Blasenkrebs vor radikaler Zystektomie: Bessere Prognose, wenn keine ctDNA nachweisbar ist

Tumor-DNA, die im Blut zirkuliert (im Bild eine künstlerische Darstellung) kann wichtige Informationen für die Krebstherapie beinhalten. Grafik, Ki-generiert: Thaweechai – stock.adobe.com

Blasenkrebspatienten, bei denen vor der geplanten radikalen Zystektomie (RC) keine zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) nachweisbar ist, haben eine günstigere Prognose. Das haben Urologen der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (NY, USA) herausgefunden.

Reuben Ben-David und Kollegen setzten sich zum Ziel, das rezidivfreie Überleben (RFS) bei Patienten mit nicht nachweisbarer tumorinformierter ctDNA vor RC zu bestimmen. Insbesondere interessierten sie sich dafür, ob Patienten, bei denen erst nach der Operation keine ctDNA mehr nachzuweisen ist, ähnliche RFS-Ergebnisse aufweisen wie diejenigen, bei denen schon vorher keine ctDNA nachweisbar war.

Zwischen 2021 und 2023 führten die Mediziner bei Patienten, die sich einer RC unterzogen, prospektiv und longitudinal tumorinformierte ctDNA-Analysen durch. Den ctDNA-Status ermittelten sie anhand der Probe vor der RC. Als Zeitfenster für minimale Resterkrankung (MRD) definierten sie die ersten 90 Tage nach der Operation.

Die Kohorte umfasste 135 Patienten mit 647 ctDNA-Analysen. Das mediane Alter betrug 71 Jahre (Interquartile Range [IQR] 63–77) Jahre. Über einen medianen Nachbeobachtungszeitraum von 11 (IQR 7–18) Monaten kam es bei 41 Patienten (30%) zu einem Rezidiv. Bei 54 Patienten (40%) war vor der RC keine ctDNA nachweisbar. Die RFS-Raten nach 6, 12 und 21 Monaten lagen bei 98%, 93% bzw. 82%. Von 77 Patienten, bei denen im MRD-Zeitfenster keine ctDNA nachweisbar war, wiesen 43 einen dauerhaft nicht nachweisbaren ctDNA-Status auf (sowohl vor der RC als auch im MRD-Fenster), und 31 hatten vor, aber nicht nach RC nachweisbare ctDNA (Konversionsgruppe). Die Gruppe mit dauerhaft nicht nachweisbarem ctDNA-Status hatte ein signifikant besseres RFS als die Konversionsgruppe (Log-Rank-p<0,001) mit RFS-Raten nach 12 Monaten von 97% vs. 51% und nach 18 Monaten von 88% vs. 51%. In der multivariaten Cox-Analyse sagte nur der Status der Konver­sionsgruppe ein Wiederauftreten der Krankheit voraus.

Möglichkeit zur Therapiedeeskalation?

„Patienten mit nicht nachweisbarem ctDNA-Status vor der RC haben eine günstige Prognose und können Kandidaten für eine Deeskalation der Behandlung sein“, resümieren Ben-David und Kollegen. Patienten mit dauerhaft nicht nachweisbarer ctDNA hatten zudem ein besseres RFS als die Konversionsgruppe. „Der ctDNA-Status vor der RC sollte in Studien zur Verwendung von ctDNA bei klinischen Entscheidungen berücksichtigt werden“, schließen die Forscher.

Prof. Michael Stöckle, Herausgeber von „Kompakt Urologie“, kritisiert, dass die Autoren zwar eine „De-Eskalationsstrategie“ vorschlagen, aber nicht klarstellen, an welcher Stelle sie deeskalieren würden. „Ich würde mit diesem Begriff bei einer amerikanischen Zystektomieserie am ehesten den Verzicht auf die neoadjuvante Chemotherapie verbinden“, so der ehemalige Generalsekretär und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie.

„Für den postoperativen Verlauf schlussfolgern die Autoren dann, dass eine alleinige Messung der ctDNA nach Zystektomie nicht ausreicht, um zu entscheiden, welche Patienten postoperativ
weiter therapiert werden müssen, sondern dass der präoperative Befund berücksichtigt werden muss“, so Stöckle weiter. „Die TOMBOLA-Studie hat aber bereits überzeugend bewiesen, dass das mit seriellen postoperativen Messungen hervorragend funktioniert, weil die Ergebnisse weit besser werden als bei Therapieeinleitung zum Zeitpunkt des Rezidivnachweises per Bildgebung.“

(ms)