AMD: Neues genetisches Risiko für schwere Verlaufsformen identifiziert

Eine australische Studie hat einen entscheidenden Unterschied in den genetischen Veränderungen bei AMD-Patienten mit retikulären Pseudodrusen aufgezeigt. Ein Bild der äußeren Netzhaut, das retikuläre Pseudodrusen über dem retinalen Pigmentepithel zeigt. Abb.: © Prof. Erica Fletcher/University of Melbourne

Australische Forscher haben spezifische genetische Veränderungen identifiziert, die das Risiko für schwere Formen der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD) erhöhen.

Die neue Studie enthüllt spezifische genetische Faktoren, die mit dem Vorhandensein von retikulären Pseudodrusen in Verbindung stehen. Diese Ablagerungen sind bei bis zu 60 Prozent der Menschen mit fortgeschrittener AMD auf der Netzhaut zu finden. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Geleitet wurde die Forschung vom Centre for Eye Research Australia, Melbourne, Australien, dem Walter and Eliza Hall Institute (WEHI), Prakville, Australien, und der University of Melbourne, Melbourne, Australien. Die Studie bietet den Autoren zufolge einen vielversprechenden neuen Ansatzpunkt für Behandlungen der schwersten Formen der AMD, einschließlich der geografischen Atrophie.

Unterschied in genetischen Veränderungen bei AMD-Patienten mit retikulären Pseudodrusen identifiziert

Weltweit leiden mehr als 196 Millionen Menschen an AMD. Damit ist sie eine der Hauptursachen für irreversible Erblindung bei Menschen über 50 Jahre. Im Frühstadium der Erkrankung ist es schwierig vorherzusagen, wer am stärksten von Sehverlust bedroht ist. Auch wann mit einer Behandlung begonnen werden sollte, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur schwer abschätzen. Aktuelle Therapien können lediglich das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen, wenn bereits erhebliche Schäden aufgetreten sind.

Unter der Leitung eines australischen Forschungsteams hat eine umfangreiche internationale Studie einen entscheidenden Unterschied in den genetischen Veränderungen bei Patienten mit retikulären Pseudodrusen aufgezeigt. Demnach wurde ein deutlicher Zusammenhang mit genetischen Variationen auf Chromosom 10 festgestellt. Auf Chromosom 1 hingegen ließ sich kein Bezug zu anderen bekannten Genveränderungen der AMD nachweisen.

Zudem zeigten Augenscans von Patienten mit dieser genetischen Variante eine dünnere Netzhaut. Dieser Befund rechtfertigt nach Ansicht der Autoren weitere Untersuchungen.

AMD erfordert maßgeschneiderte Therapieansätze

Die Co-Leiterin der Studie, Prof. Robyn Guymer vom Centre for Eye Research Australia, betonte, die Ergebnisse würden unterstreichen, dass AMD keine einheitliche Erkrankung sei. Vielmehr handle es sich um eine Gruppe verwandter Erkrankungen, die möglicherweise maßgeschneiderte Therapieansätze erforderten.

 „Retikuläre Pseudodrusen-Ablagerungen, die in Augen-Scans sichtbar sind, wurden mit einer schlechteren Sehfunktion und schlechteren Behandlungsergebnissen in Verbindung gebracht“, berichtete Guymer.

„Nun hat unsere Forschung herausgefunden, welche genetischen Veränderungen offenbar diese schwerwiegendere Form der AMD verursachen. Diese Entdeckung liefert einen entscheidenden Anhaltspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente, die auf diese Veränderungen abzielen. Möglicherweise verhindert dies den Verlust der Sehkraft, bevor er einsetzt.“

Genetische Veränderungen auf Chromosom 10 liefern neue Therapieansätze

Die Co-Leiterin Prof. Melanie Bahlo vom WEHI betonte, dass es sich um die erste genomweite Analyse der genetischen Ursachen von retikulären Pseudodrusen handele. „Im Jahr 2005 stellten Forscher erstmals einen Zusammenhang zwischen Veränderungen auf Chromosom 1, darunter dem Komplementfaktor-H-Gen (CFH) als Teil des Immunsystems, und AMD her“, erklärte Bahlo. „In jüngster Zeit haben neue Behandlungen, die auf diese Veränderungen abzielen, mäßige Erfolge bei der Verlangsamung der Krankheit gezeigt.“

Weiter führte Bahlo aus: „Unsere Studie ist die erste, die darauf hindeutet, dass retikuläre Pseudodrusen-Ablagerungen durch Signalwege im Zusammenhang mit Chromosom 10 verursacht werden – und nicht durch die bekannten AMD-bezogenen Gene auf Chromosom 1.“ Diese Erkenntnis sei „bedeutend“. Denn sie zeige, „dass untersucht werden muss, wie genetische Veränderungen auf Chromosom 10 die Netzhautstruktur beeinflussen. Auch müssen Therapien entwickelt werden, die über die Komplementfaktoren hinausgehen, um die Bildung von Ablagerungen auf der Netzhaut zu verhindern, die das Sehvermögen gefährden.“

Die Forschung wurde durch einen Synergy Grant des National Health and Medical Research Council finanziert.

(sas/BIERMANN)