Anhock-Spreizstellung beim Tragen fördert gesunde Entwicklung der Babyhüfte24. Mai 2018 © easycare, fotolia.com Babys werden von ihren Eltern gerne am Körper getragen, um ihnen ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln. Richtig getragen, wird auch die gesunde Ausbildung der Babyhüfte gefördert, darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) hin. Laut der Fachgesellschaft werden beim “richtigen Tragen” die Beine des Säuglings auseinandergespreizt und die Knie befinden sich angewinkelt auf Nabelhöhe. Diese Anhock-Spreizstellung der Hüften entspricht auch der natürlichen Stellung im Mutterleib. Die Oberschenkelknochen wirken in dieser Haltung mit ihren Hüftköpfen optimal auf die Hüftpfannen ein. Richtig gebundene Tragetücher und ausgewählte Tragehilfen unterstützen diese hüftfreundliche Haltung. „Eine gesunde Hüfte im Kindesalter ist die Grundlage für ein schmerzfreies Leben im Alter“, sagt Prof. Werner Siebert, Präsident der DGOU und Ärztlicher Direktor der Vitos Orthopädische Klinik Kassel. “Nach der Geburt ist die Kinderhüfte noch nicht fertig, sondern großenteils nur knorpelig vorgebildet. Sie ist deshalb in den ersten sechs Lebensmonaten sehr empfindlich. Bis zum Laufbeginn mit 18 Monaten ist sie sehr formbar. Bildet sich die Hüfte nicht richtig aus, dann liegt eine Hüftdysplasie vor: Hüftkopf und -pfanne passen nicht optimal zusammen. Dabei wird der Hüftkopf nur zum Teil von der Pfanne überdacht – und nicht wie normalerweise in seiner gesamten Breite. In seltenen Fällen ist die Pfanne so schlecht entwickelt, dass sie den Hüftkopf nicht halten kann. Es kommt zur Hüftluxation: Die Hüfte renkt aus”, erklären die DGOU-Experten. Das Tragen der Kinder in der Anhock-Spreizstellung unterstützt die ordentliche Ausreifung der empfindlichen Babyhüfte. Umgekehrt kann das Tragen in Streckstellung mit zusammengedrückten Beinen die Hüftentwicklung verzögern und schaden. „Bei gestreckten Oberschenkeln wird die Pfanne an ihrer empfindlichsten und schwächsten Stelle belastet. Der knorpelige Anteil der unreifen Pfanne gibt nach. Sie wird verformt und dysplastisch“, sagt Prof. Robert Rödl, 1. Vorsitzender der DGOU-Sektion „Vereinigung für Kinderorthopädie“ und Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster. Deshalb müsse die Entwicklung der Hüfte unbedingt beobachtet werden. Entscheidend seien die rechtzeitigen U-Untersuchungen des „Gelben Heftes“. Dabei werden die Hüften von Kindern mit Risikofaktoren bereits bei der U2 innerhalb des dritten bis zehnten Lebenstages schonend mit Ultraschall untersucht. Alle anderen Kinder erhalten den Hüft-Ultraschall bei der U3 in der vierten bis fünften Lebenswoche. „Das Hüftultraschall-Screening ist ein wahrer Segen. Früher waren viel mehr Operationen nötig, weil man die entscheidende Phase verpasst hat“, sagt Rödl. Die Hüftsonographie zeigt an, ob eine Therapie nötig ist, bevor unwiederbringliche Schäden entstanden sind. „Je früher wir Schäden erkennen, umso kürzer und schonender ist die Therapie“, betont Rödl. Bei einer rechtzeitig erkannten Hüftdysplasie erfolge die Therapie konservativ, also nicht operativ: Die Stellung der Oberschenkel in Anhock-Spreizstellung werde dabei für die gute Pfannenausbildung der Hüfte genutzt. Das Tragetuch reiche dann aber nicht mehr aus – es kommen Schienen und Gipshosen zur Anwendung, die 24 Stunden am Tag wirken. “Dysplastische Hüften, die erst nach dem zweiten Lebensjahr erkannt werden, können nur noch durch eine Beckenoperation korrigiert werden. Selbst bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann noch am Becken korrigiert werden, aber die Operation ist dann aufwändiger”, erklären die DGOU-Experten weiter. Werde die Hüftdysplasie nicht korrigiert, führe dies zu vorzeitigem Verschleiß. Dann könne auch schon in jungen Jahren der Ersatz durch ein neues Hüftgelenk nötig werden. Dies werd durch eine frühe Erkennung und sofortige schonende Therapie – am besten direkt nach der Geburt – spätestens im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U2 beziehungsweise U3 verhindert, so die Experten. Hintergrund: Etwa zwei bis vier von hundert Kindern kommen mit behandlungsbedürftigen Reifungsstörungen an der Hüfte auf die Welt. Mittels Ultraschall erkennen Orthopäden und Unfallchirurgen die Hüftdysplasie unmittelbar nach der Geburt und können sie frühzeitig ambulant behandeln. Seit 1996 ist das Diagnoseverfahren fester Bestandteil der U2- und U3-Untersuchung. Dass Hüftreifungsstörungen heutzutage früh entdeckt und behandelt werden, wird in Zukunft zu einer deutlichen Reduzierung von Hüftendoprothesen bei Patienten unter 50 Jahren führen. Denn derzeit werden mindestens 15 Prozent infolge unbehandelter Hüftdysplasien eingesetzt. Die Einführung der Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte trägt wesentlich zur Verbesserung der kinderorthopädischen Gesundheitsvorsorge bei.
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