Antibiotika aus dem Meer?29. Juli 2020 Die WissenschaftlerInnen am Institut für Systembiotechnologie der Universität des Saarlandes forschen unter anderem an der Herstellung von Wirkstoffen aus dem Meer. Foto: ©iSBio/Silvia Steinbach Bisher kommen in der Forschung zur Gewinnung von natürlichen Wirkstoffen – etwa Antibiotika – hauptsächlich Bakterien zum Einsatz, die auf der Erdoberfläche beheimatet sind. Bakterien aus dem Meer sind bisher selten im Fokus der Forscher. Dies wollen Biotechnologen mit dem Projekt EXPLOMARE ändern. Es wird vom Bundesforschungsministerium für drei Jahre mit 1,75 Millionen Euro gefördert. „In einem interdisziplinären Ansatz soll eine einzigartige marine Wertschöpfungskette aufgebaut werden“, erläutert Prof. Christoph Wittmann den Grundgedanken des Vorhabens. „Am Ende dieser Wertschöpfungskette sollen neuartige Wirkstoffe aus maßgeschneiderten Zellfabriken der Gattung Streptomyces entstehen“, ergänzt sein Kollege und Projektpartner Pof. Andriy Luzhetskyy. Die Bakterien stammen dabei ebenfalls aus dem Meer, wo sie sich von Meeresalgen „ernähren“ können, die wesentlich schneller wachsen als Mais oder Getreide an Land und damit einen deutlich höheren Biomasse-Ertrag liefern. Algen gelten als einer der zukunftsträchtigsten nachwachsenden Rohstoffe weltweit – können sie doch ohne Dünger, Pestizide und Konkurrenz zu wertvollen Ackerflächen direkt im Meer angebaut werden, wo sie aufgrund ihres schnellen Wachstums bis zu 70 Meter lang werden. Die marinen Bakterien der Gattung Streptomyces sind an hohe Salzgehalte gewöhnt, die vermutlich entscheidend für die effektive Funktion ihrer Naturstoffsynthese-Wege sind. Landlebende Bakterien könnten die gewünschten Wirkstoffe nicht in der Menge und Geschwindigkeit liefern wie die marinen Bakterien. „Wir versuchen dabei, zweierlei Ziele zu erreichen: Zum einen wollen wir erreichen, dass die Streptomyceten den in den Algen enthaltenen Zuckeralkohol besser verstoffwechseln können“, erklärt Wittmann. „Auf diese Weise möchten wir zweitens die Produktion der Naturstoffe steigern, die im Anschluss von den Bakterien ausgestoßen werden.“ Das können Antibiotika sein, antivirale, insektizide oder auch gegen Pilze wirkende (antifungale) Naturstoffe sein. „Die Palette der denkbaren Anwendungen ist sehr groß“, erläutert der Professor für Biotechnologie weiter. In dem Projekt bündeln die Arbeitsgruppen von Wittmann (Institut für Systembiotechnologie) und Luzhetskyy (Pharmazeutische Biotechnologie) der Saar-Uni ihre Expertisen. Luzhetskyys Gruppe ist seit vielen Jahren führend in der Nutzung und Entwicklung von Streptomyceten für die gezielte Naturstoffproduktion. Das Team von Wittmann ist auf das Metabolic Engineering von Zellfabriken, also die Optimierung des Stoffwechsels, für eine nachhaltige Bioökonomie spezialisiert und nutzt dabei erfolgreich auch Rohstoffe aus Meeresalgen. Weitere Kooperationspartner im Verbund sind das saarländische Start-Up-Unternehmen MyBiotech aus Überherrn, welches geeignete Verfahren zur Aufreinigung der teuren Produkte erforschen wird, sowie das Centrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld, welches für das Projekt wesentliche Arbeiten im Bereich der zellulären Analytik durchführen wird. EXPLOMARE hat ein Gesamtvolumen von 1,75 Millionen Euro. Die beiden Arbeitsgruppen der Universität des Saarlandes werden dabei mit rund einer Million Euro gefördert.
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