Bessere Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Long-COVID

Vielen der unter Long-COVID leidenden Kindern und Jugendlichen macht insbesondere die Fatigue zu schaffen. (Foto: JackF – stock.adobe.com)

Bundesweit entstehen aktuell zwanzig spezialisierte Versorgungszentren für Kinder und Jugendliche mit Long-COVID und verwandten Erkrankungen. Das PEDNET-LC genannte Vorhaben wird bis Ende 2028 mit etwa 41 Millionen Euro vom Bundesgesundheitsministerium gefördert.

Deutschlandweit sind circa 70.000 Kinder und Jugendliche von Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung oder von Krankheitssymptomen, die damit in Verbindung gebracht werden, betroffen.

Das übergeordnete Ziel des Verbundvorhabens PEDNET-LC ist der Aufbau einer bundesweiten Versorgungslandschaft zur harmonisierten, standardisierten und schnelleren individuellen Diagnose und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Long-COVID(LC)-ähnlichen Erkrankungen einschließlich Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung. Zum Aufbau dieser Versorgungslandschaft sollen von den Verbundpartnern an 20 verschiedenen Standorten in 15 Bundesländern auf diese Krankheitsbilder spezialisierte Versorgungszentren (sog. „Comprehensive Care Centers“ – CCC-LC) etabliert beziehungsweise ausgebaut sowie miteinander vernetzt werden. Jedes der 20 Versorgungszentren soll von einer Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin im Verbund mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie einer ortsansässigen (Universitäts-)Klinik geleitet werden und eng mit den regionalen Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) und primär versorgenden Ärztinnen und Ärzten sowie Therapeutinnen und Therapeuten zusammenarbeiten.

Am PEDNET-LC-Verbund sind insgesamt 38 Einrichtungen wie Universitätskliniken, Kliniken/Krankenhäuser in Oberzentren, Reha-Kliniken sowie bundesweit tätige Berufs- und Wissenschaftsverbände beteiligt. Die jeweiligen Einrichtungen verteilen sich bundesweit über Universitätsstädte sowie auf Oberzentren und ländliche Regionen. Hinzu kommen rund 40 deutsche und internationale Kooperationspartner, die vor allem die Expertise und Sichtweise von Betroffenenverbänden, Berufsverbänden, Fachgesellschaften sowie von (Universitäts-)Kliniken als Leistungserbringer und Krankenkassen als Leistungsträger in das Konsortium einbringen.

Versorgungsnahe Forschung

Aktuell entsteht auch in Greifswald und Rostock ein solches Zentrum, in dem die beiden Unimedizinen und die Universität Greifswald gleichermaßen mitwirken. Neben der Versorgung der Patienten wollen Forschende mit dem Projekt vor allem Versorgungsrichtlinien entwickeln, Intrastrukturen aufbauen, Register- und Krankenversicherungsdaten analysieren sowie klinische und Evaluationsstudien durchführen.

„Bei dem Projektvorhaben handelt es sich um eine sehr versorgungsnahe Forschung“, betont Prof. Almut Meyer-Bahlburg von der Greifswalder Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, „denn in erster Linie ist es uns wichtig, dass wir uns um die jungen Patientinnen und Patienten mit Long-COVID kümmern“. Seit Anfang 2022 versorgt die Pädiaterin Kinder und Jugendliche mit dem Krankheitsbild. Jetzt kommen vermehrt die besonders schwer Betroffenen, wie sie berichtet: „Einige Kinder und Jugendliche haben Kreislaufprobleme oder Atemnot, aber die größte Problematik für die jungen Menschen besteht in der Fatigue.“ Diesen Erschöpfungszustand könne man schlecht trainieren. Vielmehr müsse die Aktivität dem verfügbaren Aktivitätsniveau angepasst werden. So können manche Kinder und Jugendliche nur für ein bis zwei Stunden in die Schule gehen. Teilweise ist eine Teilnahme mit einem Avatar möglich. Für viele bedeutet es dennoch einen Klassen- oder sogar Schulwechsel, das Abitur zu vollenden, ist unter diesen Bedingungen sehr schwer oder sogar unmöglich. Damit ergeben sich große sozialmedizinische Probleme. „Die Betroffenen schaffen es oft nicht einmal, sich mit Freunden zu treffen“, beschreibt Meyer-Bahlburg den Leidensdruck, „sie wollen, aber können nicht – das ist für einen 16-Jährigen schrecklich, weil er seine Zukunft dahinschwinden sieht.“

Perspektiven für die Praxis

Langfristig wird im Rahmen des PEDNET-LC-Verbunds eine bundesweit flächendeckende Versorgungslandschaft für Kinder und Jugendliche, die an Long-COVID oder vergleichbaren Krankheitsbildern erkrankt sind oder deren Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gegen COVID-19 stehen, zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie in spezialisierte Versorgungszentren aufgebaut. Dies ist ein in dieser Form bisher einmaliges Vorhaben. In die Planung und Umsetzung des Projekts werden gleichermaßen Betroffene sowie deren Familien eingebunden. Damit wird gewährleistet, dass Vorhabenkonzeption und -durchführung entlang der realistischen Bedarfe der Betroffenen erfolgen. Mit dem komplementären Aufbau von spezialisierter Diagnostik und Therapie, der Durchführung von klinischen Studien zur Versorgungslage und -optimierung, dem Aufbau einer Wissensplattform und einer medizinischen Datensammlung (Register), dem standortübergreifenden Datenaustausch, dem Abgleich mit Versorgungsdaten aus der Krankenversicherung und der Vermittlung von LC-Gesundheitskompetenz an bzw. in Schulen bearbeitet und verbindet das Vorhaben alle relevanten Aspekte dieser komplexen Krankheitsbilder.

Projektbeteiligte:
TUM Klinikum, Klinikum rechts der Isar; Charité – Universitätsmedizin Berlin; Robert Koch-Institut; Universität Bielefeld; Gesundheit Nord gGmbH; Edelsteinklinik Bruchweiler; Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln; Technische Universität Dresden; Universitätsklinik Essen; Universitätsklinikum Freiburg; Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie; Universität Greifswald; Universitätsmedizin Greifswald; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; Medizinische Hochschule Hannover; Universitätsklinikum des Saarlandes; Universitätsklinikum Jena; Gesundheit Nordhessen Holding AG; Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ)-Service GmbH; Universitätsklinikum Köln; Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck; Universitätsklinikum Magdeburg; Universitätsmedizin Mainz; Philipps-Universität Marburg und Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH; Bitcare GmbH; Ludwig-Maximilians-Universität München; LMU Klinikum München; Technische Universität München; Bundesverband Bunter Kreis e.V.; AMEOS Klinikum St. Elisabeth Neuburg; Kliniken Dritter Orden gGmbH; Universität Passau; Universität Regensburg; Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg; Universitätsmedizin Rostock (Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter); Waldburg-Zeil Kliniken; Klinikum Worms; Universitätsklinikum Würzburg.

Das Projektvorhaben wird bis Ende 2028 mit etwa 41 Millionen Euro vom Bundesgesundheitsministerium gefördert.