Bei Vorhofflimmern: Phenprocoumon und Co. senken Schlaganfall- und Demenzrisiko

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Bei Vorhofflimmern senkt eine frühzeitige Behandlung mit oralen Antikoagulanzien nicht nur das Schlaganfallrisiko der Patienten, sondern kann auch ihre kognitive Leistungsfähigkeit bewahren und sie vor Demenz schützen, betonen die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).

„Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko immens“, sagt Prof. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und Chefarzt der Klinik für Neurologie am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld. „Zudem erkranken Patienten mit Vorhofflimmern häufiger an Demenz als Menschen ohne diese Form von Herzrhythmusstörung.“

Patienten mit Vorhofflimmern erhalten zur Schlaganfall-Prävention Antikoagulanzien, zu denen neben Phenprocoumon und auch die Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAK) wie Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban gehören. „Wissenschaftler haben sich nun gefragt, ob durch diese Antikoagulanzien auch winzig kleine Schäden im Gehirn vermieden werden, die zu kognitiven Leitungseinbußen führen könnten“, so Prof. Martin Dichgans, 1. Vorsitzender der DSG und Direktor am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der Universität München.

Die Wissenschaftler aus Stockholm werteten Patientendaten aus zwei schwedischen Registern aus den Jahren 2006 bis 2014 aus und veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich im „European Heart Journal“. Insgesamt 444.106 Patientendaten wurden für diese Studie analysiert. Der überwiegende Teil der Patienten (43 Prozent) war auf die klassischen Vitamin-K-Antagonisten eingestellt, ein kleiner Teil wurde mit einem NOAK behandelt (2,9 Prozent). Etwas mehr als 50 Prozent waren nicht mit Antikoagulanzien behandelt worden.

„Patienten unter einer Antikoagulanzientherapie entwickelten deutlich weniger kognitive Funktions-störungen“, berichtet Prof. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Seniorprofessor für Neurologie des Universitätsklinikums Essen.

Beim Vergleich von Patienten mit ähnlichem medizinischem Hintergrund wurde in der Studie deutlich, dass das Risiko für eine Demenz durch Antikoagulanzien um insgesamt 29 Prozent reduziert werden kann. Eine sorgfältige und möglichst kontinuierliche Einnahme der Medikation im Beobachtungszeitraum senkt das Risiko noch deutlicher (um 48 Prozent). Die Wirkstoffklasse, also die Frage danach, ob alte oder neue Antikoagulanzien eingenommen wurden, hatte dabei keinen erwähnenswerten Einfluss auf den antidementen Effekt.

„Um das Risiko für eine Demenz bei Patienten mit Vorhofflimmern zu reduzieren, ist eine frühe und konsequente Therapie mit Antikoagulanzien hilfreich “, fasst Diener die Publikation der schwedischen Wissenschaftler zusammen. Der Schlaganfall-Experte Schäbitz fügt hinzu: „Diese Daten sind bemerkenswert, denn sie unterstreichen die Bedeutung einer Antikoagulation bei Vorhofflimmern, die offenbar über die allgemein bekannte Verhinderung von Schlaganfällen hinausgeht.“

Quelle: Friberg L, Rosenqvist M. Less dementia with oral anticoagulation in atrial fibrillation. European Heart Journal (2017) Oct 24. doi: 10.1093/eurheartj/ehx579

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Quellen Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., 30.11.2017