Atemwegserkrankungen: Hohe Temperaturen inzwischen gefährlicher als niedrige29. Mai 2020 Foto: © Andrey Popov/Adobe Stock Eine Analyse von Daten zu mehr als 1,3 Millionen Todesfällen hat ergeben, dass sich die Saisonalität der temperaturbedingten Mortalität aufgrund von Atemwegserkrankungen von den kältesten zu den heißesten Monaten des Jahres verschoben hat. Forscher des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) hatte Todesfälle in Verbindung mit Atemwegserkrankungen in Spanien zwischen 1980 und 2016 untersucht. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass der Rückgang der temperaturbedingten Sterblichkeit in den Wintermonaten nicht auf die mit dem Klimawandel verbundenen steigenden Temperaturen zurückzuführen ist, sondern auf die Anpassung der Bevölkerung an niedrigere Temperaturen. In der Studie wurden tägliche Temperaturdaten und Sterblichkeitsraten in Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Altersgruppe und Wohnort – aus 48 spanischen Provinzen ausgewertet. Die Analyse der Daten zur Mortalität aufgrund von Atemwegserkrankungen ergab einen durchschnittlichen Rückgang der Todesfälle um 16,5 Prozent pro Jahrzehnt in den kälteren Monaten im Vergleich zu relativ stabilen Zahlen für die wärmeren Monate des Jahres während des 37-jährigen Untersuchungszeitraumes. Temperaturbedingte Todesfälle aufgrund von Atemwegserkrankungen waren im Januar und Dezember am häufigsten und erreichten im Juli und August ihren Höhepunkt. „Vor zwei oder drei Jahrzehnten stellten Atemwegserkrankungen, die durch niedrige Temperaturen verursacht wurden, in Spanien ein zusätzliches Sterberisiko dar“, kommentiert Hauptautor Hicham Achebak, Forscher am ISGlobal und am Zentrum für demografische Studien der Autonomen Universität Barcelona. „Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass dieses Risiko allmählich zurückgegangen ist. Dank adaptiver Maßnahmen, wie dem weit verbreiteten Einsatz von Heizungen und der verbesserten Behandlung dieser Erkrankungen, wird die Mortalität von Atemwegserkrankungen nicht mehr durch kalte Temperaturen bestimmt, und wir sehen eine vollständige Umkehrung im saisonalen Zyklus“ Obwohl diese Inversion über alle Geschlechts- und Altersgruppen hinweg beobachtet wurde, gab es Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Empfindlichkeit gegenüber Hitze nahm mit dem Alter zu und war bei Frauen stärker als bei Männern. Umgekehrt nahmen die Auswirkungen von Kälte mit dem Alter ab und waren bei Frauen weniger ausgeprägt als bei Männern, obwohl die Unterschiede zwischen den Gruppen in diesem Fall viel weniger auffällig waren. „In den späteren Jahren unseres Untersuchungszeitraumes waren die Unterschiede im Mortalitätsrisiko zwischen den Gruppen bei kalten Temperaturen kaum wahrnehmbar, während die Unterschiede in den Sommermonaten signifikant waren“, kommentiert Joan Ballester, Mitautorin der Studie. „Diese Beobachtungen spiegeln einen bemerkenswerten Prozess der Anpassung an Kälte, aber nicht an Wärme wider.“ Klimawandel und Gesundheitspolitik Der Klimawandel ist laut den Forschern mit zahlreichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden. Extreme Temperaturen korrelieren beispielsweise mit Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. „Diese Studie zeigt, dass die projizierte Abnahme der Anzahl kalter Tage aufgrund der globalen Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten nicht zu einer weiteren Verringerung der Sterblichkeit aufgrund von Atemwegserkrankungen beitragen wird“, kommentiert Achebak. „Todesfälle aufgrund hoher oder niedriger Temperaturen werden durch eine Kombination aus extremen Temperaturen und der Anfälligkeit der Bevölkerung verursacht“, erklärt Ballester. „Um diese Empfindlichkeit zu verringern, bedarf es möglicherweise Strategien im Zusammenhang mit der sozioökonomischen Entwicklung, beispielsweise zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung.“ (ac)
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