Andrologie-Kongress: BMBF fördert Forschung zur reproduktiven Gesundheit15. September 2022 Azoospermie (l.) und normales Spermiogramm. Fotos: Saiful52 – stock.adobe.com Bei der 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA) betonten die Experten, dass andrologische Erkrankungen als Volkskrankheiten nicht zu unterschätzen seien. Forschungsförderung gibt es jetzt erstmals vom Bund. Nach zwei Online-Kongressen blickt die DGA auf eine erfolgreiche 34. Jahrestagung in Präsenz zurück: Vom 8. bis 10. September 2022 diskutierten in Gießen mehr als 140 Androloginnen und Andrologen aus Forschung und Klinik, vor allem aus den Fachgruppen Urologie, Endokrinologie und Dermatologie sowie der Reproduktionsmedizin wieder persönlich vor Ort Aktuelles aus ihrem interdisziplinären Fachgebiet. Aus der Universitätsstadt kommt der Appell, andrologische Erkrankungen in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzen, aber auch die Nachricht über ein erstes Programm des Bundes zur Forschungsförderung für die reproduktive Gesundheit. „Als Veranstalter freuen wir uns über Teilnehmerzahlen wie vor Corona und sehen erneut bestätigt, dass der persönliche wissenschaftliche Austausch nicht zu ersetzen ist“, betonen DGA-Präsidentin Prof. Sabine Kliesch und Tagungspräsidentin Prof. Daniela Fietz. Als Präsidentin der Fachgesellschaft kritisierte Kliesch in Gießen fehlende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, der Politik und der Forschungsförderung für die Andrologie insgesamt und im Besonderen für das Themengebiet der Reproduktionsmedizin. „Potenzstörungen, Hormonmangelerkrankungen des Mannes und Fruchtbarkeitsstörungen sind Volkskrankheiten. Sie betreffen Millionen von Menschen, ihre Häufigkeit des Auftretens ist vergleichbar mit z.B. kardiovaskulären Erkrankungen oder dem Steinleiden. Die männliche Fruchtbarkeit wird zunehmend durch sozio-ökonomische Faktoren, aber auch durch Umwelteinflüsse und angeborene Störungen negativ beeinflusst und in der Konsequenz steigen die Fertilitätsbehandlungen. Dennoch fokussiert die Forschungsförderung stark auf Tumorerkrankungen – und lässt die Forschung am Ursprung des Lebens weitgehend außer Acht“, so die DGA-Präsidentin und Chefärztin der Abteilung für Klinische und Operative Andrologie am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA) an der Universität Münster. Bisher förderte nur die Deutsche Forschungsgemeinschaft übergreifende Forschungsverbünde im Bereich der Reproduktion. BMBF legt erstes Förderprogramm für die reproduktive Gesundheit auf Doch am 02.09.2022 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein erstes Programm zur Förderung von interdisziplinären Nachwuchszentren für die reproduktive Gesundheit an universitätsmedizinischen Standorten in Deutschland veröffentlicht. Damit tragen die Anstrengungen des 2019 gegründeten Netzwerks Reproduktionsforschung offenbar Früchte: Die Wissenschaftler betonen in ihrem „Essener Manifest“, dass die reproduktive Gesundheit eine wesentliche Basis für die Gesundheit unserer Gesellschaft bildet und dass die Reproduktionsforschung, die in besonderem Maße interdisziplinär und translational ist, in Deutschland durch die Etablierung von Forschungsverbünden langfristig gestärkt werden müsse. Reproduktion und reproduktive Gesundheit sind demnach zentrale Bedürfnisse und Rechte des Menschen. „Das Netzwerk ist davon überzeugt, dass dieses Programm eine einzigartige Chance für uns ist, nachhaltige Strukturen für die Forschung zu schaffen und dass damit die Reproduktionsmedizin/biologie in Deutschland insgesamt erheblich gestärkt wird“, sagt Kliesch. Wann ist es erfolgversprechend, Spermien aus dem Hoden zu gewinnen? Hoffnung erweckende Nachrichten gab es in Gießen auch aus dem Gebiet der Reproduktionsgenetik, die bei der Diagnostik der männlichen Infertilität eine immer größere Rolle spielt. So konnte die Forschung inzwischen rund 120 Gene identifizieren, die für eine Fruchtbarkeitsstörung verantwortlich sind. Bei Patienten ohne Spermien im Ejakulat (Azoospermie) erlaubt die moderne Gendiagnostik eine Prognose, ob eine Spermiengewinnung aus den Hoden für eine künstliche Befruchtung angezeigt ist, oder ob es keine Aussicht auf einen Behandlungserfolg gibt. In diesen Fällen können unnötige Operationen vermieden werden. Mit dem neuen „Catsper-Test“ können heute zudem Genveränderungen identifiziert werden, die einen Bauplandefekt der Spermien anzeigen. Bei diesen optisch normalen und normal beweglichen Spermien ist ein Ionenkanal gestört, weshalb sie die Eizelle weder auf natürlichem Weg noch mithilfe einfacher Befruchtungsverfahren befruchten können. Paare, bei denen der Mann die zugrundeliegende Genveränderung hat, können ausschließlich mittels einer assistierten Befruchtung durch die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ein Kind bekommen. Diese Entdeckung erspart Betroffenen viele vergebliche Behandlungsversuche. „Jetzt gilt es, diese modernen genetischen Untersuchungen in der klinischen Routine zu implementieren und für jeden Patienten zugänglich zu machen“, resümiert Tagungspräsidentin Prof.Daniela Fietz, Institut für Veterinär-Anatomie, -Histologie und -Embryologie, Justus-Liebig-Universität Gießen. Wie wichtig die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die medizinische Versorgung ist, hat die DGA mit ihrem diesjährigen Kongressmotto „From Bench to Bedside and vice versa – Grundlagenforschung und ihre Anwendung in der klinischen Andrologie“ deutlich gemacht. (Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Andrologie / ms)
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