Auf dem Weg zu neuen Medikamenten: Metalle gegen Pilzinfektionen23. September 2022 Angelo Frei bei der Arbeit im Labor. (Foto: © Angelo Frei) Eine internationale Kollaboration unter der Leitung von Forschenden der Universität Bern (Schweiz) und der University of Queensland in Australien hat gezeigt, dass chemische Verbindungen mit speziellen Metallen hocheffektiv gegen gefährliche Pilzinfektionen sind. Mit diesen Ergebnissen könnten innovative Medikamente entwickelt werden, die gegen resistente Bakterien und Pilze wirksam sind. Jährlich erkranken mehr als eine Milliarde Menschen an einer Pilzinfektion. Obwohl diese für die meisten harmlos sind, sterben mehr als 1,5 Millionen Patienten jährlich an den Folgen einer solchen Infektion. Während immer mehr Pilzstränge nachgewiesen werden, die gegen eine oder mehrere der verfügbaren Medikamente resistent sind, ist die Entwicklung von neuen Medikamenten in den letzten Jahren fast zum Stillstand gekommen. So laufen heute nur rund ein Dutzend klinische Studien mit neuen Wirkstoffen gegen Pilzinfektionen. „Im Vergleich zu den über tausend Krebsmedikamenten, die zurzeit an Menschen getestet werden, ist dies eine verschwindend kleine Menge“, sagt Dr. Angelo Frei vom Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie der Universität Bern, Erstautor der Studie. Mit Crowd-Sourcing die Antibiotikaforschung ankurbeln Um die Entwicklung von Pilz- und Bakterienwirkstoffen zu fördern, haben Forschende an der University of Queensland die Community for Open Antimicrobial Drug Discovery (CO-ADD) gegründet. Das ambitionierte Ziel der Initiative: neue antimikrobielle Wirkstoffe zu finden, indem Chemikern weltweit angeboten wird, jegliche chemische Verbindungen kostenfrei gegen Bakterien und Pilze zu testen. Wie Frei erklärt, lag der Fokus von CO-ADD anfangs auf „organischen“ Molekülen, welche mehrheitlich aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff bestehen und keine Metalle enthalten. Frei, der mit seiner Forschungsgruppe an der Universität Bern versucht, neue Antibiotika auf der Basis von Metallen zu entwickeln, fand jedoch heraus, dass mehr als 1000 der über 300.000 von CO-ADD getesteten Verbindungen Metalle enthalten. „Bei den meisten Leuten löst das Wort Metall in Verbindung mit Menschen Unbehagen aus. Die Meinung, dass Metalle für uns grundsätzlich schädlich sind, ist weit verbreitet. Allerdings stimmt dies nur bedingt. Ausschlaggebend ist, welches Metall in welcher Form angewendet wird“, sagt Frei, der bei der CO-ADD Datenbank der Verantwortliche für alle Metall-Verbindungen ist. Geringe Toxizität nachgewiesen In der neuen Studie konzentrierten sich die Forschenden nun auf die Metallverbindungen, die eine Aktivität gegen Pilzinfektionen zeigten. So wurden 21 hochaktive Metallverbindungen gegen verschiede resistente Pilzstränge getestet. Diese enthalten die Metalle Kobalt, Nickel, Rhodium, Palladium, Silber Europium, Iridium, Platin, Molybdän und Gold. „Viele der Metallverbindungen zeigten gute Aktivität gegen alle Stränge und wirkten bis zu 30.000-mal aktiver gegen Pilze als gegen menschliche Zellen“, erklärt Frei. Die aktivsten Verbindungen wurden dann in einem Modellorganismus, den Larven der Wachsmotte, getestet. Dabei konnten die Forschenden beobachten, dass nur eine der elf getesteten Metallverbindungen Anzeichen von Toxizität zeigte, während die übrigen von den Larven gut toleriert wurden. Im nächsten Schritt wurden einige Metallverbindungen in einem Infektionsmodell getestet, wobei eine Verbindung effektiv die Pilzinfektion in Larven reduzieren konnte. Großes Potenzial für breite Anwendung Metallverbindungen sind in der Medizin nicht neu: Das platinhaltige Cisplatin ist beispielsweise eines der meistverwendeten Medikamente gegen Krebs. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg, bis neue antimikrobielle metallhaltige Medikamente zugelassen werden könnten. „Unsere Hoffnung ist, dass unsere Arbeit den Ruf von Metallen in der medizinischen Anwendung verbessert und andere Forschungsgruppen motiviert, dieses große, aber noch relativ unerforschte Feld weiter zu erkunden“, sagt Frei. „Wenn wir das volle Potenzial des Periodensystems ausschöpfen, können wir möglicherweise verhindern, dass wir bald ohne effektive Antibiotika und Wirkstoffe gegen Pilze dastehen.“ Die Studie wurde unter anderen vom Schweizer Nationalfonds als auch vom Wellcome Trust und der University of Queensland unterstützt.
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