Beim Lungenkrebs-Screening entdecktes Emphysem: Erhöhtes Mortalitätsrisiko bei asymptomatischen Erwachsenen

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Die Entdeckung eines Emphysems bei einer ersten Screening-Untersuchung auf Lungenkrebs hat sich in einer aktuellen Untersuchung als mit der Gesamtmortalität, Chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und einer kardiovaskulären Erkrankung innerhalb eines Nachbeobachtungszeitraumes von 25 Jahren assoziiert erwiesen.

Die Autoren der kürzlich in „Radiology“ publizierten Arbeit hatten dafür mehr als 9000 asymptomatische Erwachsenen mittels niedrig dosierter Computertomographie (LDCT) untersucht.

Umfassende Auswertung zu Todesursachen

„Bisher wussten wir nicht, ob ein visuelles Emphysem-Scoring bei der Erstuntersuchung mittels LDCT im Kontext einen Lungenkrebs-Screenings irgendwelchen prognostischen Wert besitzt“, erklärt die Radiologin Prof. Claudia I. Henschke von der Abteilung für diagnostische, molekulare und interventionelle Radiologie an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai in New York (USA). „Das Besondere an unserer Studie sind der lange Nachuntersuchungszeitraum und die umfassende Analyse der Todesursachen in einer großen Lungenkrebs-Screeningkohorte.“ Diese bestand aus 9047 asymptomatischen Erwachsenen (Alter 40-85 Jahre zum Zeitpunkt der Rekrutierung; 4614 Frauen), die rauchten oder geraucht hatten und sich in New York einer LDCT unterzogen hatten. Sie wurden über 25 Jahre (median 23,3 Jahre) hinweg im Rahmen des International Early Lung Cancer Action Program (I-ELCAP) nachbeobachtet.

Die Studienteilnehmer waren im Median 65 Jahre Alter und kamen auf einen Tabakkonsum von median 43 Packungsjahren. Die Erstuntersuchung mittels LDCT fand zwischen 2000 und 2008 statt. Nachbeobachtet wurden die Probanden bis zu ihrem Tod oder längstens bis zum 31. Dezember 2024. Die LDCTs wurden von einem erfahrenen Thoraxradiologen beurteilt, wobei ein Score von 0 (kein Emphysem) bis 3 (schweres Emphysem) vergeben wurde.

Chancen von CT-Scans im Rahmen eines Lungenkrebs-Screenings nutzen

„Das Lungenkrebs-Screening sollte sich nicht auf die Suche nach Lungenrundherden beschränken“, erklärt Henschke, leitende Wissenschaftlerin des I-ELCAP. „Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was wir auf dem CT-Scan sehen können. Als Radiologen sind wir für das Gesamtbild verantwortlich.“

Bei 70,9 Prozent der Untersuchten ergaben sich keine Hinweise auf ein Emphysem. Ein leichtes Emphysem hingegen war bei 21,1 Prozent zu erkennen, ein mittelschweres bei 5,7 Prozent und ein schweres Emphysem bei 2,4 Prozent. Nahezu 80 Prozent derjenigen mit einem Emphysem auf ihrem ersten LDCT-Scan hatten zuvor keine solche Diagnose erhalten – darunter fünf Prozent mit einem moderaten oder schweren Emphysem. Der Anteil der Männer (30,1%), bei denen ein Emphysem festgestellt wurde, war etwas höher als der der Frauen (28,2%). Kein Hinweis auf ein Emphysem ergab sich bei 70,9 Prozent der Studienteilnehmer. Hinweise auf die Erkrankung traten mit fortgeschrittenem Alter und höherer kumulativer Tabakexposition vermehrt auf.

Bis zum Ende des Jahres 2024 waren 3738 Studienteilnehmer (41,3%) verstorben – am häufigsten aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung (12,7%) oder einer COPD (3,3%). Das mediane Alter zum Zeitpunkt des Todes aufgrund jedweder Ursache betrug 81 Jahre (COPD: 81 Jahre; kardiovaskuläre Erkrankung: 82 Jahre; andere Todesursachen: 81 Jahre). Eine statistische Analyse der Assoziationen zwischen Emphysem und Mortalität zeigte, dass die Lungenerkrankung mit der COPD-Mortalität zusammenhing, nicht aber mit der Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Problemen.

Informationen, die eine Progression vermeiden helfen können

„Klinisch gesehen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass ein Emphysem nicht nur ein zufälliger CT-Befund ist, sondern eine eigene Entität, die mit schlechtesten Outcomes und erhöhter Mortalität in Zusammenhang steht – nicht nur aufgrund von Lungenkrebs, sondern auch aufgrund respiratorischer und kardiovaskulärer Erkrankungen“, unterstreicht Henschke. „Die Ergebnisse belegen ein erhöhtes Risiko für alle Todesursachen nach Vorliegen eines Emphysems und dessen Schweregrad beurteilt. Das Risiko steigt um das 1,15-Fache bei einem leichten und um das 2,28-Fache bei einem schweren Emphysem. Für Todesfälle durch eine COPD reichte die Risikosteigerung vom 2,07-Fachen bei leichtem bis zum 12,06-Fachen beim schweren Emphysem.“

Repräsentative axiale Bilder eines leichten, mittelschweren beziehungsweise schweren Emphysems bei der Eingangsuntersuchung mittels LDCT. (A) Ein 67-jähriger Mann mit leichtem Emphysem bei der LDCT-Eingangsuntersuchung im Jahr 2002. Der Scan zeigt eine Gefäßaufweitung, die auf eine Ausdehnung des Lungenparenchyms aufgrund des Emphysems hindeutet, sowie gelegentliche diskrete Regionen mit geringer Dichte. Der Screening-Teilnehmer verstarb schließlich 15,4 Jahre später an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. (B) Ein 69-jähriger Mann mit mittelschwerem Emphysem bei der LDCT-Eingangsuntersuchung im Jahr 2007. Der Patienten verstarb 1,8 Jahre später an einer kardiovaskulären Erkrankung. Identifizierbare Regionen mit geringer Dichte betrafen weniger als die Hälfte des Lungenparenchyms. (C) Eine 85-jährige Frau mit schwerem Emphysem bei der LDCT-Eingangsuntersuchung im Jahr 2006. Nach 5,5 Jahren Nachbeobachtung verstarb die Patientin an den Folgen einer COPD. Identifizierbare Regionen mit geringer Dichte betrafen mehr als die Hälfte des Lungenparenchyms. (Quelle: © Radiological Society of North America)

Nach Ansicht der Studienautoren ermöglichen die Resultate der Untersuchung eine auf dem Risiko basierende Therapie zur Vermeidung einer Progression. Laut Henschke ist die visuelle Beurteilung von Emphysemen als Prädiktor für die Gesundheit zwei Jahrzehnte später Teil einer neuen Ära der Prävention. „Die Menge von Informationen, die man erhält und die Fähigkeit, entsprechend zu handeln, ist etwas, von dem man bis vor einigen Jahren in der Gesundheitsprävention nur träumen konnte“, unterstreicht die Radiologin. Ihre Vision für die Zukunft ist ein umfassendes Lungenkrebs-Screening, bei dem auch das COPD- und das kardiovaskuläre Risiko in den Blick genommen werden. Das Ziel: Personen zu identifizieren, die von Interventionen profitieren können, die letzten Endes ihre Outcomes verbessern.

Appell zur fachübergreifenden Zusammenarbeit

„Pneumologen, Kardiologen und Radiologen müssen zusammenarbeiten, weil das eine das andere beeinflusst“, betont Henschke. „Wir müssen an ganzheitlichen Lösungen arbeiten.“ In den Vereinigten Staaten empfiehlt die United States Preventive Services Task Force ein LDCT-Lungenkrebs-Screening für Personen im Alter zwischen 50 und 80 Jahren, die einen Tabakkonsum von 20 Packungsjahren aufweisen und entweder immer noch rauchen oder innerhalb der vergangenen 15 Jahre mit dem Rauchen aufgehört haben. Henschke wünscht sich eine Ausweitung dieses Screenings auf Nichtraucher. Denn: „In den USA versterben 30.000 bis 40.000 Menschen [an Lungenkrebs], die nie geraucht haben. Das ist etwa ein Drittel der jährlichen Gesamtzahl an Todesfällen aufgrund von Lungenkrebs.“