Astrozyten erhalten kognitive Funktionen in einem Alzheimer-Mausmodell

Forschende etdeckten, dass das Protein Sox9 die Aktivität von Astrozyten steuert und deren Fähigkeit zur Plaque-Beseitigung beeinflusst. (Symbolbild: © Jelena/stock.adobe.com)

Ein Forschungsteam aus den USA untersucht, wie Astrozyten bei Alzheimer-Mäusen Amyloid-Plaques abbauen und so die kognitive Funktion erhalten. Im Fokus steht das Protein Sox9, das die Aktivität der Astrozyten steuert und deren Fähigkeit zur Plaque-Beseitigung beeinflusst.

Forscher des Baylor College of Medicine (Texas, USA) haben einen natürlichen Mechanismus entdeckt, der bestehende Amyloid-Plaques im Gehirn von Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit abbaut und die kognitiven Funktionen erhält. Dieser Mechanismus rekrutiert Astrozyten, um die toxischen Amyloid-Plaques zu entfernen, die sich in vielen Alzheimer-Gehirnen ansammeln. Die Steigerung der Produktion von Sox9 aktivierte die Fähigkeit der Astrozyten, Amyloid-Plaques zu abbauen. Sox9 ist ein Schlüsselprotein, das die Astrozytenfunktionen im Alter reguliert. Die Studie deutet auf einen potenziellen, auf Astrozyten basierenden Therapieansatz zur Linderung des kognitiven Abbaus bei neurodegenerativen Erkrankungen hin. Sie wurde in „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.

„Astrozyten erfüllen vielfältige Aufgaben, die für die normale Hirnfunktion unerlässlich sind, darunter die Unterstützung der Hirnkommunikation und die Speicherung von Erinnerungen. Mit zunehmendem Alter des Gehirns zeigen Astrozyten tiefgreifende funktionelle Veränderungen. Die Rolle dieser Veränderungen bei Alterungsprozessen und Neurodegeneration ist jedoch noch nicht vollständig geklärt“, so Erstautor Dr. Dong-Joo Choi.

Manipulation der Sox9-Expression in Alzheimer-Mäusen

In der vorliegenden Studie untersuchten Forscher Mechanismen, die mit der Alterung von Astrozyten und der Alzheimer-Krankheit in Zusammenhang stehen. Ihr Fokus lag dabei auf dem Protein Sox9, da dieses eine zentrale Rolle bei der Regulation mehrerer Gene in alternden Astrozyten spielt. „Wir manipulierten die Expression des Sox9-Gens, um seine Funktion bei der Aufrechterhaltung der Astrozytenfunktion im alternden Gehirn und in Alzheimer-Modellen zu untersuchen“, erklärt der korrespondierende Autor Prof. Benjamin Deneen.

„Ein wichtiger Aspekt unseres Versuchsaufbaus ist, dass wir mit Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit gearbeitet haben, die bereits kognitive Beeinträchtigungen wie Gedächtnisdefizite und Amyloid-Plaques im Gehirn aufwiesen“, erklärt Choi. „Wir glauben, dass diese Modelle besser zu den Symptomen vieler Alzheimer-Patienten passen als andere Modelle, bei denen solche Experimente vor der Plaquebildung durchgeführt werden.“

Sox9 Überexpression fördert Plaque-Abbau und bewahrt kognitive Funktion

Bei diesen Alzheimer-Mäusen überexprimierte oder eliminierte das Team Sox9. Anschließend untersuchte es sechs Monate lang die kognitive Funktion einzelner Mäuse, indem es deren Fähigkeit zur Objekt- und Ortserkennung bewertete. Am Ende des Experiments maßen die Forscher die Plaqueablagerung im Gehirn.

Im Vergleich zur Reduktion der Sox9-Expression hatte deren Erhöhung den gegenteiligen Effekt. Der Sox9-Knockout beschleunigte die Plaquebildung, verringerte die Komplexität der Astrozyten und verringerte den Abbau von Amyloidablagerungen. Die Überexpression kehrte diese Trends um, förderte den Plaqueabbau und erhöhte gleichzeitig die Aktivität und Komplexität der Zellen. Wichtig ist, dass die Überexpression von Sox9 auch die kognitive Funktion dieser Mäuse bewahrte. Dies deutet darauf hin, dass die astrozytäre Beseitigung von Plaques den neurodegenerativen kognitiven Abbau aufhält.

Neue Therapieperspektiven

„Wir haben festgestellt, dass eine erhöhte Sox9-Expression Astrozyten dazu anregt, mehr Amyloid-Plaques aufzunehmen und sie so wie ein Staubsauger aus dem Gehirn zu entfernen“, berichtet Deneen. „Die meisten aktuellen Behandlungen konzentrieren sich auf Neuronen oder versuchen, die Bildung von Amyloid-Plaques zu verhindern. Diese Studie legt nahe, dass die Stärkung der natürlichen Reinigungsfunktion von Astrozyten genauso wichtig sein könnte.“

Choi, Deneen und ihre Kollegen betonen jedoch, dass weitere Forschung nötig sei, um die Funktionsweise von Sox9 im menschlichen Gehirn im Zeitverlauf zu verstehen. Ihre Arbeit eröffne aber die Möglichkeit für Therapien, die eines Tages Astrozyten nutzen könnten, um neurodegenerative Erkrankungen zu bekämpfen.

(lj/BIERMANN)