Aspergillose: Pangenom von A. fumigatus weist den Weg zu möglichen neuen Therapieansätzen25. November 2021 Sporenträger von Aspergillus fumigatus. Die Konidien (Sporen) werden über die Luft verbreitet und gelangen leicht in die Atemwege, wo sie bei immungeschwächten Personen schwere Infektionen auslösen können. (Foto: © Grit Walther/Leibniz-HKI) Aspergillus fumigatus ist ein in der Umwelt weit verbreiteter Pilz. Er verursacht bei Menschen lebensbedrohliche Infektionen, während eng verwandte Pilzarten harmlos sind. Ein internationales Forscherteam hat nun die große genetische Vielfalt des Erregers genauer unter die Lupe genommen. A. fumigatus verursacht weltweit bei mehr als 300.000 Menschen pro Jahr schwere Infektionen. Insbesondere bei immungeschwächten Patientinnen und Patienten endet eine Infektion mit A. fumigatus in bis zu 50 Prozent der Fälle tödlich. Behandelt werden diese Krankheiten meist mit Triazol-Antimykotika. Im Laufe der Jahre haben Resistenzen gegen diese Medikamente jedoch immer weiter zugenommen. Hinzu kommt, dass die Sterblichkeitsrate bei diesen medikamentenresistenten Infektionen um bis zu 25 Prozent höher ist. Außerdem ist bei circa 30 Prozent der resistenten Varianten der Resistenzmechanismus unbekannt. Folglich ist es umso komplizierter diese Art von Infektionen zu identifizieren und angemessen zu behandeln. „Trotz dieser hohen Zahl von Infektionen pro Jahr fehlte bisher eine detaillierte Untersuchung der genomischen Vielfalt sowohl in klinischen Proben als auch in Isolaten aus der Umwelt. Insbesondere galt es für uns herauszufinden, welche Bedeutung diese genetische Vielfalt für den Verlauf der Infektion und die Entwicklung von Resistenzen gegen Antimykotika hat“, erklärt Gianni Panagiotou, Leiter der Forschungsgruppe Systembiologie und Bioinformatik am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena (Leibniz-HKI). Die Forschenden sind sich sicher, dass die innerartliche genetische Diversität der Erreger für die Infektion auch eine wichtige Rolle spielt. Das Pangenom – Genetische Vielfalt erforscht In seiner Studie sequenzierte und analysierte das Team, dem Forschende aus Jena, Würzburg und Hongkong angehören, eine große Anzahl von Genomen dieses weit verbreiteten Schimmelpilzes, darunter Stämme aus der Umwelt sowie klinische Proben. Diese Fülle an genomischen Informationen ergab, dass sich die verschiedenen Mitglieder der Spezies hinsichtlich ihrer Gene erheblich unterscheiden. Die Autorinnen und Autoren definierten damit auch den gesamten Genbestand der Art (Pangenom), das die genetische Bandbreite von A. fumigatus umfasst. Dabei zeigte sich, dass reichlich zwei Drittel der genetischen Information Kern-Gene umfasst, die in allen Isolaten vorkommen. Das verbleibende knappe Drittel beinhaltet hingegen akzessorische Gene, die nicht bei allen Isolaten zu finden sind. Sie sind demzufolge für das Wachstum des Pilzes entbehrlich, könnten aber eine noch unentdeckte Rolle für den Pilz in der Umwelt und bei der Infektion des Menschen spielen. Eine besondere genetische Linie verursacht die meisten Infektionen Im Vergleich der Genome aus Umwelt- und Patientenproben stellte sich heraus, dass eine bestimmte genetische Linie innerhalb der Art A. fumigatus mit größerer Wahrscheinlichkeit Infektionen beim Menschen verursacht. Die Genome dieser Gruppe wiesen besondere Merkmale auf: Beispielsweise codierten sie für mehr Transmembrantransporter, eisenbindende Proteine und Enzyme des Grundstoffwechsels. Solche besonderen genetischen Merkmale sind als potenzielle Angriffspunkte für neue Wirkstoffe interessant, da sie eine Rolle für das Überleben des Pilzes in der menschlichen Lunge spielen könnten. Außerdem identifizierten die Forscherinnen und Forscher in einer genomweiten Assoziationsstudie kleine genetische Unterschiede zwischen den Isolaten. Bestimmte Abweichungen in der DNA-Sequenz traten in klinischen Isolaten statistisch deutlich häufiger auf als in Umwelt-Isolaten. Mit dieser Methode identifizierte die Arbeitsgruppe drei Gene, die in noch unbekannter Weise mit der Triazol-Resistenz in Verbindung stehen. „Hier sehen wir ebenfalls vielversprechende Ziele für künftige Therapieoptionen. Unsere Aufmerksamkeit gilt daher dem weiteren Studium derjenigen Gene und Proteine, die mit bislang unentdeckten Resistenzmechanismen im Zusammenhang stehen“, sagt Amelia E. Barber, Erstautorin der Studie und Leiterin der Nachwuchsgruppe Fungal Informatics am Leibniz-HKI. Hoffnung für neue Therapieansätze Die Ergebnisse ihrer bioinformatischen Analysen stellen die Autoren in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals „Nature Microbiology“ vor. Ihre globale Sicht auf das genetische Instrumentarium von A. fumigatus weist dabei den Weg zu möglichen neuen Therapieansätzen. So kommen solche Gene und Signalwege, die in allen Vertretern der Art vorhanden sind, als gute therapeutische Ziele in Betracht. Hingegen wäre es ungünstig, mit einem neuen Medikament auf ein Gen abzuzielen, das nur in 90 Prozent der Vertreter des Pilzes vorkommt, während zehn Prozent der Erreger nicht betroffen sind. Die Studie führt auch vor Augen, dass man mit der genetischen Diversität innerhalb einer Art stets eine Momentaufnahme von fortwährenden Evolutionsprozessen betrachtet. Die genetische Ausstattung des untersuchten Pilzes unterliegt durch intensive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt einer hohen Dynamik und kann über längere Zeiträume hinweg zur Aufspaltung in stärker spezialisierte (Unter-)Arten führen. Für ihre Arbeiten konnten sich die Forscherinnen und Forscher auf die Zusammenarbeit in großen Forschungsverbünden stützen. Den Zugang zu den klinischen Isolaten ermöglichte das am Leibniz-HKI angesiedelte Nationale Referenzzentrum für invasive Pilzerkrankungen, das vom Robert Koch-Institut aus Mitteln des Bundesgesundheitsministeriums unterstützt wird. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Konsortium InfectControl bot den Rahmen für die Arbeiten zu Triazol-Resistenzen und deren Verbreitung in der Umwelt sowie bei klinischen Isolaten. Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Exzellenzcluster Balance of the Microverse ermöglichte die Einrichtung der Nachwuchsgruppe Fungal Informatics und unterstützte die bioinformatische Analyse der enormen Datensätze.
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