Appetitlosigkeit verschlechtert den Krankheitsverlauf bei Herzschwäche28. November 2017 Foto: ©rainbow33 – fotolia.com Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) haben herausgefunden, dass Herzschwäche-Patienten, denen der Appetit fehlt, auch stärker in ihrer körperlichen Funktionsfähigkeit beeinträchtigt sind und eine schlechtere Prognose haben. Über 80 Prozent der Patienten mit Herzschwäche sind ältere Menschen, die zum größten Teil auch an Begleiterkrankungen leiden. Diese zusätzlichen Gesundheitsprobleme beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und das Überleben von Herzschwäche-Patienten. Typische Begleiterkrankungen sind etwa Muskelschwund sowie ungewollter Gewichtsverlust durch den Abbau von Muskulatur. Auch Appetitlosigkeit wird bei Herzschwäche-Patienten häufig beobachtet. Dennoch war bislang wenig darüber bekannt, wie sich die verminderte Esslust auf den Krankheitsverlauf bei Herzschwäche-Patienten auswirkt. Privatdozent Dr. Dr. Stephan von Haehling von der Universitätsmedizin Göttingen und seine Kollegen haben deshalb im Rahmen der EU-finanzierten SICA-HF-Studie (Studies Investigating Co-morbidities Aggravating Heart Failure) untersucht, ob sich Appetitlosigkeit auf die körperliche Leistungsfähigkeit und die Überlebensrate von Herzschwäche-Patienten auswirkt. Darüber hinaus haben sie nach Faktoren gefahndet, die zum Verlust des Appetits beitragen können. Ungünstiges Zusammenspiel Insgesamt 166 klinisch stabile, nicht stationäre Herzschwäche-Patienten erhielten die Frage, ob sie ihren Appetit verloren haben, und ein Drittel gab an, unter Appetitlosigkeit zu leiden. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Studienteilnehmer wurde unter anderem mit Gleichgewichtsübungen, einem 6-Minuten-Gehtest sowie Tests zur Ausdauer und Kraft ermittelt. Dabei zeigte sich, dass die Leistung schlechter war, wenn sich der Appetit der Studienteilnehmer verringert hatte. Die Fitness war sogar noch stärker eingeschränkt, wenn zusätzlich zur Appetitlosigkeit (Anorexia) ein ungewollter, starker Gewichtsverlust (Kachexie) vorlag. Mehr Todesfälle bei geringem Appetit Die Göttinger DZHK-Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass das Sterberisiko im Lauf von zwei Jahren erhöht ist, wenn Herzschwäche-Patienten weniger Appetit haben. Kachexie hatte auch hier einen zusätzlichen negativen Effekt. „Das Zusammenspiel von Kachexie und Appetitlosigkeit ist komplex und auch bei anderen chronischen Erkrankungen ein Problem“, erläutert von Haehling. „So ist das ,Anorexie-Kachexie-Syndrom’ etwa bei Krebspatienten als negative Krankheitsfolge bekannt und seine Behandlung stellt eine große Herausforderung dar.“ Mögliche Auslöser Auf der Suche nach Faktoren, die Appetitlosigkeit bei Herzschwäche begünstigen, fanden die Wissenschaftler drei unabhängige Vorhersagemerkmale: die Aktivierung von Entzündungshormonen, die Einnahme von Schleifen-Diuretika und Kachexie. „Bei Herzschwäche-Patienten liegen an sich schon erhöhte Entzündungswerte vor, wenn diese Werte noch überschritten werden, wird es wahrscheinlicher, dass der Appetit schwindet“, erklärt von Haehling. Die harntreibenden Schleifen-Diuretika werden Herzschwäche-Patienten verordnet, um die Wassereinlagerungen im Gewebe abzubauen. Vermutlich können sie über den Verlust von Spurenelementen wie Zink dazu führen, dass der Geschmackssinn und damit auch der Appetit nachlassen. Die Wissenschaftler meinen: Behandelnde Ärzte müssen die Ernährungsgewohnheiten und den Ernährungszustand ihrer Patienten bei der Behandlung der Herzschwäche im Blick haben. „Diese Faktoren sollten ein grundlegender Bestandteil bei der medizinischen Gesamtbeurteilung von Herzschwäche-Patienten sein“, empfiehlt von Haehling. Originalarbeit: Anorexia, Functional Capacity, and Clinical Outcome in Patients with Chronic Heart Failure: Results from the Studies Investigating Co-Morbidities Aggravating Heart Failure (SICA-HF). Saitoh, M., Dos Santos, M. R., Emami, A., Ishida, J., Ebner, N., Valentova, M., Bekfani, T., Sandek, A., Lainscak, M., Doehner, W., Anker, S. D. & von Haehling, S. ESC heart failure, (2017) DOI: 10.1002/ehf2.12209
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