Antigenvariation: Nach welchem Muster Trypanosomen ihre Antigene aktivieren13. März 2025 Prof. Nicolai Siegel Foto: © LMU/AG Siegel Eine neue Studie von LMU und Helmholtz Munich zeigt, wie Krankheitserreger die Veränderung ihrer Zelloberfläche steuern, um dem Immunsystem zu entgehen. Prof. Maria Colomé-Tatché Foto: © Helmholtz Munich | Michael Haggenmüller Bei einer Infektion reagiert das Immunsystem, indem es Antikörper entwickelt, die sich an der Zelloberfläche des Krankheitserregers anheften, diesen so als Eindringling markieren und eine Immunantwort auslösen. Damit das funktioniert, müssen die produzierten Antikörper genau zu den Membranmolekülen des Pathogens passen, wie ein Schlüssel ins Schloss.Viele Krankheitserreger versuchen der Immunantwort des Wirts zu entgehen, indem sie ihre Zelloberfläche systematisch verändern, sodass die Antikörper nicht mehr an den abgewandelten Antigenen andocken können. „Man nennt diese Strategie Antigenvariation“, erklärt Physikerin Maria Colomé-Tatché. Sie ist Professorin für Funktionelle Genomik und Zellbiologie am Biomedizinischen Centrum der LMU und Leiterin einer Gruppe für Computational Epigenomics bei Helmholtz Munich. „Antigenvariation ist weit verbreitet und bei einer Vielzahl von evolutionär weit voneinander entfernten Krankheitserregern zu beobachten“, ergänzt Professor Nicolai Siegel, Biochemiker und Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Parasitologie (Lehrstuhl für Experimentelle Parasitologie, Veterinärwissenschaftliches Department) am Biomedizinischen Centrum.Für eine kürzlich im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte Studie erforschten Colomé-Tatché und Siegel die Genexpression des Modell-Parasiten Trypanosoma brucei, der über Tsetsefliegen übertragen wird und beim Menschen die Afrikanische Schlafkrankheit sowie die Tierseuche Nagana verursacht. „Trypanosomen sind wahre Meister darin, sich durch Antigenvariation vor dem Immunsystem zu verstecken“, so Siegel. „Ihre Zellen sind umgeben von einer dichten, homogenen Oberflächenhülle von Oberflächen-Glykoproteinen, die sie in regelmäßigen, nicht-zufälligen Mustern immer wieder umwandeln.“Wie genau der Wechsel der Antigen-Expression funktioniert, ist bisher jedoch kaum bekannt. Colomé-Tatché und Siegel leiten eine Studie, in der sie jetzt herausgefunden haben, wie die Reihenfolge der Antigen-Expression bestimmt wird. „Wir können nun also voraussehen, welches Antigen als Nächstes aktiviert wird und auf der Oberfläche von Trypanosomen erscheint“, sagt Colomé-Tatché. An der Arbeit waren neben Expertinnen und Experten der LMU auch weitere Forschende von Helmholtz Munich und internationale Kooperationspartner aus USA und UK beteiligt.Eine der größten Herausforderungen für das Team war es, Transkriptom-Veränderungen und potenzielle genomische Umlagerungen in einzelnen Zellen während eines Antigen-Umschaltvorgangs zu verfolgen. Die Forschenden etablierten hierfür einen hochsensiblen Einzelzell-RNA-Sequenzierungsansatz, der genau das nun möglich macht.Ein wichtiger Auslöser für den Antigenwechsel ist ein Doppelstrangbruch im entsprechenden Gen, das für das aktuelle exprimierte Antigen kodiert. „Unsere Daten zeigen, dass die Art des Reparaturmechanismus und die daraus resultierende Antigenexpression von der Verfügbarkeit einer homologen Reparaturvorlage im Genom abhängen“, sagt Colomé-Tatché.Wenn eine solche Vorlage verfügbar sei, erfolge die Reparatur durch eine abschnittsweise Genumwandlung, wodurch neue, mosaikartige Antigen-kodierende Gene entstehen. Wenn keine geeignete Vorlage vorhanden ist, wird hingegen ein an ein Telomer angrenzendes Antigen-kodierendes Gen aus einem anderen Teil des Genoms aktiviert.Das Forschungsteam ist sich sicher, dass die Aufdeckung dieser Mechanismen zur Steuerung der Antigenvariation entscheidend zur Entwicklung neuer Wirkstoffe beitragen kann – nicht nur gegen Trypanosomen, sondern auch gegen viele andere Krankheitserreger. „Darüber hinaus zeigt unsere Studie das enorme Potenzial hochsensibler Einzelzell-RNA-Sequenzierungsmethoden beim Nachweis genomischer Umlagerungen, die transkriptionelle Veränderungen auf Einzelzellebene bewirken“, so Siegel.Die räumliche Nähe der beiden Arbeitsgruppen am Biomedizinischen Centrum der LMU (Lehrstuhl für Physiologische Chemie) und die komplementären Forschungsschwerpunkte von Siegel (Molekular- und Systembiologie in Pathogenen) und Colomé-Tatché (Bioinformatik und Epigenetik) haben in den vergangenen Jahren zu verschiedenen gemeinsamen Projekten geführt, unter anderem im Rahmen des Marie Skłodowska-Curie-Doktorandennetzwerks Cell2Cell und des Sonderforschungsbereichs 1064 (Chromatin Dynamics).
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