Angola: Wildtierhandel bedroht Artenvielfalt und Gesundheit13. August 2025 Wildtierfleisch ist in der Provinz Uíge weit verbreitet und ein wichtiger Bestandteil der lokalen Ernährung. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung konsumieren, mindestens einmal pro Woche Wildtierfleisch. Foto: © Lunis Bolognino de Orth Angola beheimatet eine beeindruckende Artenvielfalt – die Biodiversität des Landes ist jedoch stark durch illegale Jagd, den Verlust von Lebensräumen und den Konsum von Wildtierfleisch bedroht. Dies birgt Gefahren für die menschliche Gesundheit. Ein Forschungsteam, darunter Senckenberg-Wissenschaftler PD Dr. Raffael Ernst, hat den Wildtierhandel in der Provinz Uíge untersucht. Die Forschenden zeigen in ihrer im Fachjournal „Oryx“ veröffentlichten Studie, dass Wildtierfleisch ein wichtiger Bestandteil der lokalen Ernährung ist, jedoch auch eine erhebliche Bedrohung für gefährdete Arten und die menschliche Gesundheit darstellt. Bildungsmaßnahmen und die konsequente Durchsetzung bestehender Gesetze könnten den Konsum begrenzen. Von stattlichen Afrikanischen Elefanten, die durch die Mosaikwälder des Landes ziehen, über bedrohte Spitzmaulnashörner bis hin zu anmutigen Leoparden – Angola bietet Lebensraum für eine bemerkenswerte Vielfalt an Wildtieren. Die Riesen-Rappenantilope (Hippotragus niger variani) findet man sogar ausschließlich in dem an der südwestafrikanischen Atlantikküste liegenden Land – die endemische Art gilt als nationales Symbol. „Derzeit sind 940 Vogel-, 291 Säugetier-, 278 Reptilien-, 111 Amphibien- und etwa 6850 Pflanzenarten aus Angola bekannt. Gleichzeitig ist der Druck auf die Biodiversität und die Wildtierpopulationen in dem afrikanischen Land hoch – illegale Jagd und der Verlust von Lebensräumen sorgen für einen Rückgang der biologischen Vielfalt, welcher sich durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum wohl noch weiter verschärfen wird“, erklärt PD Dr. Raffael Ernst von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort: „Auch der Handel und der Verzehr von Fleisch von Wildtieren stellen eine erhebliche Bedrohung für die Tierwelt Angolas dar.“Gemeinsam mit Forschenden der Universität Kimpa Vita in Angola, der Technischen Universität Dresden und der Universität Hamburg hat der Senckenberg-Wissenschaftler daher erstmalig den regionalen Handel mit Wildtierfleisch in der angolanischen Provinz Uíge untersucht. Erstautor der Studie Lunis Bolognino de Orth besuchte hierfür den dortigen zentralen Lebensmittelmarkt „Praça Grande“ an 38 Tagen, sprach mit Händlern und führte eine quantitative Umfrage unter 204 Bürgern von Uíge durch.„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Wildtierfleisch in der Provinz Uíge weit verbreitet und ein wichtiger Bestandteil der lokalen Ernährung sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten ist. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung konsumieren mindestens einmal pro Woche Wildtierfleisch, und 23 Prozent gehen regelmäßig auf die Jagd. Im Untersuchungszeitraum wurde auf dem Markt in Uíge Fleisch von insgesamt 1.524 Wildtieren 16 verschiedener Arten verkauft – das entspricht einem täglichen Durchschnitt von 40 Tieren“, erläutert Bolognino de Orth. Überwiegend wurden Blauducker, Rotschwanzmeerkatzen, Afrikanische Quastenstachler und Kronenducker zum Verkauf angeboten. Aber auch Nilflughunde, Kaffernbüffel und Nördliche Felsenpythons waren an den Marktständen zu finden. Von den 16 Arten, die auf dem zentralen Markt von Uíge registriert wurden, fallen sechs in eine mittlere bis hohe Gefährdungskategorie nach den Kriterien der Roten Liste der IUCN. „Die Jagd wird in Uíge weitgehend als Tradition angesehen, und der Verzehr von Wildtierfleisch zählt zur lokalen Kultur. Dies steht allerdings im krassen Gegensatz zu dem wachsenden Interesse an der Erforschung und dem Schutz der biologischen Vielfalt Angolas in den letzten Jahren“, fügt Dr. Thea Lautenschläger von der Universität Hamburg hinzu, die die gemeinsamen Forschungsaktivitäten in der nordangolanischen Provinz bereits seit 2013 koordiniert. Von den 16 Arten, die auf dem zentralen Markt von Uíge registriert wurden, fallen sechs in eine mittlere bis hohe Gefährdungs-kategorie nach den Kriterien der Roten Liste der IUCN – wie dieses Schuppentier. Foto: © Lunis Bolognino de Orth Neben dem Verlust der Biodiversität, birgt der Verzehr von Fleisch von Wildtiermärkten auch eine erhebliche Gefahr für die in Angola lebenden Menschen. Insbesondere der Konsum von Primaten- und Fledermausfleisch steht im direkten Zusammenhang mit dem Auftreten von zoonotischen Krankheiten in Afrika – insbesondere in ländlichen Gebieten, die medizinisch oft stark unterversorgt sind. In den Jahren 2004 und 2005 war die Provinz Uíge beispielsweise das Epizentrum des weltweit größten und tödlichsten Ausbruchs des Marburgfiebers, einer viralen Infektionskrankheit. Mehr als 270 Menschen infizierten sich und über 200 Todesfälle mussten beklagt werden. „Eine strengere Durchsetzung des Umweltrechts und eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten würden daher auch direkt zur Verbesserung der nationalen Gesundheitsversorgung beitragen“, meint Ernst.Zusätzlich zu einer konsequenten Durchsetzung bestehender Umweltgesetze sei es enorm wichtig alternative Lebensgrundlagen für Menschen zu schaffen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Wildtierhandel bestreiten oder auf die Jagd zur Nahrungsbeschaffung angewiesen sind, so das Forschungsteam. Hoffnung macht den Wissenschaftlern, dass ihre sozioökonomischen Analysen einen eindeutigen Trend zu einem rückläufigen oder reflektierten Konsum unter der städtischen Bevölkerung und insbesondere unter jungen Studierenden aufzeigen. Um sicherzustellen, dass ein nachhaltiges Umdenken stattfinden kann, sei es unerlässlich, erheblich in den Bildungssektor zu investieren und ein Bewusstsein für die Gefahren durch den Wildtierfleischkonsum zu schaffen. „Wir wünschen uns und hoffen darauf, dass die heranwachsende Generation junger Angolaner und Angolanerinnen auf eine grundlegende Änderung des derzeitigen – recht trägen – rechtlichen Systems drängen und sich aktiv für einen bewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Ökosysteme und der Wildtierpopulationen einsetzt“, schließt Ernst.
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