Bedeutet ein Achillessehnenriss das Karriereende als Profisportler?16. Juli 2021 Henrie – stock.adobe.com Italiens Fußball-Nationalspieler Leonardo Spinazzola hat sich im EM-Viertelfinale ohne Fremdeinwirkung die linke Achillessehne gerissen. Auf Instagram hat der 28 Jahre alte Linksverteidiger bereits angekündigt „dass ich bald zurück sein werde! Da bin ich sicher!“ Experten am LMU Klinikum München geben ihre Einschätzungen dazu. Prof. Hans Polzer und PD Dr. Sebastian Baumbach, die Leiter der Abteilung für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie des neu gegründeten Muskuloskelettalen Universitätszentrum München (MUM) am LMU Klinikum München, beschäftigen sich seit Jahren mit Verletzungen der Achillessehne. Ihren Angaben zufolge zählen Risse der Achillessehne im Leistungssport zu den „career ending injuries“. Das heißt, dass bis zu 25 Prozent der Fußballprofis nach einer solchen Verletzung nicht mehr ihr vorheriges sportliches Niveau erreichen oder sogar ihre Karriere beenden müssen. In ca. 8 Prozent der Fälle erleiden Sportler innerhalb der ersten zwei Spielzeiten nach einer Achillessehnenruptur einen neuerlichen Riss der Achillessehne. Damit ist das sogenannte Re-Ruptur Risiko bei Leistungssportlern doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung. Die Achillessehne ist die stärkste Sehne im menschlichen Körper und ermöglicht das kraftvolle Abdrücken des Fußes. Entsprechend spielt sie eine entscheidende Rolle beim Sprinten und Springen. Im professionellen Fußball betreffen mehr als 50 Prozent aller Verletzungen die untere Extremität. Am häufigsten betroffen sind, in absteigender Reihenfolge, das Knie, der Oberschenkel und das Sprunggelenk. Dabei kommt es vor allem zu Verletzungen der Muskeln und Bänder. Risse der Achillessehne sind, im Vergleich zu anderen Sportarten, mit unter 3 Prozent eher selten. Die Behandlung von Rissen der Achillessehne hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Laut Polzer und Baumbach spielen in der Versorgung sowohl die Operationstechnik als auch die Nachbehandlung eine essenzielle Rolle. Früher wurden Risse der Achillessehne offen genäht. Dabei erfolgt ein großer Längsschnitt über oder neben der Achillessehne und die beiden Sehnenenden werden in speziellen Nahttechniken vernäht. Auch wenn die offene Operation in biomechanischen Arbeiten zu einer hohen Primärstabilität führt, kam es in bis zu 20 Prozent der Patient*innen zu Wundheilungsstörungen im Bereich des operativen Zugangs, die teilweise weitere Operationen nach sich zogen. Heutzutage führen die Ärzte am MUM in den allermeisten Fällen nur noch perkutane oder minimalinvasive Rekonstruktionen der Achillessehne durch. Diese haben den Vorteil, dass die Rate an Wundheilungsstörung nur minimal ist, aber das Risiko eines neuerlichen Risses der Achillessehne vergleichbar mit den offenen Techniken ist. Die Nachbehandlung nach operativer Versorgung eines Achillessehnenrisses ist nach Ansicht der Fuß- und Sprunggelenkchirurgen mindestens ebenso wichtig wie die eigentliche Operation. Früher wurde der verletzte Unterschenkel in einer Spitzfußstellung immobilisiert und dann schrittweise in die Neutralposition zurückgebracht. Das verletzte Bein durfte für sechs bis acht Wochen nicht belastet werden. Neuere Studien konnten belegen, dass die frühfunktionelle Nachbehandlung zu besseren Behandlungsergebnissen führt, als die zuvor beschriebene, restriktive Nachbehandlung. Bei der frühfunktionellen Behandlung darf die Patientin/der Patient das verletzte Bein unmittelbar nach der Operation in einer Stabilisierungsorthese, einem sogenannten Walker, schmerzadaptiert voll belasten und nach zwei Wochen wird bereits ein Teil der Beweglichkeit freigegeben. Wann können wir nun erwarten, dass Leonardo Spinazzola wieder auf dem Fußballplatz steht? Die Erholungsphase nach einem Riss der Achillessehne ist lang. Eine zu schnelle Rückkehr in den Spitzensport erhöht das Risiko für einen neuerlichen Riss der Achillessehne. Polzer und Baumbach gehen davon aus, dass Leonardo Spinazzola nach ca. sechs Monaten wieder am aktiven Training teilnehmen kann und dass wir ihn nach frühestens neun Monaten wieder in einem Profi-Spiel sehen werden.
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