AOK präsentiert Konzept zur sektorenunabhängigen Gesundheitsversorgung18. April 2024 Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands und Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband. Foto: AOK-Bundesverband Die AOK bemängelt, dass innovative Ansätze zur Verbesserung der ambulanten Versorgung bim Gesundheitsversorgungsstärkungsgsetz (GSVG) „auf der Strecke geblieben“ sind und präsentiert in einem Positionspapier eigene Ideen zur ambulanten Versorgung. Lange Wartezeiten, überfüllte Notaufnahmen, Sicherstellungsprobleme, Ambulantisierungsdruck, Arztzentrierung, fehlende Attraktivität für ärztlichen Nachwuchs – die Liste der Herausforderungen in der ambulanten Versorgung ist lang. Dennoch wurden zuletzt innovative Versorgungsansätze wie Gesundheitsregionen oder Primärversorgungszentren wieder aus dem laufenden Gesetzgebungsverfahren gestrichen. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht die AOK-Gemeinschaft das Positionspapier „Gesundheitsregionen: Sektorenunabhängige Versorgung gestalten“. Keine Ansätze zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in den Kommunen „Zwar hat das Bundesgesundheitsministerium das Stellungnahme-Verfahren zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz nun offiziell gestartet, dabei sind aber innovative Ideen auf der Strecke geblieben. Das Gesetz wirkt inhaltlich entkernt, Ansätze zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune sucht man vergeblich“, kritisiert die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Dr. Carola Reimann. Nach jetzigem Stand bleibe eine fragwürdige hausärztliche Honorarreform übrig, die keine wirkliche Verbesserung der Versorgung bringen werde und zudem schon weitere Begehrlichkeiten bei den Fachärzten geweckt habe. Das müsse sich im weiteren Beratungsverlauf noch ändern, so Reimann weiter. Der Spitzenverband der Fachärztinnen und Fachärzte Deutschland e.V. (SpiFA) hatte in einer ersten Reaktion die Entbudgetierung der hausärztlichen Praxen zwar begrüßt, aber auch für Fachärzte ein Ende der Budgetierung gefordert, der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte ebenfalls. „Die Reformhindernisse sind bekannt“ betont der AOK-Bundesverband in einer Mitteilung und verweist auf starre sektorale Regelungen und zentralistische Vorgaben. Patientinnen und Patienten fänden sich in der zersplitterten Versorgungslandschaft immer weniger zurecht. „Was wir brauchen, ist ein funktionierender rechtlicher Hebel für dezentrale, flexible Lösungsansätze vor Ort, um der Bevölkerung weiterhin sichere und verlässliche Versorgungsangebote machen zu können. Zu diesem Zweck möchten wir wieder mehr regionale Handlungsspielräume eröffnen. Das wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die regionalen Akteure Verantwortung übernehmen und Verunsicherungen abgebaut werden können“, erläuterte Reimann. Dies beuge auch der Gefahr vor, dass Fragen zur Gesundheitsversorgung zum populistischen Wahlkampfthema gemacht werden. Kernvorschlag des Positionspapiers ist eine neue Rechtsgrundlage für eine „regionale sektorenunabhängige Versorgung“ (RegioSV). „Dieser neue Vertragsrahmen muss möglichst dezentral, flexibel und praxistauglich formuliert werden, so dass die gestaltungswilligen Akteure vor Ort ausreichenden Handlungsspielraum bekommen und schnell auf Veränderungen reagieren können“, erklärte Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband. „Initiative darf nicht an Vetorechten und sektoralen Grenzen scheitern. Nur so können wir die Versorgung reformfähig machen.“ Flexibler Rechtsrahmen ermöglicht breite Beteiligung Laut Konzept könnten bei Bedarf alle wesentlichen regionalen Akteure zu Vertragspartnern werden. Zudem können die so geschlossenen regionalen Versorgungsverträge ab einer Marktabdeckung von 70 Prozent auch Teil der Regelversorgung werden und sich schneller als bisher als dauerhaftes Versorgungsangebot etablieren. Innovativen Partnern werde so eine Perspektive für die Absicherung ihrer Investitionen geboten. „Wir sehen zunehmend Versorgungssituationen, die neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sektoren erfordern“, so Richard weiter. Jede Region habe spezifische Herausforderungen, für die Lösungen gesucht werden müssten. Deshalb sollten zum Abschluss der Verträge vergleichbare Freiräume gelten, wie in der Besonderen Versorgung nach Paragraf 140a SGB V. Kranken- und Pflegekassen könnten so mit den maßgeblichen Leistungserbringern direkt Verträge zur Etablierung von Gesundheitsregionen schließen. „Dadurch könnten alle wesentlichen Akteure auf regionaler Ebene eingebunden werden, auch Langzeitpflege-Einrichtungen und Kommunen,“ sagte Richard. Viele Anwendungsszenarien denkbar Versorgungsexpertin Richard sieht viele Anwendungsszenarien für den AOK-Vorschlag. „Zum Beispiel könnten bisher stationär genutzte Ressourcen für ambulante Versorgungskonzepte geöffnet werden, sofern Krankenhäuser für die Sicherstellung vollstationärer Versorgung in der Region nicht mehr erforderlich sind.“ So könne man das medizinische Personal in der Region halten und das bisherige ambulante Angebot ergänzen. Breit getragene Versorgungsprojekte, die vertraglich vor Ort vereinbart werden, sollten nicht mehr an den Widerspruchsrechten einzelner in der Region niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte scheitern. „Unser Vorschlag sieht vor, die Zulassungsregelungen so zu ergänzen, dass die bisher am Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzte einfacher als bisher auch für die vertragsärztliche Versorgung ermächtigt werden können“, sagte Richard. Grundprinzip des AOK-RegioSV-Konzepts seien die inhaltliche Anschlussfähigkeit sowohl an vorhandene Versorgungsstrukturen als auch an neue Versorgungselemente wie interprofessionelle Primärversorgungszentren, sektorenübergreifende Versorger zur Erhaltung von Gesundheitsstandorten sowie die Gesundheitskioske als niedrigschwelliges Beratungsangebot. Diese können wichtige Ergänzungen in der Versorgung bilden. „Aber auch hier sollten die regionalen Handlungsspielräume erweitert sowie Überregulierung vermieden werden“, so Richard.
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