OLG Frankfurt/Main: Apotheker darf nicht zugelassenes Krebsmedikament herstellen16. April 2025 Bild: ©Proxima Studio – stock.adobe.com Das Interesse individuell betroffener Krebspatienten an dem vorübergehend fortgesetzten Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Krebsmedikaments kann das Interesse der Verbraucher an der Einhaltung der Zulassungsvorschriften für Medikamente überwiegen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit einer heute veröffentlichten Entscheidung einen auf Unterlassen des Vertriebs und der Herstellung gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin sei ein qualifizierter Wirtschaftsverband, heißt es in der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main. Der Antragsgegner sei Apotheker im Taunus. Die Antragstellerin nehme ihn auf Unterlassung der Herstellung und des Vertriebs von nicht zugelassenen Arzneimitteln zur Behandlung einer seltenen insbesondere bei Kindern auftretenden tödlichen Tumorerkrankung in Anspruch. Der Antragsgegner stellt in seiner Apotheke Krebsmedikamente unter Verwendung näher benannter Wirkstoffe her. Ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen führt derzeit u.a. in Deutschland klinische Prüfungen in Phase III und Phase I für Krebsmedikamente mit identischen Wirkstoffen durch. Die Antragstellerin behaupte, der Beklagte vertreibe sog. Nachbauten des US-amerikanischen Unternehmens, erläutert das OLG. Der Antragsgegner behaupte, er habe einen eigenen verbesserten Syntheseweg entwickelt. Der über den Eilantrag erstinstanzlich entscheidenden 6. Zivilsenat (Wettbewerbssenat) des OLG hat den auf Unterlassung gerichteten Antrag zurückgewiesen. Es fehle bereits am Verfügungsgrund, der eine besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Eilentscheidung sei. Im Rahmen der in diesem Zusammenhang gebotenen Interessenabwägung überwiege das Interesse des individuell betroffenen Patienten an einem vorübergehend fortgesetzten Inverkehrbringen der nicht zugelassenen Arzneimittel, führt das OLG weiter aus. Demgegenüber könne das allgemeine Verbraucherinteresse an der Entwicklung und Zulassung wirksamer Krebsarzneimittel vernachlässigt werden, da nicht ersichtlich sei, dass die laufenden klinischen Studien durch das Verhalten des Antragsgegners gefährdet würden. Dem weiteren Interesse der Verbraucher an der Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahrens und dem damit verbundenen Schutzgedanken stehe das Interesse des sehr kleinen Verbraucherkreises der tatsächlich betroffenen Patienten einer seltenen Krebsart mit einer medianen Überlebensrate von zehn Monaten gegenüber. „Letztendlich läuft die Abwägung auf einen Widerstreit der Interessen jener konkret betroffenen Patienten hinaus, die als (potenzielle) Abnehmer der − gleichsam risikobehafteten wie Stabilisierung/Heilung versprechenden − Arzneimittel des Antragsgegners die beiden genannten Gesichtspunkte in einer Person vereinen“, betonte der Senat. Das Risiko von Beeinträchtigungen und Tod durch Nebenwirkungen verblasse angesichts des sicheren Todes durch die Krebserkrankung ohne alternative Heilungsmöglichkeit. Das Arzneimittel verspreche jedenfalls eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder jedenfalls Stabilisierung. Angesichts der verfassungsrechtlich verbürgten Verpflichtung des Staats und damit auch der Gerichte zum Schutz des Lebens als grundgesetzlichem Höchstwert könne die Versorgung der Patienten bis zum Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht einstweilen ausgesetzt werden. Hier falle besonders ins Gewicht, dass außer Frage stehe, dass das nicht zugelassene Medikament eine Heilungschance biete, und dass glaubhaft gemacht sei, dass nur solche Patienten damit versorgt würden, denen keine andere Behandlungsmöglichkeit mehr zur Verfügung stehe. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 3.4.2025, Az. 6 UKl 2/25
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