Ambulantisierung: Großes Potenzial in vielen Krankenhaus-Leistungsgruppen2. Dezember 2025 Foto: momius/stock.adobe.com 60 Prozent der derzeit noch stationär behandelten Fälle könnten auch ambulant versorgt werden. Das zeigt eine Analyse des des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Die Studie quantifiziert Potenziale für Ambulantisierung in einzelnen Leistungsgruppen. Ziel der Analyse war es, verschiedene Ansätze zur Ambulantisierung quantifizierbar zu machen und zu einer Gesamtanalyse auf Ebene der Leistungsgruppen zusammenzuführen. Auf Basis der Abrechnungsdaten sämtlicher vollstationärer Krankenhausfälle von AOK-Versicherten im Jahr 2024 hat das Autorenteam um den Leiter des Forschungsbereiches Gesundheitspolitik/Systemanalysen im WIdO, Robert Messerle, für jeden stationären Fall die mögliche Zuordnung zu einem der betrachteten Ambulantisierungsansätze geprüft. Um das Gesamtpotenzial zu berechnen, wurde jeder abgerechnete Krankenhausfall nur genau einem dieser Ansätze zugeordnet. Im Ergebnis können nach Berücksichtigung aller Optionen etwa 60 Prozent der Krankenhausfälle des Jahres 2024 einem der Ambulantisierungspotenziale zugeordnet werden. Dies entspricht hochgerechnet über 8 Millionen GKV-Fällen. Große Unterschiede im Ambulantisierungspotenzial In der Analyse der Leistungsgruppen zeigten sich große Unterschiede im Ambulantisierungspotenzial: Während in der Leistungsgruppe für Herzkatheter-Behandlungen (Ablationen) und elektrophysiologische Untersuchungen (EPU) mehr als 80 Prozent der Behandlungen ambulantes Potenzial aufweisen, geht das Ambulantisierungspotenzial im Falle der Leistungsgruppe zur Schlaganfall-Behandlung in Stroke-Units gegen Null. In 15 der 21 fallzahlstärksten Leistungsgruppen konnten über 50 Prozent der Fälle als potenziell „ambulantisierbar“ identifiziert werden. Für die mit Abstand fallzahlstärksten Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ werden jeweils etwa 60 Prozent der Fälle als ambulantes Potenzial identifiziert. Bezogen auf die Belegungstage und die Ausgaben für die Behandlung liegt das Potenzial zur Ambulantisierung laut der WIdO-Analyse etwa ein Drittel niedriger als bei den Fallzahlen. Es bewegt sich aber mit ungefähr 40 Prozent weiterhin in einer relevanten Größenordnung. Fortschreiben der Vorhaltevergütung auf Basis aktueller Leistungsmengen „nicht zielführend“ „Die erstmals durchgeführte Berechnung der Potenziale auf Ebene der Leistungsgruppen kann den Verantwortlichen für die Krankenhausplanung in den Ländern wichtige Hinweise liefern, welche Leistungsbereiche im Rahmen einer zukunftsfähigen Versorgungsstruktur zielgerichteter in anderen Bereichen versorgt werden könnten. Wenn Leistungen, die ambulant erbracht oder durch eine bessere ambulante Versorgung ganz vermieden werden können, weiterhin für stationäre Strukturen geplant werden, zementiert das strukturelle Ineffizienzen“, betont WIdO-Geschäftsführer Dr. David Scheller-Kreinsen. „Gerade in den Leistungsgruppen der Grundversorgung wird sich entscheiden, ob die überdurchschnittlich hohen Zahlen stationärer Behandlungen in Deutschland nachhaltig gesenkt werden können“ ergänzt Scheller-Kreinsen. Die Analyse des WIdO habe auch Relevanz für die Weiterentwicklung der Vorhaltevergütung. „Sie zeigt, dass eine simple Fortschreibung der Vorhaltevergütung auf Basis der aktuellen Leistungsmengen nicht zielführend ist. Die Analysen machen deutlich, dass für viele Leistungsgruppen eine Anpassung der Vorhaltefinanzierung entlang der Ambulantisierungspotenziale zwingend ist, die oftmals im mittleren zweistelligen Prozentbereich liegen. Hier wären stattdessen moderne und interprofessionelle, ambulante Versorgungsstrukturen die geeignetere und effizientere Lösung.“ Daten-Basis der Analyse In der Analyse wurden verschiedene Ambulantisierungs-Ansätze berücksichtigt: Hybrid-DRG-Kataloge der Jahre 2024 bis 2026 zur sektorengleichen Vergütung ambulanter Leistungen aktueller Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzende Eingriffe in Krankenhäusern (AOP-Katalog) in einem IGES-Gutachten von 2022 definierten zusätzlichen Leistungen zur Ergänzung des AOP-Kataloges potenziell auch ambulant behandelbaren stationären Notfälle mit relativ geringer medizinischer Dringlichkeit und geringem Ressourcenbedarf vermeidbare Krankenhausfälle mit sogenannten „ambulant-sensitiven“ und „pflegesensitiven“ Haupt-Diagnosen.
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