Asthma senkt möglicherweise Risiko für Hirntumore: Mechanismus entdeckt10. Januar 2022 Abbildung: © SciePro/stock.adobe.com Über Asthma gibt es nicht viel Gutes zu sagen – außer offenbar, dass Menschen mit Asthma weniger wahrscheinlich an Hirntumoren erkranken als andere. Forschende aus den USA glauben, den Grund dafür gefunden zu haben. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Washington University School of Medicine in St. Louis in ihrer neuen Untersuchung an Mäusen feststellten, führt Asthma dazu, dass sich T-Zellen so verhalten, dass sie eine Entzündung der Lunge induzieren, aber das Wachstum von Hirntumoren verhindern. Die Forschungsergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass es ein neuer Ansatz zur Behandlung von Hirntumoren sein könnte, wenn man T-Zellen von Hirntumorpatientinnen und -patienten so umprogrammiert, dass sie sich eher wie T-Zellen von Personen mit Asthma verhalten, . „Natürlich werden wir bei niemandem ein Asthma auslösen; Asthma kann eine tödliche Krankheit sein“, betont der Seniorautor und Neurologe Dr. David H. Gutmann. „Aber was wäre, wenn man ins Gehirn gelangenden T-Zellen vorgaukeln könnte, dass sie Asthma-T-Zellen sind, sodass sie die Bildung und das Wachstum von Hirntumoren nicht mehr unterstützen? Diese Erkenntnisse öffnen eine Tür für neue Arten von Therapien, die auf T-Zellen und deren Interaktionen mit Zellen im Gehirn abzielen.“ Die Vorstellung, dass Menschen mit entzündlichen Erkrankungen wie Asthma oder Ekzemen weniger anfällig für Hirntumore sind, tauchte erstmals vor mehr als 15 Jahren auf und basierte auf epidemiologischen Beobachtungen. Es gab jedoch keinen offensichtlichen Grund, warum die beiden sehr unterschiedlichen Erkrankungen miteinander verbunden sein sollten. Manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten infrage, dass es einen solchen Zusammenhang überhaupt gab. Gutmann ist Experte für Neurofibromatose (NF). Kinder mit NF Typ 1 (NF1) können eine Art Hirntumor entwickeln, die als Sehbahngliom bezeichnet wird. Gutmann, Direktor des Washington University NF Center, stellte vor mehr als fünf Jahren einen umgekehrten Zusammenhang zwischen Asthma und Hirntumoren bei seinen Patienten fest, wusste aber nicht, was er davon halten sollte. Erst als neuere Studien aus seinem Labor begannen, die entscheidende Rolle von Immunzellen bei der Entwicklung von Gliomen der Sehbahn aufzudecken, begann er sich zu fragen, ob Immunzellen für den Zusammenhang zwischen Asthma und Hirntumoren verantwortlich sein könnten. Jit Chatterjee, Postdoktorand und Erstautor der aktuellen Studie, untersucht die vermeintliche Assoziation. Zusammen mit Koautor Dr. Michael J. Holtzman, Leiter der Abteilung für Pneumologie und Intensivmedizin, beobachtete Chatterjee Mäuse, die genetisch so modifiziert wurden, dass sie eine Mutation in ihren NF1-Genen trugen und im Alter von drei Monaten Sehbahngliome bildeten. Die Forschenden setzten Gruppen von Mäusen im Alter von vier bis sechs Wochen asthmaauslösenden Reizstoffen aus und behandelte eine Kontrollgruppe zum Vergleich mit Kochsalzlösung. Dann untersuchte Chatterjee Tiere im Alter von drei und sechs Monaten auf Gliome der Sehbahn. Die Mäuse mit Asthma bildeten diese Hirntumore nicht aus. Weitere Experimente zeigten, dass das Auslösen von Asthma bei zu Tumoren neigenden Mäusen das Verhalten ihrer T-Zellen veränderte. Nachdem die Mäuse Asthma entwickelt hatten, begannen ihre T-Zellen, das Protein Decorin abzusondern. In den Atemwegen ist Decorin ein Problem: Es wirkt auf das Gewebe, das die Atemwege auskleidet und verschlimmert Asthmasymptome. Im Gehirn jedoch, so stellten Chatterjee und Gutmann fest, ist Decorin von Vorteil: Dort wirkt das Protein auf Mikroglia und blockiert deren Aktivierung, indem es in den NFkappaB-Aktivierungsweg eingreift. Aktivierte Mikroglia fördern das Wachstum und die Entwicklung von Hirntumoren. Die Behandlung mit Decorin oder Kaffeesäurephenethylester (CAPE) – einer Verbindung, die den NFkappaB-Aktivierungsweg hemmt – schützte in der Untersuchung Mäuse mit NF1-Mutationen vor der Entwicklung von Gliomen der Sehbahn. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Blockade der Mikroglia-Aktivierung ein potenziell hilfreicher therapeutischer Ansatz bei Hirntumoren sein könnte. „Das Aufregendste daran ist, dass es zeigt, dass es eine normale Kommunikation zwischen T-Zellen im Körper und den Zellen im Gehirn gibt, die die Bildung und das Wachstum von Sehbahngliomen unterstützen“, erklärt Gutmann, der auch Professor für Genetik, Neurochirurgie und Pädiatrie ist. „Unser nächster Schritt ist zu untersuchen, ob dies auch für andere Arten von Hirntumoren gilt. Wir untersuchen auch die Rolle von Ekzemen und frühkindlichen Infektionen, da sie beide T-Zellen betreffen. Wenn wir diese Kommunikation zwischen T-Zellen und den Zellen, die Hirntumore begünstigen, besser verstehen, werden wir mehr Möglichkeiten finden, kluge Therapeutika zu entwickeln, um in diesen Prozess einzugreifen.“
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