Bei langfristigem Gebrauch von Protonenpumpenhemmern steigt das Demenzrisiko24. August 2023 Sodbrennen ist weit verbreitet. Dagegen helfen Protonenpumpenhemmer, deren langfristige Nutzung allerdings das Demenzrisiko erhöht. (Foto: © Orawan – stock.adobe.com) In der Vergangenheit gab es wiederholt Hinweise auf einen Anstieg des Demenzrisikos durch die Einnahme von Protonenpumpenhemmer (PPI). Andere Erhebungen konnten dies nicht bestätigen. Daten der prospektiven, bevölkerungsbasierten, longitudinalen ARIC-Studie1 liefern nun neue Evidenz, dass die längerfristige Anwendung von PPI mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert ist, wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) berichtet. Protonenpumpenhemmer (PPI) reduzieren die Magensäureproduktion und werden zur Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) und bei Magengeschwüren eingesetzt. Empfohlen wird dabei eine Behandlung von vier bis acht Wochen. Obwohl für den Dauergebrauch keine Zulassung besteht, ist die chronische Einnahme von PPI weit verbreitet. In kleinen Mengen sind die Tabletten rezeptfrei erhältlich, aber auch die Verschreibungen nahmen in den vergangenen Jahrzehnten weltweit zu – so hat sich der DGN zufolge der PPI-Einsatz in den USA beispielsweise von 2002 bis 2009 verdoppelt.2 Seit einiger Zeit wird die chronische Einnahme von PPI mit verschiedenen chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, chronische Nierenerkrankungen und Demenz in Verbindung gebracht. Für den Zusammenhang zwischen PPI-Konsum und Demenz zeigten bisherige Studien allerdings widersprüchliche Ergebnisse, erklärte die Fachgesellschaft. So konnten zwei aktuelle Metaanalysen den Zusammenhang nicht bestätigen.3, 4 Allerdings werde die Qualität dieser Metaanalysen jedoch aus verschiedenen Gründen kritisiert, beispielsweise wegen der Heterogenität der eingeschlossenen Studien, erklärte die DGN. So lag beispielsweise in vielen der Studien der Fokus gar nicht auf der Langzeit-PPI-Exposition (PPI-Nutzung war definiert als kurzfristige oder jegliche Verwendung während der Nachbeobachtungszeit). Da die Entwicklung einer Demenz eine lange Latenzzeit aufweist, erscheint es der Fachgesellschaft zufolge aber sinnvoll, die kumulative Exposition (langfristig, aber auch regelmäßig kurzfristig) zu untersuchen. Die vorliegende Studie ging daher der Frage nach, ob eine längere kumulative PPI-Exposition mit einem höheren Risiko für Demenzerkrankungen einhergeht. Die verwendeten Daten stammen aus der prospektiven bevölkerungsbasierten longitudinalen ARIC-Studie („Atherosclerosis Risk in Communities“). Diese Langzeitstudie hat die umfassende Untersuchung der Ätiologie von Atherosklerose, kardiovaskulären Risikofaktoren sowie deren klinischen Folgen zum Ziel. Von 1987 bis 1989 wurden 15.792 Männer und Frauen im Alter von 45 bis 64 Jahren in ARIC eingeschlossen. Der PPI-Gebrauch wurde anhand einer visuellen Medikamentenerfassung bei sieben planmäßigen Klinikbesuchen zwischen 1987 und 2019 und jährlichen Studientelefonaten (ab 2012 halbjährlich) ermittelt. Die vorliegende Studie verwendet die ARIC-Visite 5 (2011–2013) als Basis, da ab dieser Zeit der PPI-Einsatz üblich war. Die PPI-Exposition wurde auf zwei Arten erfasst: aktuelle Verwendung bei Besuch 5 und Häufigkeit und Dauer der Verwendung vor Besuch 5. Bei Besuch 5 (insgesamt 6538 untersuchte Teilnehmende) konnten 5712 Personen ohne Demenz (Durchschnittsalter 75,4±5,1 Jahre; 58 % weiblich) in die Analyse einbezogen werden. Studienendpunkt war die Demenzinzidenz nach Visite 5, die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,5 Jahre. Die Ergebnisse wurden hinsichtlich demografischer Faktoren, Begleiterkrankungen und Begleitmedikationen statistisch adjustiert. Die niedrigste kumulative PPI-Exposition aller Teilnehmenden betrug 112 Tage; die maximale 20,3 Jahre. Bei 585 Teilnehmenden wurde während des Follow-up eine Demenzdiagnose gestellt. Personen, die bei Besuch 5 aktuell PPI verwendeten, hatten kein höheres Demenzrisiko als diejenigen, die keine PPIs verwendeten. Personen mit einer kumulativen PPI-Einnahme von mehr als 4,4 Jahren vor Visite 5 hatten allerdings ein um 33 Prozent höheres Risiko (Hazard Ratio 1,3) als diejenigen ohne PPI-Gebrauch. Bei geringerem PPI-Gebrauch (kumulativ <4,4 Jahre) gab es keine signifikanten Assoziationen zum Demenzrisiko. „Die Ergebnisse dieser Studie sind als Sicherheitssignal bei häufiger PPI-Einnahme ernst zu nehmen. Weitere Forschung ist aber dringend notwendig, um die Zusammenhänge zwischen dem kumulativen PPI-Einsatz und der Entwicklung von Demenz zu sichern und vor allem die Kausalität zu verstehen“, erklärte Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. „Eine dauerhafte Verschreibung und die längerfristige Behandlung mit PPI ohne gesicherte Indikation sollte nicht erfolgen und die Patientinnen und Patienten sollten auf mögliche Risiken bei Langzeitgebrauch hingewiesen werden, auch in den Apotheken, da kleine PPI-Packungen frei käuflich sind.“
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