA und eVerordnung3. Mai 2025 Foto: pureshot – stock.adobe.com Die elektronische Patientenakte (ePA) ist gestartet, jedoch mit Startschwierigkeiten, während die eVerordnung von Hilfsmitteln noch im Startblock steht. Auf dem VSOU wurde über den Stand der Dinge dieser wichtigen digitalen Zukunft im Gesundheitswesen berichtet. Einen Tag nach dem bundesweiten Start der ePA am 29. April wurde bereits verkündet, dass der Chaos Computer Club (CCC) eine neue Sicherheitslücke entdeckt habe, die die gematik inzwischen aber wieder geschlossen hat. Offenbar war man über elektronische Ersatzbescheinigungen für Versichertenkarten an Informationen gelangt, um auf einzelne ePA zuzugreifen. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach äußerte sich dazu in einer Pressemitteilung: „In der Frühphase des ePA-Starts war mit solchen Angriffsszenarien zu rechnen. Ich bin der gematik dankbar, dass sie auf die ersten Hinweise direkt reagiert und die Sicherheitslücke geschlossen hat.“ Die ePA müsse sehr gut geschützt und Massenangriffe auf Patientendaten grundsätzlich ausgeschlossen bleiben, so der Minister weiter. Einen Tag später stand die ePA auch auf dem VSOU im Rahmen einer berufspolitischen Session zum digitalen Wandel in der Ambulanten Versorgung zur Diskussion. Die Aufgabe, einen Überblick zu den Vorteilen und Schwächen der ePA darzustellen, übernahm das Mitglied des KBV-Vorstandes, Dr. Sibylle Steiner, die ihren Vortrag unter die Überschrift „Fortschritt mit Hürden“ stellte. Wer legt was in die eAkte ein? Seit 15. Januar haben alle Gesetzlich Versicherten eine ePA und rund fünf Prozent haben gegen über ihrer Krankenkasse widersprochen, Ärzte und Psychotherapeuten sind verpflichtet, die ePA mit aktuellen Behandlungsdaten zu füllen, berichtete Steiner. Der Unterschied zur Behandlungsdokumentation sei, dass die ePA nicht ausschließlich arztgeführt, sondern versichertengeführt sei, inklusive Widerspruchsmöglichkeiten. Um Patienten nicht zu verunsichern, gehörten keine Verdachtsdiagnosen in die Akte, nur klare Befunde, denen eine Anamnese vorausgegangen sei oder Laborbefunde, bildgebende Diagnostik oder elektronische Arztbriefe dürften von den Ärzten abgelegt werden, betonte sie. Des Weiteren speisten Kliniken Entlassbriefe und Befunddaten sowie Kassen Abrechnungsdaten oder ältere Befunde auf Wunsch der Patienten ein. Die Befüllung der elektronischen Medikationsliste erfolge automatisch. Die Versicherten schließlich könnten selbst ältere Befunde oder Vitalparameter einpflegen. Drei mit dem BMG abgestimmte Kernbotschaften Die KBV-Vorständin richtete in ihrem Vortrag drei Kernbotschaften an die Ärztinnen und Ärzte. Erstens begründe die ePA keine neuen Berichtspflichten, zweitens habe der Gesetzgeber eine unverhältnismäßige Sanktionierung von Ärzten ausgesetzt, wenn sie ohne eigenes Verschulden ihren Berichtspflichten aus beispielsweise technischen Gründen nicht nachgekommen sind und drittens: „Es gibt keine gesetzliche Befüllungspflicht bei Kindern und Jugendlichen, denn deren Schutz und das Kindeswohl gehen vor.“ Schwachstellen, die es noch zu bereinigen gilt Steiner berichtete zudem von den Schwachstellen aus der Pilotphase, an der rund 230 Praxen in vier Modellregionen teilgenommen haben. Nach einem ruckeligen Start zu Beginn hätten inzwischen 98 Prozent der Teilnehmenden die ePA zwar erfolgreich getestet, doch es fehle noch immer die Testung in der Masse sowie eine Evaluierung des Zusammenspiels ePA nutzender Praxen untereinander, deshalb sei es auch gut, dass die verpflichtende Nutzung der ePA für alle Leistungserbringer bis zum Oktober verlängert worden sei. Schwächen gebe es auch bei verschiedenen Praxisverwaltungssystemen (PVS) mit unterschiedlich guten Umsetzungen. Etwa, ob der automatische Austausch der elektronischen Medikationslisten über die Krankenkassen funktioniere, sei nicht klar. „Erleichtert haben wir hier aber die positive Rückmeldung der Apotheken zur Kenntnis genommen“, so Steiner. Ebenfalls nicht überall gut umgesetzt seien ein wünschenswerter „Einmal-Klick“ bei Standardabläufen, die Konvertierung von PDF-Dokumenten und auch die Suchfunktion sei noch verbesserungswürdig, erläuterte die KBV-Vorständin. Unklarheiten meldeten zudem Ärzte aus dem Publikum an: So wurde die Frage gestellt, in welchem Zeitraum sie denn die Akte befüllen müssen. „90 Tage gibt ihnen der Patient das Zugriffsrecht auf seine ePA“, erläuterte Steiner. D-Ärzte im Publikum sahen weitere Probleme, da sie auf Wunsch des Patienten verpflichtet werden sollen, die eAkte zu befüllen. Doch wem gehören die Röntgenbilder, dem Arzt oder dem Patienten? Dies sei ein juristisches Problem. eVerordnung Hilfsmittel steht in den Startlöchern Die eVerordnung (eVO) für Hilfsmittel steht derweil in den Startlöchern. Durch das Pilotprojekt eGesundheit Deutschland soll auch die Hilfsmittelversorgung digital gestaltet werden. Warum mitmachen lohnt, erläuterte Klaus Rupp, Leiter des Fachbereiches Versorgungsmanagement im Geschäftsbereich Versorgungsinnovation von der Techniker Krankenkasse Hamburg in seinem Vortrag. Mit der Gründung von eGesundheit, an der sieben große Krankenkassen in Deutschland beteiligt sind, wolle man die negativen Erfahrungen, die bei der Einführung digitaler Neuerungen wie der eAU und dem eRezept gemacht wurden, nicht wiederholen, sagte Rupp. „Wir sind nun online und die ersten Verordnungen wurden erstellt. Derzeit haben wir mehr als 200 Sanitätshäuser und rund 50 Ärzte im Pilotprojekt“, so der Kassenvertreter. Jetzt suche man weiter freiwillige Tester, die ähnlich wie bei einem Selektivvertrag nun ihre Erfahrungen in das Projekt einfließen lassen, um schlechte Prozesse zu verbessern und das Produkt für die Praxis weiterzuentwickeln, damit dieses 2027 auch funktioniere, erläuterte er. So sieht die ideale Zukunft der eVO aus Im besten Fall laufe es dann folgend ab: Eine Patientin verletzt sich und benötigt nach der Behandlung durch eine Orthopädin Krücken. Diese öffnet das Hilfsmittel(HiMi)-Modul und wählt die passende Produktnummer im PVS aus. Mithilfe einer Plausibilitätsprüfung stellt sie für die Patientin eine eVO aus, die diese auf ihrer App empfängt und von ihr an einem teilnehmenden Sanitätshaus ihrer Wahl weitergeleitet wird. Das entsprechende Sanitätshaus nimmt die eVO über eine Plattform des elektronischen Kostenvoranschlags (eKV) an und prüft sowohl die Richtigkeit als auch die Genehmigungspflicht. Ist die eVO genehmigunspflichtig, wird dies von der Kasse der Patientin geprüft und freigegeben. Sobald das Sanitätshaus die eVO angenommen hat, erhält die Patientin ein Status-Update in ihrer App und wird vom Sanitätshaus informiert, dass sie die Krücken abholen kann. Im Sanitätshaus quittiert sie den Empfang der Krücken, damit die eVO schließlich abgerechnet werden kann. Vorteile für die Teilnehmenden an der Pilotphase Die Teilnahme an der Pilotphase bringt Rupp zufolge viele Vorteile. „Das Hilfsmittelverzeichnis wird in das PVS integriert und ermöglicht so eine Freitextsuche für das passende Hilfsmittel mit automatischer Übernahme der HiMi-Nummer. Es reduziert die Anzahl der Rückfragen und durch die Ablaufoptimierung wird auf allen Seiten viel Zeit gewonnen“, so Rupp. Zudem würden Papier und Druckkosten eingespart, da die Unterschrift über den elektronischen Heilberufsausweis erfolge. Ein Kraftakt, den es bis 2027 zu stemmen gilt Auf die Frage eines Zuhörers, ob Patienten nun noch eine weitere App auf ihren Mobilgeräten installieren müssten, antwortete Rupp, dass diese App in die ePA integriert werden solle. Ähnlich wie bei einem Identifikationssystem beim Banking sollen die Systeme dann miteinander kommunizieren. Kritische Rückfragen gab es zudem bezüglich des Risikos von nicht funktionierenden Schnittstellen für PVS, ähnlich wie bei der ePA. Ob dies alles bis 2027 wirklich machbar sei, das sei schon herausfordernd und ein Kraftakt, gab Rupp zu. (hr)
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