ASCO 2025: HER2-low und HER2-ultralow Brustkrebs mithilfe von KI sicherer erkennen

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Ergebnisse einer multinationalen Studie zeigen, dass Pathologen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) Brustkrebs mit niedriger HER2-Expression genauer klassifizieren und das Risiko einer Fehlklassifizierung von HER2-low und HER2-ultralow Tumoren als HER2-Null reduzieren können.

Dies könnte mehr Patientinnen mit HER2-low oder HER2-ultralow Brustkrebs die Möglichkeit einer HER2-gerichteten Behandlung eröffnen, die ihre Prognose verbessern könnte. Die Forschungsergebnisse wurden auf der Jahrestagung 2025 der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorgestellt, die vom 30. Mai bis 3. Juni in Chicago, USA, stattgefunden hat.

Zitat zur Sicht der ASCO

„Eine präzise HER2-Bewertung ist wichtig, um sicherzustellen, dass Patientinnen die optimale Behandlung für ihren Brustkrebs erhalten. Diese internationale Studie zeigt, dass ein KI-gestützter Ansatz die HER2-Bewertung verbessert, auch in Situationen, die Behandlungsentscheidungen beeinflussen. Diese Ergebnisse unterstreichen die vielversprechende Rolle von KI in der Onkologie – nicht als Ersatz für den Arzt, sondern als leistungsstarkes Werkzeug, das uns hilft, intelligenter und schneller zu arbeiten und eine qualitativ hochwertige, personalisierte Versorgung zu gewährleisten“, erklärte Dr. Julian Hong, außerordentlicher Professor und Medizinischer Direktor für Radiation Oncology Informatics an der University of California, San Francisco, USA, sowie ASCO-Experte für KI.

Neue Optionen für viele Patientinnen

„Etwa 65% der früher als HER2-negativ bezeichneten Brusttumoren weisen tatsächlich eine gewisse HER2-Expression auf und gehören zu den Untergruppen, die heute als HER2-low oder HER2-ultralow Brustkrebs klassifiziert werden“, erklärte die leitende Studienautorin Dr. Dr. Marina De Brot vom A.C. Camargo Cancer Center in São Paulo, Brasilien.

Sie fuhr fort: „Einige dieser Tumoren könnten mit HER2-gerichteten Medikamenten behandelt werden, allerdings nur, wenn wir ihre HER2-Expressionswerte bestimmen. Unsere Studie liefert die erste multinationale Evidenz dafür, dass KI dazu beitragen kann, eine kritische diagnostische Lücke zu schließen und den Weg für neue Therapien wie Antikörper-Wirkstoff-Konjugate für einen Großteil der Patientinnen zu ebnen, denen diese Optionen bis vor Kurzem nicht angeboten wurden.“

Für Pathologen kann es schwierig und zeitaufwendig sein, die HER2-Proteinexpression bei HER2-low und HER2-ultralow Brustkrebs mithilfe herkömmlicher immunhistochemischer (IHC) Tests, die nach HER2-Proteinen in Proben von Krebsgewebe suchen, genau zu bestimmen. Darüber hinaus ist die In-situ-Hybridisierung (ISH) eine Technik, bei der markierte Sonden verwendet werden, um spezifische Nukleinsäure-Sequenzen in Zellen oder Geweben zu identifizieren. HER2-low Brustkrebs hat einen HER2-IHC-Score von 1+ oder 2+/ISH-negativ. HER2-ultralow Brustkrebs hat einen IHC-Score von 0 mit Membranfärbung.

Eine genaue Diagnose hängt in erster Linie von der Genauigkeit des menschlichen Auges bei der Erkennung von Anomalien ab. Selbst bei erfahrenen Brustpathologen kann etwa jeder dritte HER2-ultralow Brustkrebs fälschlicherweise als HER2-null eingestuft werden, was in der Regel bedeutet, dass Onkologen Patientinnen keine HER2-gerichtete Therapie mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten empfehlen.

In dieser Studie nutzten die Forscher die KI-gestützte digitale Trainingsplattform ComPath Academy, um Pathologen bei der HER2-Bewertung von Brustkrebsproben zu unterstützen. An der Studie nahmen 105 Pathologen aus zehn Ländern Asiens und Südamerikas teil. Sie wurden beauftragt, 20 digitale Brustkrebsfälle mit und ohne KI-Unterstützung auf HER2 zu untersuchen.
In fünf Sitzungen führten die Pathologen insgesamt 1940 Befundungen in drei separaten Prüfungen durch. KI-Unterstützung kam nur bei der dritten Prüfung zum Einsatz.

Die Ergebnisse wurden anschließend mit den Ground-Truth-IHC-Werten eines zentralen Referenzzentrums verglichen. Ground-Truth-Werte werden im Konsens mehrerer Pathologen ermittelt, die unabhängig voneinander HER2-IHC-gefärbte Gewebeproben untersuchen und bewerten. Sie gelten als Goldstandard für die Bestimmung des HER2-Brustkrebsstatus.

Wichtige Ergebnisse

Die Studie ergab, dass mit KI-Unterstützung

  • die Sensitivität der Bewertung von ca. 76 Prozent auf 90 Prozent stieg und sich die Übereinstimmung der Pathologen mit den zentralen Referenzwerten um ca. 13 Prozent verbesserte. Mit KI-Unterstützung erreichten die Pathologen eine durchschnittliche Übereinstimmung von 89,6 Prozent mit den zentralen Referenzwerten, vs. 76,3 Prozent ohne KI-Unterstützung.
  • die Genauigkeit der Pathologen bei der korrekten Identifizierung von Fällen als HER2-positiv, HER2-low, HER2-ultralow oder HER2-null sich ebenfalls um fast 22 Prozent verbesserte. Ihre Genauigkeit bei der Kategorisierung der Fälle stieg von 66,7 Prozent ohne KI-Unterstützung auf 88,5 Prozent mit KI-Unterstützung.
  • die KI-Unterstützung die Anzahl der fälschlich als HER2-null klassifizierten HER2-ultralow Fälle um mehr als 25 Prozent reduzierte. Nur 4 Prozent der Befunde wurden falsch klassifiziert, wenn Pathologen KI-Unterstützung nutzten, verglichen mit 29,5 Prozent der Befunde, die ohne KI-Unterstützung falsch klassifiziert wurden.

Nächste Schritte

Die Forscher planen multizentrische Implementierungsstudien, um das KI-Tool in die Routinediagnostik zu integrieren und nachfolgende klinische Effekte zu messen, darunter Veränderungen der Behandlungsoptionen und der Therapiedauer bei Patientinnen mit HER2-low und HER2-ultralow Brustkrebs.

Diese Studie wurde von AstraZeneca finanziert.