Austauschbarkeit von verordneten Biologika: G-BA definiert die Voraussetzungen8. Dezember 2025 Foto: bnenin/stock.adobe.com Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, unter welchen Voraussetzungen Apotheken verordnete Biologika durch Biosimilars ersetzen dürfen. Während die Kassen großes Sparpotenzial sehen, warnt die Pharmabranche vor Versorgungsproblemen. Verordnete Arzneien durch eine preisgünstigere Alternative zu ersetzen hat sich bei chemisch synthetisch hergestellten Wirkstoffen bewährt, um Kosten zu sparen. Für die oftmals hochpreisigen Biologika ging das bislang nur bei Infusions- und Injektionslösungen, die in Apotheken patientenindividuell zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung zubereitet werden. Jetzt hat der G-BA im Auftrag des Gesetzgebers ähnliche Regelungen für verordnete Biologika vorgelegt. Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, erklärte anlässlich des Beschlusses am 4. Dezember 2025: „Der gesetzgeberische Wille bei seinen Aufträgen an den G-BA ist eindeutig: Es geht darum, auch im Bereich der Biologika Kosten für die Versichertengemeinschaft einzusparen. Aufgabe des G-BA ist es also, die Verordnung und Abgabe preisgünstiger Biologika zu fördern – ohne für die Patientinnen und Patienten die Arzneimitteltherapiesicherheit oder die Teilhabe am medizinischen Fortschritt zu gefährden. Das ist uns aus meiner Sicht mit dem heutigen Beschluss gelungen.“ Pharma Deutschland: Gesundheitssystem wiederholt schweren Fehler Ganz anderes blickt die Pharmaindustrie auf diesen Sachverhalt. So warnte etwa Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin beim Branchenverband Pharma Deutschland: „Mit der heutigen Entscheidung des G-BA droht das deutsche Gesundheitssystem einen schweren Fehler zu wiederholen. Mit dem Argument, Kostensenkungen bei der medizinischen Versorgung erreichen zu wollen, wird ein Prozess in Gang gesetzt, der bei den Generika bereits zu einem handfesten Versorgungsproblem geführt hat.“ Sie verwies auf zahlreiche Lieferengpässe, die zeigten, dass diese Situation die Resilienz der Arzneimittelversorgung schwäche. Exklusive Rabattausschreibungen hätten bei den Generika zu Lieferengpässen und abgewanderter Produktion geführt. Diese Probleme zu beheben, sei heute sehr kostenintensiv, so Brakmann weiter. Die Branchen-Vertreterin forderte daher: „Die Neuregelung der Biosimilars-Anwendung darf weder Versorgungssicherheit gefährden noch Apotheken mit übermäßigem Beratungsaufwand belasten. Stattdessen brauchen wir resiliente, diversifizierte Lieferketten für eine stabile Patientenversorgung.“ Kostendämpfung und Resilienz stünden nur dann im Widerspruch, wenn ausschließlich kurzfristige Einsparungen im Fokus stehen. Eine strategische Perspektive erkenne dagegen Resilienz als Kostenstabilisator und wichtigen Wettbewerbsfaktor. Kassen sehen großes Sparpotenzial und schlagen Austauschpflicht vor Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) forderte Brakmann auf: „Das Bundesministerium sollte den heutigen G-BA-Beschluss prüfen – mit dem klaren Blick auf eine strategisch resiliente Ausrichtung.“ Der G-BA legt seinen Beschluss zur Ergänzung eines neuen § 40c in Abschnitt M der Arzneimittel-Richtlinie dem BMG zur Prüfung vor. In Kraft treten können die Regelungen frühestens im Frühjahr 2026. Krankenkassen begrüßen es, dass die Möglichkeit geschaffen werden soll, verordnete Biologika in der Apotheke durch Biosimilars zu ersetzten. So verwies Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, auf „milliardenschwere Effizienzpotentiale im Biosimilar-Bereich“. Für Reimann ist die Vorgehensweise bei Generika nicht Fehler, sondern Vorbild. Ihr Vorschlag: „Die Substitution könnte noch effizienter werden, wenn sich die Austauschpflicht – wie bei Generika – auf ein gemeinsames Anwendungsgebiet bezieht.“ Eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Institutes der AOK rechnet mit möglichen Einsparungen von – im besten Fall – bis zu 2,3 Milliarden Euro. Austauschbarkeit von Biologika in Apotheken – Voraussetzungen Ersetzt Apothekenpersonal ein ärztlich verordnetes Biologikum durch ein günstigeres Produkt muss es – gemäß § 40c (neu) Arzneimittel-RL – Folgendes prüfen: Das abzugebende Produkt muss für mindestens ein gleiches Anwendungsgebiet sowie mindestens für dieselben Applikationsarten zugelassen sein wie das verordnete. Das abzugebende und das verordnete Produkt müssen in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sein. Darüber hinaus müssen sie die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzen. Bei Arzneimitteln mit gleicher Darreichungsform muss zudem das Behältnis (Fertigspritze, Fertigpen, Patrone etc.) übereinstimmen. Eine Ersetzung kann grundsätzlich im Verhältnis eines Referenzarzneimittels zu seinen Biosimilars sowie zwischen Biosimilars untereinander erfolgen. Voraussetzung ist, dass diese mit Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind. Als Informationsquelle für die Abgabeentscheidungen können die Apotheken – neben der Apothekensoftware bzw. den Preis- und Verzeichnisdiensten – die Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie nutzen. Sie bietet eine Übersicht über die Zusammenhänge der in Deutschland zugelassenen Biologika sowie deren Biosimilars. Steht ein Arzneimittel mit Rabattvertrag der Krankenkasse der oder des Versicherten zur Verfügung, ist damit die Wirtschaftlichkeit sichergestellt und ein weiterer Kostenvergleich nicht notwendig. Wenn die Ärztin oder der Arzt einen Austausch des verordneten Biologikums aus medizinisch-therapeutischen Gründen auf der Verordnung ausgeschlossen hat, müssen Apotheken das Medikament nicht austauschen. Zudem kann die Apotheke unter Würdigung patientenindividueller Aspekte von einer Ersetzung absehen. Das wäre beispielsweise denkbar, wenn die Apotheke von in der Vergangenheit aufgetretenen Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten oder Allergien des Patienten weiß. (ja/BIERMANN)
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