Ausweitung der Vogelgrippe durch Zug der Kraniche erwartet

(Symbolbild) Foto: © Simon Vasut – stock.adobe.com

Mehr als tausend tote Kraniche in Brandenburg: Die Vogelgrippe trifft die Tiere mitten im Herbstzug gen Süden. Experten warnen vor einer raschen Ausbreitung. Geflügelhalter sind in Alarmstimmung. Verstärkte Schutzmaßnahmen sind dringend erforderlich.

Die Vogelgrippe bei Kranichen in einem bislang einmaligen Ausmaß wird sich nach Einschätzung des Landesumweltamtes in Brandenburg ausweiten. Auch für viele andere Vogelarten besteht eine akute Infektionsgefahr.

Mehr als 1.000 Kraniche seien nach Schätzungen bislang an der Tierseuche gestorben, teilte die Staatliche Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt (LfU) am Vormittag mit. Betroffen ist vor allem das Rastgebiet an den Linumer Teichen im Ruppiner Seenland. Dort sammelten Helfer die Kadaver ein.

Unter den Wildvögeln sind laut Friedrich-Loeffler-Institut erstmals Kraniche auffällig oft betroffen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde das hochpathogene aviäre Influenzavirus bei diesen Zugvögeln nachgewiesen.

Höhepunkt des Vogelzuges

Brandenburg sei aktuell wie viele andere Bundesländer von einem in dieser Größenordnung bislang einmaligen Ausbruch einer Wildtierseuche bei Kranichen betroffen, so das LfU. Das Seuchengeschehen treffe die Kraniche während des Höhepunkts des Herbstzuges. Es sei daher mit einer deutlichen Zunahme weiterer Todesfälle sowie einer raschen Verbreitung in Mitteleuropa und auf dem weiteren Zugweg zu rechnen.

Seltene Großtrappen bedroht

Wie in den Vorjahren überflogen die Kraniche das Havelländische Luch, ein Gebiet, das laut Landesumweltamt für den Erhalt der letzten deutschen Großtrappenpopulationen von entscheidender Bedeutung ist.

Dort bestehe eine akute Infektionsgefahr für die Großtrappen sowie für eine Vielzahl weiterer Vogelarten, darunter Wasservögel, Rabenvögel und Greifvögel als Konsumenten toter Vögel. Die Geflügelhaltungen entlang der Flugwege der Wildvögel seien ebenfalls gefährdet.

Zehntausende Kraniche rasten jedes Jahr in Brandenburg vor ihrem Weiterflug gen Süden. Laut Schätzung des Naturschutzbundes Nabu hielten sich zuletzt noch um die 6.900 Kraniche rings um Linum auf.

Großtrappen, die zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt zählen, und im Havelland brüten, wurden vor dem Aussterben bewahrt.

Zudem droht sich die Geflügelpest – umgangssprachlich Vogelgrippe genannt – in der Landwirtschaft auszuweiten. In Brandenburg gab es zwei bestätigte Ausbrüche in Agrarbetrieben. Am Dienstagnachmittag meldete dann der Kreis Oberhavel einen Verdachtsfall. Auch dort wurden mehrere tote Kraniche gefunden.

Bislang wurden in Brandenburg mehr als 9.000 Puten und Enten wegen der Tierseuche getötet. Das Friedrich-Loeffler-Institut hatte das aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1 nachgewiesen. In Mecklenburg-Vorpommern waren zuletzt zwei Legehennen-Betriebe mit insgesamt rund 150.000 Tieren betroffen.

Erhöhter Schutz notwendig

Die Geflügelpest ist eine hochansteckende und bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Vor allem wilde Wasservögel gelten als Träger des Virus und können es übertragen.

Unter Umständen können die Erreger auch Erkrankungen bei Menschen hervorrufen, wie es vom Robert Koch-Institut hieß. Personen mit direktem Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln sollen besondere Hygienevorschriften beachten. In Schutz- und Überwachungszonen rund um betroffene Betriebe müssen die Halter Kontakte ihres Geflügels zu Wildvögeln vermeiden.

Neuer Vogelgrippe-Fall: Tausende Gänse in Kremmen betroffen

Weiterer Fall der Vogelgrippe in Brandenburg: Jetzt trifft es einen Agrarbetrieb in Kremmen – kurz vor der Gänse-Saison.

Rund 5.000 Gänse sind in Kremmen im Kreis Oberhavel vom Ausbruch der Geflügelpest betroffen und müssen getötet werden. Im Gänsegehege sei ein toter Kranich gefunden worden, sagte der Betriebsleiter des betroffenen Spargelhofs Kremmen, Malte Voigts, der Deutschen Presse-Agentur. Der Verdacht auf Vogelgrippe habe sich bestätigt. Im Gänse-Bestand sei das hochpathogene aviäre Influenzavirus (HPAIV) des Subtyps H5N1 nachgewiesen worden. 

Das sei sehr traurig, aber die Freilandhaltung liege im Zuggebiet der Vögel, sagte Voigts. „Die Kraniche fallen tatsächlich im Flug vom Himmel.“ Der Agrarbetrieb hält Gänse und Enten in Freilandhaltung.

Große Solidarität unter den Bauern

Bei den Enten seien bislang keine Verhaltensauffälligkeiten zu bemerken. Diese Tiere werden 15 Kilometer von den Gänsen entfernt gehalten, wie Voigts sagte. Es würden aber Proben von Enten untersucht.

Für den Betrieb in Kremmen steht die Hochsaison für den Verkauf von Gänsen und Enten bevor. Er könne nun nicht so viele frische Gänse anbieten wie normalerweise, sagte Voigts. Aber er wolle von anderen Landwirten aus Brandenburg Tiere aus Freilandhaltung dazu kaufen. Die Solidarität unter den Bauern sei groß.