Antibiotikaresistenz in Flüssen: Überraschende Unterschiede entdeckt4. April 2025 Bild: © Enigma – stock.adobe.com Wissenschaftler der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) haben die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in verschiedenen Flusssystemen verglichen. Eine aktuelle Studie liefert wichtige Erkenntnisse über die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen (ABR) in unterschiedlichen Flusssystemen. Die Studie, die von Forscherinnen und Forschern der KL Krems und Partnerorganisationen durchgeführt wurde, verwendet eine umfassende, harmonisierte Methodik, die erstmals für den Vergleich zwischen verschiedenen Flüssen herangezogen wurde. Durch die Analyse von Proben aus vier niederösterreichischen Flüssen zu verschiedenen Jahreszeiten konnten so Resistenzentwicklungen mit einer bisher unerreichten statistischen Sicherheit verglichen werden. Gleichzeitig gelang auch erstmals die Ermittlung einer Basislinie für die ABR-Verschmutzung niederösterreichischer Flüsse. Die Ergebnisse belegen, dass fäkale Verschmutzungen des Menschen ein Hauptfaktor für die Verbreitung von Resistenzgenen in der aquatischen Umgebung sind, deren Art und Ausmaß jedoch – trotz generell geringer Belastung in den untersuchten Flüssen – stark zwischen Flüssen variieren. Das zeigt die Notwendigkeit für gezielte Kontrollen auf, für die die Arbeit der KL Krems nun eine wichtige methodische Grundlage liefert. Oberflächengewässer spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen (ABR). Kläranlagen, landwirtschaftliche Abwässer und andere Verschmutzungsquellen tragen zum Vorkommen von antibiotikaresistenten Bakterien maßgeblich bei. Trotz des zunehmenden Bewusstseins dafür haben bisherige Studien unterschiedliche Methodiken verwendet und sich meistens auf einzelne Wassersysteme konzentriert. Das macht deren Vergleichbarkeit unmöglich. Jetzt lassen Forscherinnen und Forscher der KL Krems mit einem harmonisierten und flussübergreifenden Studiendesign aufhorchen, das eine Vergleichbarkeit der Daten verschiedener Flüsse erlaubt. Individuelle Flüsse „Unsere Forschung zeigt klar, dass die Ausbreitung von ABR in Flüssen stark unterschiedlich ist“, sagt Prof. Alexander Kirschner, Mikrobiologe an der MedUni Wien, der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems sowie stellvertretender Leiter des ICC Water & Health*. „Diese Entdeckung war erst dadurch möglich, dass wir eine umfassende harmonisierte Methodik angewendet haben, die es erlaubt, die Muster von ABR in Fließgewässern zu vergleichen. Dabei haben wir insbesondere auch die Rolle des Wassers selbst und von Biofilmen miteinbezogen.“ Tatsächlich wurde durch den Vergleich jetzt erstmals erkannt, dass die Verschmutzung durch menschliche Fäkalieneinträge zwar generell einen starken Einfluss hat, dass aber auch Faktoren wie Schwermetalle, Antibiotika und die Flussdynamik in unterschiedlichem Ausmaß mit den ABR korrelieren, wobei mögliche kausale Zusammenhänge zunächst nicht untersucht wurden. Grundlage dieser Beobachtung waren Daten aus vier österreichischen Flüssen (Donau, Kamp, Ybbs, Gölsen/Traisen) an jeweils fünf Zeitpunkten in einem Jahr. Diese räumliche und zeitliche Streuung stellte sicher, dass die Interpretation der generellen ABR-Muster nicht durch die Jahreszeit oder standortspezifische Besonderheiten verzerrt wurden. Vergleichbar wurden die Daten dank eines ausgesprochen robusten Studiendesigns. Für dieses wurden über 5.000 Bakterien-Isolate getestet sowie mehr als 100.000 ABR-Tests und über 3.000 Resistenzgenanalysen durchgeführt. Durch die so erzielte Kombination klassischer Kultivierungstechniken für das Bakterium Escherichia coli (ein klinisch hoch relevanter Anzeiger für ABR und für fäkale Verschmutzungen) mit der quantitativen Analyse von Resistenzgenen im Flussmikrobiom gelang ein einmalig detaillierter Einblick. Die Verbindung mit „intelligenter“ genetischer Fäkaldiagnostik ermöglichte auch eine Unterscheidung zwischen menschlichen und/oder landwirtschaftlichen Quellen als Ursache der ABR-Einträge. Die Menge macht’s Im Detail zeigte sich, dass die fäkale Verschmutzung durch den Menschen insbesondere in kleinen Flüssen mit geringerem Wasserdurchfluss ein wichtiger Faktor für die Verbreitung von ABR ist. In diesen Flusssystemen mit geringem Wasserdurchsatz korrelierten Faktoren wie Schwermetallbelastungen und Antibiotikarückstände auch stärker als in der Donau. Im internationalen Vergleich aber wiesen die vier österreichischen Flüsse geringe bis mäßige ABR-Belastung auf, was auf ein vergleichsweise gutes Abwassermanagement und hohe Standards beim Umgang mit Antibiotika im Land hinweist. Die Biofilme – Hotspots oder doch nicht? Biofilme – schleimige Mikroorganismen-Gemeinschaften auf Oberflächen von Steinen, die in einigen kleinräumigen Studien als Hotspots von ABR beschrieben wurden – zeigten in dieser Studie hingegen sehr uneinheitliche Muster bezüglich der ABR-Verbreitung auf, abhängig von der spezifischen lokalen Situation. Generell zeigte sich aber im Vergleich zum Wasser ein eher gedämpfter Zusammenhang mit den Verschmutzungsparametern. „Unsere Arbeit zeigt, dass spezifische Aussagen zu einzelnen Resistenzen oder Resistenzgenen problematisch sind“, sagt Prof. Andreas Farnleitner, Leiter des ICC an der KL Krems und der TU Wien. „Trends variieren flussabhängig und kleine Studien bergen das Risiko der Überinterpretation. Durch die Kombination verschiedener Methoden haben wir nun einen leistungsfähigen Rahmen für genauere, groß angelegte Vergleiche geschaffen“. Und dies dazu noch zeitgerecht, denn eine ab 2027 geltende EU-Verordnung schreibt die Überwachung der ABR in großen Kläranlagen vor. Die Forschung der KL Krems und des ICC Water & Health gemeinsam mit den Medizinischen Universitäten in Wien und Graz sowie der Universität für Bodenkultur Wien am IFA Tulln liefert somit politischen Entscheiderinnen und Entscheidern sowie Umweltbehörden die Tools, um wirksam auf aktuelle Umweltherausforderungen zu reagieren.
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