Bären im Winterschlaf: Fett, aber gesund11. Oktober 2021 Bär im Winterschlaf Foto: © Jon A. Arnemo Für den Winterschlaf bauen Braunbären große Fettreserven auf, die sie als Energiereserve nutzen. Das hat für die Blutgefäße jedoch keine negativen Folgen, wie eine soeben in „Scientific Reports“ veröffentlichte internationale Studie unter der Leitung der Vetmeduni anhand von skandinavischen Braunbären (lat.: Ursus arctos) zeigt. Denn obwohl sich ihr Fettstoffwechsel während des Winterschlafs radikal verändert, sind die Braunbären durch Gegenmechanismen in der Lage, ihr Blutplasma und ihre Muskeln trotz erhöhter Lipidspiegel wirksam zu schützen. Der Winterschlaf der Säugetiere ermöglicht es, im Winter raue Umweltbedingungen – einschließlich Nahrungsmangel – zu überleben. Dazu sammeln überwinternde Säugetiere vor der kalten Jahreszeit große Fettreserven an und verdoppeln ihre Körpermasse vom Frühjahr bis zum frühen Herbst beinahe, was beim Menschen als fettleibig angesehen würde. Dann treten Säugetiere im Winterschlaf in einen Zustand des Stoffwechsels – den sogenannten Torpor – ein, der zu einer erheblichen Reduzierung des Energiebedarfs führt und es den Tieren ermöglicht, den Winter zu überleben. Überwinternde Braunbären sind vor atherogenen Fettstoffwechselstörungen geschützt Um die Mechanismen zu untersuchen, durch die Winterschläfer atherogene Hyperlipidämie – eine Fettstoffwechselstörung – während des Winterschlafs vermeiden, untersuchte das Forschungsteam den Lipoprotein- und Cholesterinstoffwechsel von freilebenden skandinavischen Braunbären. Dazu wurden im Winter und im Sommer die Lipoproteingrößen und -unterklassen, die Triglycerid-bezogenen Plasmaenzymaktivitäten und die Muskellipidzusammensetzung sowie die Plasmaspiegel der antioxidativen Kapazitäten und Entzündungsmarker gemessen. Das Ergebnis: „Obwohl fast alle Lipidspiegel erhöht waren, ermöglichte eine um mehr als ein Drittel höhere Cholesterinester-Transferprotein-Aktivität eine Stabilisierung der Lipidzusammensetzung von Lipoproteinen mit hoher Dichte (HDL). Die Konzentrationen von entzündungsfördernden Stoffwechselprodukten nahmen im Winter ab und korrelierten umgekehrt mit kardioprotektiven HDL2b-Anteilen und HDL-Werten, die während des Winterschlafs anstiegen“, so Studien-Erstautor Sylvain Giroud, Wildtierökologe am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni. Fettleibig, aber gesund durch den Winterschlaf Laut Giroud deuten zudem niedrigere Muskelcholesterinkonzentrationen und eine geringere Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase-Aktivität im Winter darauf hin, dass der Winterschlaf eine kontrollierte periphere Cholesterinsynthese bzw. -freisetzung mit sich bringt. Außerdem verhindern erhöhte Plasma-Antioxidantien-Kapazitäten übermäßige lipidspezifische oxidative Schäden im Plasma und in den Muskeln. Daher bewältigen Braunbären während des Winterschlafs große Lipidflüsse, ohne nachteilige atherogene Wirkungen zu entwickeln – die bei Menschen und Nicht-Winterschläfern bei Fettleibigkeit auftreten. Neue Erkenntnisse im Kampf gegen Atherosklerose Die neuen Erkenntnisse der ForscherInnen sind insbesondere auch deshalb interessant, da es sich bei der atherogenen Hyperlipidämie um eine Stoffwechselstörung handelt, von der auch Menschen betroffen sind. Dabei werden Cholesterinester und andere Fette in die innere Wandschicht arterieller Blutgefäße eingelagert, was in weiterer Folge zur Atherosklerose führt, wodurch insbesondere Herzkranzgefäße, Halsschlagader und die großen Beinarterien geschädigt werden. Das aus der Untersuchung der Braunbären gewonnene Verständnis ist deshalb auch von großem Interesse, um neue Strategien gegen die Atherosklerose beim Menschen zu entwickeln. Weitere Informationen Der Artikel „Hibernating brown bears are protected against atherogenic dyslipidemia“ von Sylvain Giroud, Isabelle Chery, Mathilde Arrivé, Michel Prost, Julie Zumsteg, Dimitri Heintz, Alina L. Evans, Guillemette Gauquelin‑Koch, Jon M. Arnemo, Jon E. Swenson, Etienne Lefai, Fabrice Bertile, Chantal Simon und Stéphane Blanc wurde in „Scientific Reports“ veröffentlicht. Zum wissenschaftlichen Artikel
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