Bitter Sweet Symphony: Wenn Wissenschaft auf Ästhetik trifft

Siegerfoto der Kategorie “Fotojournalismus” beim “Wildlife Photographer of the Year 2025”: Untersuchung eines Nashörn-Fötus im Rahmen des Forschungs- und Artenschutzprojekts “BioRescue” Foto: © Jon A. Juarez/Leibniz-IZW

Ein Foto des ersten erfolgreichen Embryotransfers bei Nashörnern gewinnt einen Preis beim „Wildlife Photographer of the Year 2025“. Gemacht hat das die Vulnerabilität des Lebens symbolisierende Bild der spanische Fotograf und Filmemacher Jon A. Juárez.

Das Bild dokumentiert den weltweit ersten erfolgreichen Embryotransfer bei Südlichen Breitmaulnashörnern (Ceratotherium simum simum) – ein wissenschaftlicher Meilenstein, der neue Hoffnung für die Rettung des hochbedrohten Nördlichen Breitmaulnashorns (Ceratotherium simum cottoni) weckt.

Der spanische Fotograf und Filmemacher Jon A. Juárez – seit Sommer 2025 Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) – wurde mit einer der weltweit renommiertesten Auszeichnungen für Naturfotografie geehrt: er erhielt den „Wildlife Photographer of the Year 2025“ (WPY) Award des Natural History Museum London in der Kategorie „Fotojournalismus“.

Der fotografische Auftrag in Kenia, der die Dokumentation des weltweit ersten durch in vitro-Fertilisation und erfolgreichen Embryotransfer entstandenen Nashornfötus umfasste, wurde vom Conservation and Research Fund e.V. (CRF) koordiniert – ein gemeinnütziger Verein, der unter anderem visuelle Dokumentationen fördert, die Wissenschaft, Ethik und Artenschutz verbinden.

Fragile Schnittstelle zwischen Biotechnologie und dem Leben selbst festgehalten

Das preisgekrönte Foto von Jon A. Juárez entstand während einer BioRescue-Trächtigkeitsuntersuchung und zeigt einen Nashornfötus im Frühstadium. Das Foto fängt die fragile Schnittstelle zwischen Biotechnologie und dem Leben selbst ein. „Dieses Foto ist mehr als wissenschaftliche Dokumentation – es ist ein Symbol für die Fähigkeit der Menschheit, Verantwortung für Arten am Rand des Aussterbens zu übernehmen“, sagt Prof. Dr. Thomas B. Hildebrandt, Leiter des BioRescue-Konsortiums vom Leibniz-IZW.

„Ich wollte die Geschichte dieses Fötus in einem einzigen Bild erzählen – einem, das ihn mit Respekt zeigt und gleichzeitig seine fragile, durchscheinende Haut offenbart, die bald verblassen würde“, so Preisträger Jon A. Juárez.

Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns vor dem Aussterben

Das BioRescue-Konsortium hat bereits 38 Nördliche Breitmaulnashorn-Embryonen erzeugt. Bevor diese in Leihmütter transferiert werden können, musste zunächst der Nachweis erbracht werden, dass ein Embryotransfer bei dieser Art erfolgreich sein kann. Der Embryo des Südlichen Breitmaulnashorns wurde in vitro aus entnommenen Eizellen und Spermien erzeugt und am 24. September 2023 in eine Südliche Breitmaulnashorn-Leihmutter im Ol Pejeta Conservancy (Kenia) transferiert. Das BioRescue-Team bestätigte eine 70-tägige Trächtigkeit mit einem 6,4 cm langen, gut entwickelten männlichen Fötus. Der erfolgreiche Embryotransfer und die Schwangerschaft sind ein Machbarkeitsnachweis und ebnen den Weg für den sicheren Transfer von Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns – ein entscheidender Schritt in der Mission, diese Unterart vor dem Aussterben zu bewahren.

Tragischerweise endete die Trächtigkeit, als sowohl die Leihmutter Curra als auch der sterilisierte „Teaser“-Bulle Ouwan Ende November 2023 im Ol Pejeta Conservancy verstarben. Außergewöhnlich starke Regenfälle hatten das Gehege überflutet und dabei Clostridium-Sporen aus dem Boden freigesetzt. Beide Tiere erlagen einer akuten systemischen Infektion und Toxinvergiftung durch die Bakterien. Gewebeproben des Fötus wurden später am Max Delbrück Center und am Leibniz-IZW in Berlin analysiert, wodurch der wissenschaftliche Ursprung der Trächtigkeit bestätigt wurde.

Das Leibniz-IZW leitet das internationale BioRescue-Konsortium, dessen Ziel es ist, das Aussterben des Nördlichen Breitmaulnashorns zu verhindern. Dabei setzt das BioRescue-Konsortium modernste Reproduktionstechnologien, stammzellbasierter Verfahren und – nach sorgfältiger ethischer Prüfung – gegebenenfalls auch Geneditierung ein. BioRescue wird hauptsächlich vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) – ehemals BMBF – finanziert. Ein Antrag auf Fortführung der Förderung durch das BMFTR wurde im Sommer 2025 eingereicht.

Das BioRescue-Konsortium umfasst die folgenden internationalen Partner: Leibniz-IZW, Safari Park Dvůr Králové (Tschechische Republik), AVANTEA Laboratory of Reproductive Technologies (Italien), Universität Osaka (Japan), Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft – Max Delbrück Center (Deutschland), Universität Padua (Italien), Ol Pejeta Conservancy (Kenia), Wildlife Research & Training Institute (Kenia) und der Kenya Wildlife Service (KWS)

Über den Wettbewerb „Wildlife Photographer of the Year“

Der Wildlife Photographer of the Year (WPY) ist ein jährlicher internationaler Wettbewerb, der vom Natural History Museum London ausgerichtet wird und als weltweit führende Auszeichnung für Naturfotografie gilt. Der Wettbewerb wurde 1965 gegründet (einige Quellen datieren die erste Ausgabe auf 1964 unter dem Namen Animals Magazine, später BBC Wildlife) und begann mit nur drei Kategorien – Säugetiere, Vögel und andere Tiere. Über sechs Jahrzehnte hat sich der WPY zu einer globalen Institution mit über 20 Kategorien entwickelt. Heute zieht er jährlich Zehntausende Einreichungen an – 38.575 (2022), 59.228 (2024) und 60.636 (2025, Rekordjahr) – aus über 100 Ländern. Jede Einsendung wird anonym von Experten aus Fotografie, Wissenschaft und Naturschutz nach Originalität, Erzählkraft, technischer Exzellenz und ethischer Integrität bewertet. Die prämierten Werke werden in einer großen Ausstellung des Natural History Museum gezeigt, die weltweit tourt und Millionen von Besuchern inspiriert.