Antibiotika bei Atemwegserkrankungen: Online-Unterstützung reduziert unnötige Verschreibungen

Foto: © BillionPhotos.com/Fotolia

Forschungsergebnisse vom King´s College London zeigen, dass Allgemeinmediziner weniger unnötige Antibiotika gegen Atemwegserkrankungen verschreiben, wenn sie zu den ausgestellten Rezepten eine elektronische Rückmeldung sowie eine Online-Entscheidungshilfe erhalten.

Verschreibungsdaten des National Health Service (NHS) belegen, dass Allgemeinmediziner in Großbritannien jeden Monat rund 1,8 Millionen Antibiotikatherapien verschreiben, um Atemwegsinfektionen wie Husten, Erkältungen, Bronchitis, Otitis media, Sinusitis und Halsschmerzen zu behandeln – bei Kosten von rund neun Millionen britischen Pfund. Gegen antimikrobielle Wirkstoffe resistente Infektionen auf der anderen Seite führen jedes Jahr allein in Europa und den USA zu mindestens 50.000 Todesfällen. Weltweit sind es laut Schätzungen 700.000. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahlen noch steigen – geschätzt auf 10 Millionen Todesfälle jährlich bis zum Jahr 2050. Das wären dann mehr als durch Krebserkrankungen und Diabetes zusammen.

Die Forscher von der School of Population Health & Environmental Sciences des King´s College London führten eine ein Jahr dauernde Studie durch, an der 79 Allgemeinmediziner-Praxen in ganz Großbritannien teilnahmen. Die Ärzte im Interventionsarm der Untersuchung erhielten ein kurzes Trainings-Webinar, monatliche Feedback-Berichte zu ihren Antibiotika-Verschreibungen für Patienten mit Atemwegserkrankungen sowie einen Online-Zugang zu Materialien, die ihnen bei der Entscheidungsfindung helfen sollten. Für die Studie wurden die anonymisierten elektronischen Krankenakten von mehr als 500.000 Patienten analysiert.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Antibiotika-Verschreibungen durch die teilnehmenden Ärzte um zwölf Prozent insgesamt zurückgingen. Dabei wurde bei einem von 62 Patienten im Alter zwischen 15 und 85 Jahren ein Antibiotikum vermieden. Darauf, dass die Rate schwerer bakterieller Infektionen – Pneumonien oder Scharlach – stieg. Allerdings gingen die Antibiotikaverschreibungen für Kinder (Patienten unter 15 Jahren) nicht zurück – ebenso wenig für Erwachsene im höheren Alter (85 Jahre und älter). Die Autoren der Studie merken an, dass die Verwendung von Antibiotika in diesen Altersgruppen noch näher beurteilt werden müsse.

Zu den Entscheidungshilfen gehörten Informationsmaterial für Patienten und Ärzte. Darin wurde die zu erwartende Dauer von Symptomen thematisiert, Empfehlungen für die Selbstfürsorge und Anleitung dazu gegeben, wann man bei Bedarf wieder den Arzt aufsuchen sollte. Die Informationsmaterialen enthieltne auch erinnernde Hinweise für die Mediziner dazu, wann Antibiotika verschrieben werden sollten und wann nicht.

Hauptautor Prof. Martin Gulliford, Professor für Public Health am King´s College London, sagt: „Der Missbrauch von Antibiotika bringt uns alle in Gefahr. Antibiotika einzunehmen, wenn sie nicht notwendig sind, führt zur Entwicklung resistenter Infektionen, die unter Umständen sehr schwer zu behandeln sind.“

„Diese Studie hat uns gezeigt, dass der Einsatz von Antibiotika abnimmt, wenn man Allgemeinmedizinern mit Informationen zu ihrer Verschreibungspraxis konfrontiert. Wenn man diesen Ansatz extrapoliert und auf eine nationale Ebene bringt, könnte dies dazu beitragen, dass sich weniger Antibiotikaresistenzen entwickeln“, ergänzt Gulliford.