Balzgesänge von Hausmäusen sagen Paarungserfolg voraus16. Januar 2025 Hausmäuse Foto: © Bettina Wernisch/ Vetmeduni Wien Während der Balz senden Hausmäuse (Mus musculus) Ultraschallvokalisationen (USVs) aus, die jenseits des menschlichen Hörbereichs liegen (>20 kHz). Männchen produzieren etwa 90 % der USVs während gegengeschlechtlicher Interaktionen und ihre Vokalisationen zeigen Ähnlichkeiten zu Vogelgesängen. Forscher des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni untersuchten kürzlich die verschiedenen Arten von Rufen, die von wilden Hausmäusen während der unterschiedlichen Stadien der Balz ausgesendet werden. Zudem testeten die Wissenschaftler, ob bestimmte Rufe den Paarungserfolg der Männchen beeinflussen. Die Forscher zeichneten die Rufe von Mäusepaaren während verschiedener Balz- und Paarungsphasen auf und analysierten die Aufnahmen anschließend mit Hilfe von Spektrogrammen, um die einzelnen Vokalisationstypen zu klassifizieren und die Emissionsraten im Zeitverlauf zu quantifizieren. Sie klassifizierten über 53.000 Rufe, von denen 90 % USVs waren. USVs können in einfachere und komplexere Typen eingeteilt werden. Die Nagetiere gaben während jeder zehnminütigen Aufnahme 0 bis 2.000 USVs ab. Mäusevokalisationen werden während des Balzverhaltens immer komplexer Während des Balz- und Paarungsverhaltens zeigten die Mäuse bemerkenswert komplexe und dynamische Veränderungen in ihrer Vokalkomposition und ihrem Repertoire. Die folgende Illustration zeigt vier Hauptphasen des Balz- und Paarungsverhaltens und Spektrogramme der typischerweise geäußerten Rufe (während zwei Sekunden jeder Phase): (1) Die Mäuse stießen zunächst nur wenige Rufe aus. (2) Nach der Kontaktaufnahme und dem gegenseitigen Beschnuppern erhöhten sie die Emission aller einfachen USV-Typen. (3) Viele Stunden später, als die Männchen begannen, erste Paarungsversuche und andere sexuelle Verhaltensweisen an den Tag zu legen, verstärkten sie die Aussendung aller komplexen USVs, die Frequenzsprünge und harmonische Elemente enthalten. (4) Nachdem die Männchen ejakuliert hatten, hörten sie kurzzeitig auf zu singen, nahmen dann aber ihre Rufe wieder auf, wobei sie allerdings in dieser Phase nur mit einfachen USV-Typen riefen. Illustrationen: © Bettina Wernisch/ Vetmeduni Während der späten Balz waren die Vokalisationen der Mäuse eng mit dem Paarungsverhalten der Männchen abgestimmt und erreichten ihren Höhepunkt in Emissionsrate und Komplexität kurz bevor sich die Männchen dem Weibchen näherten und versuchten, es zu besteigen. „Die USV-Emissionsraten nahmen zu, je mehr Sexualverhalten die Männchen an den Tag legten, und zwar insbesondere bei den Mäusen, die erfolgreich kopulierten (mit Ejakulation), was darauf hindeutet, dass die Wirkung der USV auf den Paarungserfolg der Männchen vom Sexualverhalten der Männchen abhängt und umgekehrt“, sagt Studienletztautor Dustin Penn vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni. Ebenso begannen in jenen Fällen die Lautfolgen früher und enthielten komplexere Silbentypen, in denen die Paarungsversuche der Männchen in einer Kopulation endeten. Die Experten detektierten auch Unterschiede in den Vokalisationen während der Anfangsphase des Balzverhaltens – das heißt viele Stunden bevor die Mäuse überhaupt mit sexuellen Interaktionen begannen – zwischen den Paaren, bei denen es später zu einer erfolgreichen Kopulation mit Ejakulation kam und jenen, die sich nicht verpaarten. Breitbandvokalisationen spielten im Kontext des Paarungserfolgs ebenso eine Rolle Etwa zehn Prozent der von den Mäusen ausgestoßenen Rufe waren Breitbandvokalisationen (BBVs), die in der Fachliteratur gemeinhin als „squeaks“ bekannt sind (diese Rufe enthalten viele harmonische Resonanzen, spielen sich in niedrigeren Frequenzbereichen ab und sind daher für menschliche Ohren teilweise hörbar; siehe auch die markante, niedrigfrequentere Vokalisation in Phase 3 der obigen Abbildung). Es wird angenommen, dass BBVs hauptsächlich oder ausschließlich von Weibchen ausgestoßen werden, und dass sie eventuell eine Funktion für die Abwehr von unerwünschten sexuellen Annäherungsversuchen von Männchen spielen. „In unserem Versuch stellten wir fest, dass sich die Anzahl der BBVs steigerte, sobald die Mäusepärchen direkten körperlichen Kontakt eingingen und ab dem Zeitpunkt, zu dem die Männchen vermehrt sexuelle Interaktionen zeigten, erhöhte sich insbesondere die Anzahl jener BBVs die eine nicht lineare Struktur aufwiesen. Allerdings fanden wir keine Hinweise darauf, dass die BBV-Emissionen zu einer Verringerung der Paarungsversuche der Männchen führten“, so Dustin Penn. Stattdessen emittierten kopulierende Paare mehr BBVs mit einfachen linearen Merkmalen im Vergleich zu den Mäusen, die sich nicht verpaarten. Die Mäuse änderten auch das Timing der BBVs kurz vor einem Paarungsversuch: Die Emission stieg zunächst in den Sekunden vor einem Paarungsversuch an, um dann plötzlich eine Sekunde vor dem tatsächlichen Besteigen wieder deutlich abzufallen. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die BBVs der Weibchen auch die Paarung beeinflussen und dass das Timing der Emission vor dem Paarungsversuch der Männchen (mit einem Anstieg und dann einem Rückgang) die sexuelle Empfänglichkeit des Weibchens signalisieren kann“, erklärt Dustin Penn. Balzduett: USVs und BBVs werden synchron abgegeben Die Forscher fanden zudem heraus, dass kurz vor dem Versuch eines Männchens, ein Weibchen zu besteigen, die beiden Arten von Rufen – männliche USVs und weibliche BBVs – zeitlich stark synchronisiert geäußert wurden. Eine solche Synchronisation der Balzgesänge, was als „Duettieren“ bezeichnet wird, ist bei einigen Singvögeln und Primaten zu beobachten. Die Kommunikationsfunktionen des Balzduetts bei Mäusen sind noch unklar, und laut den Wissenschaftlern gibt es keine Hinweise darauf, dass die stimmliche Synchronität den Paarungserfolg der Mäuse beeinflusst. Fazit: Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Balzvokalisationen von Hausmäusen weitaus komplexer und dynamischer sind als bisher angenommen und auch Gesangsduette umfassen. Sie liefern den ersten Beweis dafür, dass bestimmte Arten von Vokalisationen den Paarungserfolg von Männchen beeinflussen und dass einige Typen von USVs, die während der anfänglichen Balz ausgestoßen werden, vorhersagen, ob ein Paar erfolgreich kopulieren wird oder nicht. Diese Ergebnisse sind von allgemeinem Interesse für Forscher, die sich mit sexueller Selektion und tierischer Kommunikation befassen, sowie für Neurowissenschaftler, die ergründen wollen, wie komplexe Vokalisationen erzeugt werden und das Paarungsverhalten beeinflussen.
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