Angestellt oder eigene Praxis – wie würden sich Ärzte heute entscheiden?

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Fast ein Fünftel der Praxisinhaber würden eine angestellte Tätigkeit der Niederlassung vorziehen, wenn sie sich heute entscheiden müssten, wie eine Fokus-Befragung der Stiftung Gesundheit zeigt. Hauptargument ist die Fokussierung auf die reine ärztliche Arbeit.

„Die Daten bestätigen, was der Virchowbund seit Langem fordert: Die Rahmenbedingungen für die Niederlassung müssen dringend verbessert werden“, betont Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes, in seinem Gastkommentar zu der Befragung an der 761 Ärzte teilgenommen hatten.

Heinrichs Appell an die Politik fordert: „Praxisärzte und -ärztinnen brauchen verlässliche Regeln, die nicht nach zwei Jahren schon wieder außer Kraft gesetzt werden. Der Tsunami an Kassenanfragen, Prüfaufträgen und Dokumentationsvorschriften muss gestoppt werden.“

Forderung an die Politik: Positive Anreize zur Niederlassung setzten

Die Politik müsse positive Anreize zur Niederlassung setzten. Darauf aufbauend brauche es auch intensive persönliche Begleitung und Unterstützung, fordert der Bundesvorsitzende des Virchowbundes.

„Im Virchowbund begleiten wir mehrere hundert Niederlassungen jährlich. Dort hören wir, was junge Ärztinnen und Ärzte sich in der Übergangsphase von der Anstellung in die Selbstständigkeit und in den ersten Jahren als Praxisinhaber wünschen“, berichtet Heinrich.

Der Verband unterstütze sie bei wirtschaftlichen Themen wie Praxisfinanzen, Controlling und Abrechnung, die offenbar in Studium und Weiterbildung immer noch zu kurz kämen, so Heinrich weiter.

Vorteile der Anstellung: Konzentration auf die reine ärztliche Tätigkeit, weniger Bürokratie

Die Ärzte, die eine angestellte Tätigkeit favorisieren, nannten als Hauptargument, dass ihnen diese Beschäftigungsform die Möglichkeit gebe, sich auf die tatsächliche ärztliche Tätigkeit zu konzentrieren (94,0 %).

Neun von zehn Ärzten sehen außerdem ein geringeres Maß an Bürokratie, da sie sich als Angestellte nicht selbst um Abrechnung, Steuerfragen oder andere verwaltungstechnische Themen kümmern müssten. Für mehr als 80 Prozent spielt zudem das planbare und sichere Einkommen eine große Rolle.

Als weiteren Grund gegen eine Niederlassung gaben die Befragten die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Anstellung an. Für letzter spricht für die Teilnehmer außerdem die klarere Trennung zwischen Arbeit und Freizeit.

Der größte Teil der niedergelassenen Ärzte würde sich allerdings auch heute wieder für die eigene Praxis entscheiden. Als Hauptgrund nannten 96,5 Prozent von ihnen die berufliche Selbstbestimmung. Zweitstärkstes Argument war für die Befragten, die eigene Arbeitszeit durch individuelle Festlegung der Sprechzeiten flexibel gestalten zu können.

Heinrich: „Niederlassung bleibt der Goldstandard“

„Die Niederlassung bietet viel mehr Spielraum für die Arzttätigkeit und die eigene Entwicklung“, bestätigt Heinrich – zum Beispiel die freie Wahl von Diagnostik, Therapien und medizinischen Schwerpunkten oder die Möglichkeit, sich intensiver mit seinen Patientinnen und Patienten auseinanderzusetzen.

„Die Niederlassung ist und bleibt daher für Ärztinnen und Ärzte der Goldstandard.“ Vier von fünf befragten Ärzten sähen darin das beste Modell, um medizinisch hochwertige Patientenversorgung und wirtschaftlichen Erfolg unter einen Hut zu bekommen, so Heinrich weiter. (ja/BIERMANN)