Arbeitsmarkt im Wandel: Die Generation Z stellt Arbeitgeber auch in Gesundheitsberufen vor neue Herausforderungen

Kampf um die “Digital Natives” auf dem Arbeitsmarkt. (Foto: Alessandro Biascioli – stock.adobe.com)

Ein Generationenforscher und ein Personalvermittler legten auf dem VSOU-Kongress ihre Sicht auf die Generation Z dar, und kamen zum Teil zu ganz unterschiedlichen Erklärungen, wie man die dringend benötigten und stark umworbenen jungen Nachwuchskräfte anwerben kann oder soll.

Wer, wenn nicht der Leiter des Instituts für Generationenforschung in München, wäre besser geeignet, um das Rätsel, das die Generation Z, oder im Jugend-Slang Gen Z, den Arbeitgebern aufgibt, um sie anzuwerben, zu lösen? Der Dipl. Psychologe Dr. Rüdiger Maas stellte seinen Vortrag unter die Frage: Wie ticken die heutigen Nachwuchskräfte? Dabei stellte er unter anderem einige Ergebnisse aus der Generation Thinking® Studie vor, der dem Institut zufolge bisher größten Studie zur Gen Z im deutschsprachigen Raum.

Der Kampf um die Generation Z auf dem Arbeitsmarkt ist groß

Den Generationenforschern zufolge zeichnet sich die Generation Z, die auch als Digital Natives bezeichnet werden durch zwei wesentliche Merkmale aus: Sie sind deutlich weniger als ihre Eltern aus der Generation X und die sie ist die kleinste Alterskohorte nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Hinblick auf die riesige Gruppe der Baby-Boomer, die bald den Arbeitsmarkt verlässt, ist so erläuterte Maas, ist der Kampf um die Jahrgänge zwischen 1995 und 2010 auf dem Arbeitsmarkt sehr groß. Dem Generationenforscher zufolge sei es zwar nicht sehr wissenschaftlich alle 15 Jahre eine neue Generation auszurufen, aber man müsse sich mit den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten, die diese Generationen kennzeichnen, auseinandersetzen. Die Folgen des demografischen Wandels auf dem Arbeitsmarkt stellen sich nach Angaben von Maas dramatisch dar: Arbeitsplätze würden entwertet und die Ansprüche an diesen stiegen. Weshalb ein genauerer Blick auf die Generation Z lohnt.

Ein genauer Blick auf die Generation Z und das Generationenverhältnis lohnt sich

Die Digital Natives verbringen Maas zufolge 60 Stunden und mehr pro Woche im Netz, die Omnipräsenenz von Smartphone und Social Media sei im Alltag fest verankert. Als eine Folge daraus können „viele von ihnen die Körpersprache und Mimik von Menschen deutlich schwerer einschätzen als ältere Generationen“. Aufgrund des Gesellschaftlichen Wandel werde diese junge Generation zudem ernster genommen als jemals zuvor eine andere junge Generation in der Geschichte. Bereits Aristoteles (um 350 vor Christus) bis hin zu Kenneth John Freemann (1907) setzten etwa keine Hoffnung in die Zukunft ihrer Länder wenn sie auf die zu ihren Zeiten lebendende „unerträgliche und unverantwortliche“ Jugend blickten. Dieser Widerspruch zu heute spiegelt sich, so Maas, allerdings nicht in der heutigen Politik wider, diese sei diskrepant und nehme die Anliegen der jungen Menschen nicht auf.

Völlig anders sei auch das Elternverhalten heute. „Eltern sind quasi Fans von ihren Kindern, wie eine Befragung gezeigt hat. „Ein Vater hatte zum Beispiel mehr als 6000 Fotos von seinem Kind auf dem Smartphone“, berichtet Maas. Aber auch Kinder erleben ihre Eltern heute anders. „Waren diese früher der Garant für Wissensvermittlung, fragen sie heute Google oder ChatGPT, wenn die Eltern Antworten schuldig bleiben, so Maas. Die Reaktionen darauf bei Bildung und Arbeitgebern ließen aber Fragen offen. Universitäten beispielsweise stärken Maas zufolge nach wie vor nicht die mündlichen Prüfungen, in denen man echtes Wissen abfragen könnte. Und auch die Bewunderung für die „digital fitten jungen Leute“ lasse Fragen offen. „Wir haben dennoch einen großen Mangel an IT-Experten, denn scrollen und liken, das bildet nicht“, so der Generationenforscher. „Viele Unternehmen beklagen sich darüber, dass die jungen Nachwuchskräfte per se eben nicht auch die besseren digitalen Skills mitbringen.“

Mit Generationenklischees aufräumen

Mit weiteren Klischees von der Faulheit sowie den hohen Erwartungen an den Job durch die Jungen räumte Maas jedoch ebenfalls auf. Befragungen und Analysen zeigten, dass über alle Generationen hinweg ähnliche Ergebnisse gefunden wurden: „Die Gesellschaft ist insgesamt bequemer geworden“, so Maas und auch die Erwartungen an den Job etwa zu Einkommen, Sicherheit, Arbeitsklima oder einer interessanten Tätigkeit sei bei allen Generationen gestiegen. Der Unterschied sei allein die Sicht der Älteren auf ihre Vergangenheit, die sie etwas verklärten mit dem typischen Satz: „Früher war alles besser.“ Während die jüngere Generation unbedingt positiv mit ihren Skills wahrgenommen werden will, zeichneten Ältere eine Bild von Arbeit, dass die jungen als schrecklich empfinden, so der Generationenforscher.

Tipps an die Personaler

Maas warnte Personaler beim Ringen um Nachwuchskräfte davor die Jobs weiter zu entwerten. Viele der Boomer, die sich früher über jedes Bewerbungsgespräch gefreut haben und direkt Abstriche bei den Ansprüchen an den Job hinnahmen, werben heute um die Jungen mit „allem“, was der tolle neue Job zu bieten habe und sie gehen auf jede Forderung der Jungen ein. Statt „Du darfst“ oder „Du kannst“ sollten Sie das die hohen Forderungen der Jungen an ihren Job nicht noch verstärken, sondern Konkurrenz und Begehrlichkeiten wecken. „Du musst“ und „wir nehmen nur die besten zehn“, seien solche Ansätze, schlosss der Generationenforscher.

Anwerben der Gen Z aus Sicht eines Personalers

Der „Place-to-be für Gen Z: Erfolgreiches Recruiting im Gesundheitswesen“, so lautete der Titel des sich anschließenden Vortrags von Konstantin Rebstock, Gründer und Geschäftsführer der Düsseldorfer Personalvermittlung Wefindtalents. Dem klassischen Ansatz die Gen Z über eine Zeitungsanzeige zu erreichen, erteilte Rebstock gleich eine Absage. „Lange Texte, formelle Sprache und unattraktive Bilder schrecken diese Generation ab.“ Auch Online-Anzeigen via Xing, Stepstone oder Monster funktionierten bei dieser Generation nicht, lediglich LinkedIn würde bei akademischen Berufen genutzt. Und was ist bei der Gen Z gefragt? „Sie lassen sich für Jobs inspirieren, zwischen Selfies, Storys und Reels und erwarten von Arbeitgebern dort eine Präsenz“, erläuterte Rebstock. Denn am besten erreiche man diese Generation, wenn sie gerade nicht nach einem Job suchten.

„Authentizität und Emotionen sind gefragt“

Doch wie sollten dann die Inhalte für Anzeigen gestaltet sein? „Authentizität und Emotionen gefragt“, so der Personalberater. Der aus dem Englischen falsch übersetzte Ausspruch „ich fühle Dich“, gebe dies ganz gut wieder. Kurze Videos mit einer Führung durch eine Praxis, Interviews mit jungen Pflegekräften, sowas kommt laut Rebstock bei den Jungen an. Wackelige Handybilder seien dabei besser als Hochglanzvideos.

Der Schnelle macht das Rennen

Auch die Ansprache und Schnelligkeit bei der Kommunikation mit der Gen Z ist nach den Angaben Rebstocks entscheidend. Schnelle Antworten via WhatsApp, E-Mail oder SMS würden erwartet. „Wer tagelang schweigt, verliert das Rennen an andere Arbeitgeber und sieht nur noch die winkende Hand als Antwort.“ Es gelte aktiv zu reagieren auf Kommentare oder Nachrichten in den Social Media.

„Wer heute verschiedene Generationen erreichen will, muss sich überlegen zwei Anwerbungskampagnen zu fahren was zu höheren Kosten führt oder eine ausgewogenere Anwerbung starten, die dann aber weniger effizient bei allen Generationen ist“, so Rebstock.

Erfolgreiche Anzeige aus der Praxis

An einer erfolgreichen Werbeanzeige einer Praxis, die auf der Suche nach Medizinischen Fachangestellten war, präzisierte er, wie sich die Generation Z angesprochen fühlt: Es dominiert dabei das Gesicht einer jungen Frau mit Mundschutz und Haube, die den Betrachter mit großen Augen direkt anschaut: Die Botschaft darunter: Lachen ist die beste Medizin! Komm zu uns als MFA! Top Gehalt – Top Team – Top Work-Live. Ortho-Zentrum: Dein Job mit Spaß! „Darin steckt”, so Rebstock, „alles, was die Gen Z erwartet: Emotionales Bildmotiv, aufrüttelnder Charakter, Spaß und Teamkultur, kurze knackige Schlagzeilen und ein Fokus auf ein freundliches Arbeitsumfeld.”

Akzeptieren der neuen Realität

Er empfahl potenziellen Arbeitgebern die neue Realität zu akzeptieren und Social Media als derzeit effektivste Option, um die Gen Z zu erreichen, zu nutzen und das Recruitung zur Chef-Sache zu machen. Die Kehrseite: junge Mitarbeitende werden auch parallel intensiv abgeworben. Darum müsse man ein attraktiver Arbeitgeber sein, der die jungen Arbeitnehmer an sich binde. „Vom ersten Kontakt über die Anzeige bis zum Onboarding, jeder Schritt entscheidet, ob die Talente bleiben oder abspringen. Seien sie sichtbar und machen sie auf sich aufmerksam auf allen Social Media Kanälen, der Welt, wo sie die Gen Z bereits vor einer Bewerbung abholen“, riet er weiter. Denn die Gen Z suche nicht nur einen Job, sondern einen Grund morgens aufzustehen. (hr)