Balzan Preis 2022 für Biomaterialien für die Nanomedizin und die Gewebetechnik

Verleihung des Balzan Preises 2022 an den US-amerikanischen Chemieingenieur Robert Langer. Foto: ©Balzan Price

Der US-amerikanische Chemieingenieur und Professor am Massachusetts Institute of Technology Robert Langer wurde mit dem Balzan Preis 2022 „für seine bahnbrechenden Forschungen zu Biopolymeren und Biomaterialien und deren Synthese sowie für die Entwicklung der Nanomedizin, einschließlich der Fortschritte bei mRNA-Impfstoffen und Tissue Engineering“ geehrt.

Alljährlich werden vier Balzan Preise von der internationalen Stiftung Preis Balzan verliehen, deren selbsterklärtes Ziel es ist, weltweit die Kultur und Wissenschaften sowie verdienstvolle Initiativen für Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern zu fördern. Die vier Balzan Preise werden an Forscher und Wissenschaftler der Geistes-, Sowzialwissenschaften und Kunst sowie der Physik, Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin vergeben, die in ihrem Tätigkeitsbereich international anerkannte Leistungen erbracht haben. 

Die Preisträger erhalten 750.000  Schweizer Franken (ca. 675.000 Euro). Die Hälfte des Preisgeldes muss zur Finanzierung von Forschungsprojekten verwendet werden. Die Preisverleihung fand am Freitag, 25. November 2022, in Rom (Italien) statt. In der Accademia Nazionale dei Lincei wurden im Rahmen einer feierlichen Zeremonie neben Langer auch Martha C. Nussbaum für Moralphilosophie, Philip V. Bohlman für Ethnomusikologie und Dorthe Dahl-Jensen und Johannes (Hans) Oerlemans für die Vereisung und die Dynamik der Eisschicht ausgezeichnet.

Kontrollierte Freisetzung von Makromolekülen

Mit Langer ehrte die internationale Stiftung Preis Balzan einen Wissenschaftler, dessen „bahnbrechende Entdeckungen den Weg für Durchbrüche bei der kontrollierten Freisetzung von Makromolekülen mit vielen medizinischen Anwendungen geebnet“ hätten, darunter neue Behandlungen für Krebs wie Lupron-Depot, Zoladex und Gliadel, für Herzerkrankungen wie medikamentenbeschichtete Stents und für Diabetes wie Bydureon.

„Hunderte von Millionen Menschen weltweit nehmen jedes Jahr Medikamente mit kontrollierter Wirkstofffreisetzung ein. Polymere Arzneimittelabgabesysteme, die weitgehend auf den Entdeckungen von Robert Langer beruhen, haben Arzneimitteltherapien ermöglicht, die andernfalls nicht realisierbar gewesen wären, und haben die Ausgaben für das Gesundheitswesen gesenkt, da sie es erlauben, winzige Mengen von Arzneimitteln über einen längeren Zeitraum hinweg präzise abzugeben und dabei systemische Komplikationen zu vermeiden“, erklärt die Balzan Stiftung zur Wahl des heute 74-Jährigen.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Unter Berufung auf ein Porträt in „Nature“ aus dem Jahre 2009 sieht auch die internationale Stiftung Preis Balzan die Begründung des modernen Tissue Engineerings als Langers Verdienst an: „Robert Langer (und sein Mitarbeiter Joseph Vacanti) waren die ersten, die synthetische Polymersysteme entwickelten, die es Zellen ermöglichen, spezifische Gewebestrukturen zu bilden“, erläutert die Stiftung. Dieser Durchbruch führte auch zur Entwicklung einer neuen künstlichen Haut, die heute bei Patienten mit Verbrennungen und Hautgeschwüren eingesetzt wird. Auch Knorpel, Knochen, Hornhäute, Blutgefäße und Rückenmark wurden mit Hilfe dieses Ansatzes beim Menschen erzeugt, was letztendlich dazu führen kann, dass praktisch jedes Gewebe oder Organ des Körpers sowie Organe und spezifische Gewebe auf einem Chip erzeugt werden können.

Langer entdeckte Möglichkeiten, kleine Moleküle in Form von Gelen zu verwenden, die das Wachstum bestimmter Arten von Stammzellen stark fördern; Moleküle dieser Art werden jetzt klinisch getestet, um Hörverlust wiederherzustellen. In einer Reihe von acht Artikeln in der Zeitschrift „Nature“ haben Langer und sein ehemaliger Postdoktorand Daniel Anderson die Grundlagen der Fibrose von Biomaterialien aufgeklärt und die ersten nichtfibrotischen Materialien entwickelt, die sie dann erfolgreich für die Verkapselung von Zellen eingesetzt haben.

Weiterhin haben Langer und der verstorbene Judah Folkman winzige Partikel zum Schutz und zur Verabreichung von Nukleinsäuren entwickelten – obwohl dies damals als unmöglich galt. Ihr Ansatz (der von anderen verbessert wurde) ist heute die Grundlage für alle mRNA-Impfstoffe.

Langer ist die meistzitierte Person in den Bereichen Ingenieurwesen und Chemie und gehört zu den drei meistzitierten Forschern in allen Bereichen. Er ist der Autor von mehr als 1500 Veröffentlichungen (davon über 200 in Nature, Science und PNAS). Er ist der Erfinder von mehr als 1000 erteilten Patenten und mehr als 500 angemeldeten Patenten, was die höchste Zahl in der Geschichte der Medizin darstellt. 

(ah)